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Der Teufel in Frankreich

Der Teufel in Frankreich

Titel: Der Teufel in Frankreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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stürmten die Tische, zerschlugen das Spielgerät, konfiszierten das Geld, verprügelten Bankhalter und Spieler.
    Musikalische Veranstaltungen gab es vielerlei. Zwei-, dreimal die Woche wurde man durch Anschläge an Bäumen zu einem großen Kabarettabend eingeladen. Dann versammelten sich mehrere Hundert vor der improvisierten Bühne. Was geboten wurde, war nicht eben schlecht, doch ziemlich vulgär. Erheblich besser waren die gelegentlichen Darbietungen in den kleinen Cafés oder Restaurants.
    Solch ein Restaurant oder Café war eine Hütte, errichtet aus einigen Pflöcken oder Baumstämmen, gedeckt mit einem losen Laubdach. Unter diesem Laubdach standen zwei oder drei improvisierte Tische und ein paar Bänke. Platz zum Essen hatten in einem solchen Ausschank ein gutes Dutzend Menschen. Außerhalb der Hütte konnten, wenn gesungen oder gespielt wurde, fünfzig bis sechzig zuhören.
    Einen solchen Kabarettabend in einem dieser Restaurants habe ich genau in Erinnerung. Ich war da mit dem Schriftsteller R. und Herrn Wolf. Einer aus unserm Nachbarzelt hatte uns Fische verkauft, die er in dem kleinen Fluß gefangen hatte, wir hatten sie uns zubereiten lassen, sie waren gut geraten, und zu den Fischen hatten wir einen kleinen, angenehmen Landwein getrunken. Jetzt also, nach dem Essen, begann der Kabarettabend. Zuerst spielte ein sehr guter Violinist, statt des Orchesters begleitete ihn ein Harmonikaspieler. Dann trat ein Kabarettsänger auf, der in Berlin großen Namen gehabt hatte. Die Nazis hatten ihn erst in ein norddeutsches Konzentrationslager gebracht, dann nach Dachau, und wenn er erschöpft war nach den Strapazen seines Tages, hatte er noch des Nachts den Nazis seine Kunst zeigen müssen. Jetzt rezitierte und sang er uns jene scharfen, von gutem Haß erfüllten Gedichte und Lieder, die damals in Berlin sein Stolz und seine Stärke gewesen waren.
    Dann war da ein ausgezeichneter Wiener Kabarettist. Wir baten ihn, »Die Moorsoldaten« zu singen, jenes simple Lied der von den Nazis internierten Deutschen, ein Lied, das keiner vergißt, der es gehört hat, eines der schmerzhaftesten Lieder der Welt, und wir sangen und summten das Lied mit. Dann sang der Mann noch ein Lied, das er hier im Lager von San Nicola gemacht hatte, ein Wiegenlied für ein Kind, geboren von einer Deutschen in Frankreich, während ihr Mann im Konzentrationslager saß. Auch dieses Lied, ein böses, trauriges Lied von der französischen Hospitalität, war volkstümlich, der Refrain sang sich leicht, und von der dritten Strophe an sangen wir mit.
    So saßen wir und hörten und sangen und tranken, und durch das Laub unserer Hütte sahen wir einen sehr roten, großen, vollen Mond, und um uns war Gestank und Geschacher und Geschrei und Gelächter und Verzweiflung und Krankheit, und in der vorigen Woche hatte sich einer umgebracht, und einer in dieser.

    Jeden Tag gingen über unsere Auslieferung neue Gerüchte im Lager um. Die Nazis hatten ihre Liste überreicht. Diese Liste enthielt zweitausend Namen. Nein, die Liste enthielt nur vierzig Namen. Nein, es standen auf der Liste überhaupt keine Namen von uns, sondern nur die Namen abtrünniger Parteimitglieder. Die Gerüchte wurden geglaubt, eine Stunde lang, einen Tag lang.
    Oft wurde die genaue Quelle angegeben, von der die Meldung stammte. Diese Meldung stammte aus der Präfektur in Nîmes, jene aus dem Generalstab in Mar seille. In manchen Fällen stammte die Nachricht wirklich von solchen Quellen; denn in allen Ämtern saßen noch Gegner der Nazis, und manche hielten uns auf dem laufenden über das, was sie erfuhren. Aber was sie erfuhren, war unzuverlässig und widerspruchsvoll.
    Einige von den Unsern, denen es geglückt war, nach Marseille zu gelangen, hatten dort, gegen die Vorschrift, von städtischen Beamten Aufenthaltserlaubnisse erhalten. Die Polizei kümmerte sich aber nicht um die Genehmigungsscheine, sie verhaftete rücksichtslos alle Mitteleuropäer, die sie bei ihren häufigen Razzien erwischte. Die Behandlung der so Gefangenen war übel. Die Polizei erlaubte ihnen nicht, ihre Sachen aus ihren Quartieren zu holen; fast immer war die Habe der Gefangenen verloren. Unter den alten Fremdenlegionären erboten sich welche, die auf solche Art in den Hotels oder in Privatquartieren zurückgebliebenen Sachen zu beschaffen. Aber nur selten bekamen die Besitzer ihre Sachen zurück. Waren sie nicht schon im Quartier gestohlen worden, dann stahl sie der Kommissionär.
    Trotzdem ging die Sehnsucht

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