Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Teufel trägt Prada

Der Teufel trägt Prada

Titel: Der Teufel trägt Prada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Weisberger
Vom Netzwerk:
Vermutlich hat er dabei zu viel geraucht, also hat Lily sich erbarmt und hinter das Steuer geklemmt. Ging auch alles problemlos, bis sie mitten in der Stadt bei Rot über die Ampel gefahren und verkehrt herum in die Madison Avenue eingebogen ist, direkt in den entgegenkommenden Verkehr hinein. Frontalzusammenstoß auf der Fahrerseite mit einem Taxi und na ja, so weiter und so fort.« Ihm versagte die Stimme, und da wusste ich, dass es schlimmer stand, als irgendwer bislang hatte durchblicken lassen.
    In der vergangenen halben Stunde hatte ich nacheinander Mom, Dad und Alex mit allen anstehenden Fragen bombardiert – außer mit der offenkundigsten: Warum war Lily bei Rot über die Ampel gefahren und gegen die Fahrtrichtung abgebogen? Wie immer wusste Alex, was mich bewegte, und nahm die Antwort vorweg.
    »Ihr Blutalkoholspiegel lag fast um das Doppelte über der zulässigen Promillegrenze«, konstatierte er so trocken und deutlich
formuliert wie möglich, um es nur ja nicht wiederholen zu müssen.
    »O Gott.«
    »Wenn – falls – sie wieder zu sich kommt, hat sie jede Menge Ärger am Hals, mal ganz abgesehen davon, dass sie wieder gesund werden muss. Zum Glück ist der Taxifahrer mit ein paar Beulen und Prellungen davongekommen, und Benjamins linkes Bein ist zwar Schrott, aber sie meinen, es wird wieder. Wir müssen einfach abwarten, was mit Lily ist. Wann kommst du?«
    »Was?« Ich mümmelte noch daran, dass Lily sich mit einem Typen, der meinem Eindruck nach bei ihr ein für alle Mal unten durch war, dermaßen die Kante gegeben hatte, dass sie nun als Komapatientin das Krankenhaus bevölkerte.
    »Ich habe gefragt, wann du kommst?« Ich schwieg, er setzte nach. »Du kommst doch wohl her? Oder willst du im Ernst in Paris bleiben und deine beste Freundin auf Erden im Hospital vor sich hin siechen lassen?«
    »Was soll das heißen, Alex? Soll das heißen, dass ich Schuld bin, weil ich es nicht habe kommen sehen? Dass sie nur deshalb im Hospital gelandet ist, weil ich zurzeit in Paris bin? Dass das Ganze nicht passiert wäre, wenn ich gewusst hätte, dass sie Benjamin wieder aus der Mottenkiste geholt hat? Was jetzt? Was genau willst du mir sagen?« Meine Stimme überschlug sich, aber nach all dem Gefühlswirrwarr am frühen Morgen verspürte ich nur noch das eine, überwältigende Bedürfnis, irgendjemanden anzuschreien.
    »Das hast du gesagt, nicht ich. Ich bin lediglich davon ausgegangen, dass du natürlich so schnell wie möglich zu ihr willst. Ich breche nicht den Stab über dich, Andy – das weißt du. Und ich weiß natürlich auch, dass es für dich schon schrecklich spät ist und du in den nächsten paar Stunden ohnehin nichts unternehmen kannst. Ruf mich doch einfach an, wenn du weißt, wann du ankommst. Dann hole ich dich vom Flughafen ab, und wir fahren direkt zum Krankenhaus.«

    »Schön. Danke, dass du dich um sie kümmerst. Ich weiß das wirklich zu schätzen, und Lily auch, ganz sicher. Ich melde mich, wenn feststeht, wie es weitergeht.«
    »Okay, Andy. Du fehlst mir. Und ich weiß, dass du das Richtige tun wirst.« Die Leitung war tot, ehe ich ihn wegen dieser Bemerkung zerpflücken konnte.
    Das Richtige tun? Das Richtige ? Was zum Teufel sollte das jetzt wieder? Offenbar ging er davon aus, dass ich auf seinen Wink mit dem Zaunpfahl hin ins nächste Flugzeug springen würde. Zum Kotzen, genau wie sein gönnerhafter, salbungsvoller Tonfall, bei dem ich mir sofort wie ein kleines Schulmädchen vorkam, das er gerade beim Schwätzen ertappt hatte. Zum Kotzen, dass er jetzt bei Lily war, bei meiner Freundin, dass er als Kontaktperson zwischen meinen eigenen Eltern und mir fungierte, dass er wieder mal auf seinem hohen moralischen Ross saß und das letzte Wort hatte. Vorbei die Zeiten, in denen ein solches Gespräch mit ihm mir die tröstliche Gewissheit gegeben hätte, dass wir das Ganze gemeinsam durchstehen würden und nicht als Angehörige zweier feindlicher Lager. Wann war unsere Beziehung so ins Trudeln geraten?
    Ich brachte nicht mehr die Kraft auf, ihn auf das Offenkundige hinzuweisen: Wenn ich früher abreiste, war ich meinen Job los und hatte mich fast ein volles Jahr lang umsonst abgerackert. Bisher hatte ich den entsetzlichen Gedanken verdrängt, aber nun stand er mir ganz klar vor Augen: Ob ich da war oder nicht, hatte für Lily im Augenblick keinerlei Bedeutung, weil sie bewusstlos im Krankenhaus lag. Verschiedene Optionen wirbelten mir durch den Kopf. Sollte ich bleiben, bis die Party vorbei

Weitere Kostenlose Bücher