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Der Thron des Haryion

Der Thron des Haryion

Titel: Der Thron des Haryion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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schmale Plattform erreicht. Um Platz zu schaffen, kletterten Scida und einige andere schon wieder weiter.
    Aber bereits nach drei oder vier Körperlängen mußten sie feststellen, daß es nicht mehr weiter ging. Etliche Trittstangen waren aus den Wänden herausgebrochen und hatten dabei das Geflecht aufgerissen, daß auch dieses keinen Halt mehr bot.
    »Wir brauchen die Seile«, rief Scida leise nach unten. »Befestigt die Eisen an einem Ende und reicht sie uns herauf.«
    Was sie vorhatte, war klar. Mit dem ersten Wurf verfehlte sie ihr Ziel jedoch um etliche Schritte, und die Haken polterten den Schacht hinunter.
    Sicher kostete es enorme Anstrengung, auf der kaum schenkeldicken Stange nicht abzurutschen und gleichzeitig das Seil weit nach oben zu schleudern.
    Endlich verfingen sich die Widerhaken an einem der nächsten Hölzer. Aber Scida hing noch am Seil, als plötzlich das heisere Krächzen von Haryien ertönte. Mindestens ein Dutzend Vogelweiber hüpften von oben herab.
    Die Kriegerinnen zogen ihre Schwerter. Sie wußten, daß sie in dieser für sie ungewohnten Umgebung einen schweren Stand haben würden. Zwei von ihnen ließen sich in die Hocke nieder, ließen die Beine rechts und links ihrer Trittstangen herabbaumeln und suchten zusätzlichen Halt, indem sie sich mit dem Rücken an die Wand lehnten.
    Nur die Amazone, die noch bei Lankohr und Heeva auf der Plattform stand, verfügte über einen Bogen. Schon ließ sie den ersten Pfeil von der Sehne schnellen. Daß sie getroffen hatte, bewies der gellende Aufschrei, der gleich darauf in vielfachem Echo durch den Schacht hallte.
    »Wir wollen euch zu euren Gefährten bringen«, erklang es kreischend von oben.
    »Pah«, machte die Kriegerin und jagte den nächsten Pfeil hinauf. »Wenn ich schon sterben soll, werde ich möglichst viele von euch mit in den Tod nehmen.«
    Zu spät bemerkte sie den Schatten, der auf sie zuschoß. Bevor sie eines ihrer Schwerter hochreißen konnte, prallte die Haryie auf die Plattform. Der heftige Aufschlag ließ die hölzernen Verstrebungen erzittern, löste sie halb aus der Wand. Mit dem Bogen wollte die Kriegerin das Vogelwesen von sich stoßen, aber die Klauen an den Flügelenden gruben sich schmerzhaft in ihre Arme.
    Sich aufbäumend, stürzte die Haryie zurück und zerrte die schreiende Frau mit sich. Lankohr konnte beobachten, wie die beiden Körper in der Tiefe verschwanden, immer wieder schwer auf den Trittstangen aufschlagend. Das Schreien verstummte abrupt.
    Ehe er es sich versah, war eines der Mischwesen über ihm, packte ihn und strebte flügelschlagend in die Höhe. Auch Heeva erging es nicht anders. Die Übermacht war zu groß. Von überallher schienen die Haryien zu kommen, als hätten sie nur darauf gewartet, die ungebetenen Eindringlinge dort anzugreifen, wo diese am hilflosesten waren.
*
    Jetzt, nach der Begegnung mit der ersten Zaron, achteten sie noch mehr auf ihre Umgebung. Als die Felsen endeten, lag ein weites, ansteigendes Geröllfeld vor ihnen. Auf der anderen Seite schloß sich eine ausgedehnte Hügellandschaft an, unterbrochen von Einschnitten und kleineren Kratern. Verstecke mochte es dort unzählige geben.
    Burra lief als erste hinüber. Mehr auf allen vieren als aufrecht, hastete sie die Schräge hinauf.
    Die zurückzulegende Strecke betrug gut einhundert Schritte. Jeden Augenblick war Burra drauf gefaßt, Flügelschläge über sich zu hören. Aber alles blieb ruhig.
    Bäuchlings warf sie sich in eine Mulde und winkte der nächsten Kriegerin, ihr zu folgen. Nicht einen Herzschlag lang ließ sie dabei ihre Umgebung aus den Augen.
    Als letzte hetzten die Nesfar-Haryien mit weiten Sprüngen heran. Von hier aus war bereits ihr Stock zu sehen.
    »Mir scheint«, sagte Gerrek spöttisch, »die meisten Angreiferinnen haben sich längst unbemerkt zurückgezogen. Vielleicht war ihnen nur daran gelegen, eure Aufmerksamkeit abzulenken.«
    »Aber weshalb?« fragte eine Nesfar. »Ich sehe keinen Sinn darin.«
    »Mag sein, daß sie gerade in diesem Moment den Stock von Westen her angreifen, wo man sie am wenigsten vermutet.« Burra machte eine unmißverständliche Handbewegung.
    »Die Zaron? Nein, dazu sind sie nicht fähig. Nicht ohne Haryion.«
    Für die Amazone des Schwertmonds war das Thema damit erledigt. Sollten die Nesfar sehen, was geschah. Womöglich ergab sich dabei eine Gelegenheit, Mythor zu befreien.
    Jeweils wenige Schritte voneinander entfernt, durchstreiften die acht Kriegerinnen, Burra, Tertish und

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