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Der tibetische Agent: Shan ermitteltRoman (German Edition)

Der tibetische Agent: Shan ermitteltRoman (German Edition)

Titel: Der tibetische Agent: Shan ermitteltRoman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eliot Pattison
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als wolle sie Shan verteidigen. Der Offizier zuckte bei den Worten zusammen, und Shan nahm zum ersten Mal von den unterschiedlichen Uniformen Notiz. Der junge Offizier, der ihn zurechtgewiesen hatte, trug das Oliv der Bewaffneten Volkspolizei, der Schlägertypen unter den chinesischen Strafverfolgungsbehörden. Viele Tibeter nannten sie die grünen Affen . Die Frau trug das Grau des Büros für Öffentliche Sicherheit. Zwei andere Männer, beide Tibeter, trugen das Blau der örtlichen Polizei und wiederum andere das Hellgrün des medizinischen Personals.
    Zuständigkeit. Die Frau war klug genug, um zu wissen, dass diejenigen, die in der Volksrepublik die größte Macht besaßen, überhaupt keine Uniformen trugen. Das war der dünne Faden, an dem Shans Freiheit in diesem Moment hing. Sobald jemand merkte, dass er sich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen dort aufhielt, würde man ihn sofort festnehmen. Wer sich als Polizist ausgab, wurde erschossen.
    Die Frau drehte sich wieder gespannt zu ihm um. Ihm blieb keine andere Wahl, als mit der Scharade fortzufahren. Shan atmete tief durch und zeigte dann auf den Mann mit dem verstümmelten Gesicht. »Nur er wurde hier getötet. Er hat aus der Schusswunde in seiner Kehle geblutet. Nur unter ihm hat sich eine Blutlache angesammelt.« Shan wies auf die tote Tibeterin. »Sie hat eine Schussverletzung in der Brust, aber keine Blutlache.«
    Die Frau schien nicht überzeugt zu sein. »Aber hier ist alles rot. Woher wollen Sie das wissen?«
    »Sehen Sie genauer hin. Das Blut ist dunkler. Es trocknet anders.« Er zeigte auf eine Stelle, an der die beiden Rottöne nebeneinanderlagen. »Der Unterschied ist derzeit noch gering,aber wahrnehmbar. In einer Stunde wird das Blut nahezu braun sein. Die Wunden der beiden anderen haben nicht hier geblutet. Man hat bestimmt sehen können, von wo sie hergeschleift wurden, aber …« Er zuckte die Achseln und deutete auf die Füße der versammelten Beamten. Sie hatten mit ihren Stiefeln den gesamten Innenhof zertrampelt.
    Shans Blick verweilte für einen Moment auf einem Topf roter Farbe am Sockel des chorten und richtete sich dann wieder auf das rote Rechteck mit dem Muster aus gelben Klecksen. Der Täter hatte sich bei der Anordnung des Ganzen große Mühe gegeben, als wolle er eine Botschaft senden. Ein Schaudern durchfuhr Shan, als er endlich erkannte, was das Rechteck unter den Leichen darstellen sollte: die chinesische Flagge, rot mit einem großen und vier kleineren gelben Sternen in der oberen linken Ecke.
    »Narren!«, fuhr der junge Offizier die anderen an, beruhigte sich aber sofort, als er hinter sich Schritte nahen hörte. Die Wut auf seinem Gesicht verschwand, und Angst trat an ihre Stelle. Der hagere ältere Offizier war von seinem Platz im Schatten aufgestanden. Einen Moment lang glaubte Shan, der Mann in der grünen Uniform würde auf die Knie fallen.
    »Alle zurück!«, knurrte der ältere Kriecher. »Sie und Ihre Leute sichern das Gelände ab«, befahl er dem Offizier in dem olivfarbenen Waffenrock. »Ein Mann ans Tor, die anderen errichten in einem Kilometer Abstand eine Straßensperre.« Wie hatte die Offizierin ihren Vorgesetzten genannt? Major Liang.
    Der junge Offizier nickte unterwürfig und erteilte seinen Leuten dann leise und hastige Befehle. Die Männer in Blau, die örtlichen Polizisten, zogen sich wortlos zum Tor zurück. Als die Männer in Grün sich auf den Weg machten, tauchten zwei weitere Männer in Grau aus den Schatten auf. Die Frage der Zuständigkeit beantwortete sich von selbst.
    »Ihre Hände«, sagte Shan und wies auf die tote Frau. »Das an den Fingern ist rote Farbe, kein Blut. Sie hat die alte Gebetsmühle an der Mauer gestrichen. Die Farbe ist in hohem Bogen an die Wand gespritzt, als der Pinsel ihr aus der Hand flog. Unter den Spritzern ist ein Blutfleck. Sie wurde dort bei der Arbeit überrascht und erschossen, mit dem Gesicht zur Wand. Ich glaube, Sie werden feststellen, dass die Kugel am Rücken eingedrungen und aus der Brust wieder ausgetreten ist. Sie steckt vermutlich in der Mauer. Sofern die Waffe kein Revolver war, dürfte dort in der Nähe auch eine Patronenhülse liegen.«
    Die Offizierin erteilte sogleich ein paar knappe Befehle, und die Kriechersoldaten liefen zu der Wand. Major Liang warf Shan einen warnenden Blick zu und folgte dann den anderen.
    Shan war unvermittelt allein mit den Toten. Er schaute nur kurz den Uniformierten nach, die hinter dem chorten verschwanden, und machte

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