Der Tigermann
Gesicht des Prinzen wurde hart.
»Kein Angehöriger unseres Hauses war je ein Feigling!« Er setzte sich wieder und fuhr mit grimmiger Miene fort. »Ich werde dafür Sorge tragen, daß Ihre Herausforderung veröffentlicht wird. Mögen die Götter Ihnen beistehen.«
Er drehte seinem Gast den Rücken zu, und Eli wußte, daß die Audienz beendet war.
Eli bewunderte den Maharadscha mehr denn je zuvor, denn die Furcht, die jeden Nerv seines Körpers erfüllt hatte, war fast greifbar. Und doch war er bereit, auf diese Weise zu handeln.
Irgendein noch unbestimmtes Gefühl beunruhigte Eli, als er die prinzlichen Gemächer verließ. Etwas lag im Unterbewußtsein des Maharadscha verborgen, das er einfach nicht zu enträtseln vermochte. Irgend etwas Finsteres und Gefährliches, das nicht unmittelbar mit der Sorge um seinen ungeborenen Sohn zusammenhing.
Eli begab sich in Hugos Zimmer. Er untersuchte den tief schlafenden Franzosen. Die Verbrennungen waren kaum noch sichtbar. Die erstaunliche Kraft des Körpers sich selbst zu heilen, wenn der Geist es so bestimmte, hatte sich wieder einmal bewiesen. Bis zum Abend würde Hugo völlig einsatzbereit sein.
Und das mußte er sein. Keinem anderen konnte Eli vertrauen, nicht einmal dem Maharadscha. Wenn irgend jemand, so war es Hugo allein, der Mara aus dem Vorhof der Hölle retten konnte.
Eli kehrte in seine Suite zurück und überflog noch einmal die Proklamation, die er aufgesetzt hatte.
An Saiva, den Priester Kalis!
Ich gebe hiermit vor allen Bürgern Terrahpurs kund und zu wissen, daß ich Eure Macht anzweifle. Es ist mir bekannt, daß Ihr unrechtmäßigerweise meine Assistentin, das Mädchen Mara, gefangenhaltet. Aus diesem Grund fordere ich Euch zu einem Wettkampf heraus, der ein für allemal zeigen soll, ob die Kräfte Eurer dunklen Göttin größer sind als jene der Mächte des Rechts, der Mächte des Lichts.
Ich erkläre hiermit vor dem Volk von Terrahpur und den Göttern über uns, daß ich heute nacht, zur Zeit Kalipujas, zu dem Hauptportal des Tempels der Göttin Kali kommen werde. Ich fordere Euch, Priester Saiva, zu einem Kampf unserer Kräfte auf, der dem Sieger das Recht auf Leib und Seele des Mädchen Mara geben soll.
Nehmt Ihr diese Herausforderung nicht an, so wird das Volk von Terrahpur wissen, daß Ihr nur ein Blenderund ein Feigling seid, der selbst kein Vertrauen in seine finstere Macht hat.
Eli Podgram
Eli legte sich auf sein Bett und entspannte sich. Es war an der Zeit, sich mit den Brüdern in Verbindung zu setzen, ihnen zu berichten, wie die Sache stand und was er zu tun gedachte. Und auch, sie wieder um ihre Hilfe anzugehen.
Aber nicht die ruhigen und beruhigenden Gedanken der Brüder erreichten ihn. Was plötzlich auf ihn einströmte, war eine Welle von Angst und Abscheu. Und ohne jeglichen Zweifel erkannte er, wessen Empfindungen es waren.
Mara hatte ihr Bewußtsein wiedererlangt.
Welche neue Teufelei hatte Saiva sich nun ausgedacht?
Eli vermochte nicht direkt in ihren Geist einzudringen und genau zu erkennen, was sie dachte, was sie ihm mitzuteilen suchte. Vielleicht war die Entfernung zu groß. Vermutlich jedoch war es der Einfluß Kalis, der die Botschaft schwächte und verstümmelte.
Aber das wußte er: Mara lag wie zuvor auf dem schmalen Bett in Saivas düsterer Zelle. Und Furcht quälte sie.
Vergebens versuchte er mit seinem Geist in den ihren einzudringen, um genau zu klären, was sie sich zu vermitteln bemühte. Eine Nebelschicht schien ihre Botschaft zu dämpfen, und er fragte sich, ob das Saivas Absicht war.
Es wurde ihm plötzlich klar, daß Saiva noch nichts von seiner Herausforderung wußte und daß dies noch ein Teil seines ursprünglichen Plans war, Eli dazu zu bringen, sich selbst zu opfern, um das Mädchen zu retten.
Er versuchte ihr ein Gefühl der Hoffnung, der Zuversicht zu vermitteln, dem Mädchen etwas von seiner eigenen Stärke abzugeben. Zumindest mußte sie die Gewißheit haben, daß sie nicht verlassen war. Er sammelte die ganze Kraft seines Geistes und konzentrierte sich ausschließlich darauf, seine Botschaft vom Palast zum Tempel zu schicken, zu dem bedauernswerten Opfer des Hohenpriesters Saiva.
Dann instruierte er sie mit beabsichtigter Härte, daß sie sich nicht mehr mit ihm in Verbindung setzen und ihr Geist in ein Stadium des Unbewußtseins dringen solle, bis er sie in die Wirklichkeit zurückriefe. Nur durch eine derartige Abkapselung ihres Geistes konnte er diesen vor den Schrecken bewahren, die
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