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Der Tod des Bunny Munro

Der Tod des Bunny Munro

Titel: Der Tod des Bunny Munro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Cave
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Bunny liegt mit angezogenen Beinen Bunny Junior und schläft einen tiefen Embryoschlaf. Weder das trompetende Mastodon noch der hämmernde Regen können ihn wecken.
    Mit einer geübten Handbewegung dekantiert Bunny ein Fläschchen Smirnoff in seinen Rachen, schüttelt sich, würgt und wiederholt das Prozedere mit einem grünen Fläschchen Gordon’s Gin.
    Er schließt die Augen, und die schwarze Welle der Vergessenheit schwillt an und rollt auf ihn zu. Aber Bunnys Gedanken schweifen zu den drei jungen Müttern, die er gestern Morgen besucht hat – war das erst gestern? –, Amanda, Zoë und besonders Georgia. Georgia, deren Mann weg weg ist.
    Irgendwo in den hinteren Reihen seines Bewusstseins hört Bunny, wie der triumphierende Elefantenbulle einen Rieseneimer Sperma in seine beglückte Partnerin spritzt. Die Fensterscheiben wölben sich unter dem stampfenden Sturm, und aus den Bassboxen dröhnt der Infraschall des nachhallenden Donners. Bunny stellt sich vor, träumt davon, wie Georgia bäuchlings und splitternackt über seinem Knie liegt, wie ihre großen, weißen Globoiden unter seiner Berührung erbeben, und es scheint, als gäbe es irgendeine verrückte, prophetische Verbindung zwischen dem apokalyptischen Getöse vor dem Fenster und seinen geilen Traumbildern, denn tief im Inneren weiß Bunny, sicherer als sonst irgendwas auf der Welt, dass gleich sein Handy klingelt und Georgia dran ist.
    Bunny schlägt die Augen auf und tastet nach dem Handy, das im selben Moment zu vibrieren beginnt und zu dem supersexy Klingelton von Kylie Minogues »Spinning Around« auf dem Bett herumrüttelt, und als er sich Kylies goldene Hotpants vorstellt, erwacht sein Schwanz wie durch ein Wunder wieder zum Leben, hart und stramm, und Bunny klappt das Telefon auf und fragt: »What’s the story, morning glory?«
    Er steckt sich eine Lambert and Butler zwischen die Lippen, zückt das Zippo und lächelt in sich hinein, denn er weiß Bescheid – er kennt die Story.
    »Ist da Bunny Munro?«, fragt eine leise, schüchterne Stimme aus einer anderen Welt.
    Das Zimmer dreht sich, und Bunny wirft die Beine über die Bettkante, setzt sich auf und fragt: »Und wer ist da?« – aber er weiß es.
    »Hier ist Georgia«, sagt Georgia. »Sie waren gestern bei mir.«
    Bunny zieht an der Zigarette und raucht eine Syzygie von Ringen – einen, zwei, drei –, bohrt den letzten mit dem Zeigefinger nach und sagt wie in einem Traum: »Georgia mit den violetten Augen.«
    »Ist es … bin ich … ruf ich zu spät an?«
    Bunny lässt die Füße in seine Mokassins gleiten und sagt überwältigt: »Du glaubst nicht, was ich gerade auf dem Discovery Channel sehe.«
    »Es ist schon zu spät … ich kann morgen nochmal anrufen«, sagt Georgia, und Bunny glaubt, durch die Leitung den leisen Atem eines schlafenden Kindes und eine erdrückende, endlose Einsamkeit zu hören.
    »Hast du eine Ahnung, wie groß ein Elefantenpimmel ist?!«, fragt Bunny.
    »Ich … äh … rufe vielleicht besser …«
    »Der ist … mm … elefantös«
    Bunny springt auf, und das Zimmer gerät in einen Strudel, fasert aus, und er greift vergeblich in die Luft, ruft: »Achtung! Baum fällt!«, und plumpst wie eine gefällte Kiefer zwischen die beiden Betten.
    »Ich habe einen Fehler gemacht«, sagt Georgia, und Bunny erhebt sich auf alle viere.
    »Georgia … Georgia, der einzige Fehler war, nicht früher anzurufen. Ich hab hier gelegen, an dich gedacht und bin fast durchgedreht.«
    »Wirklich?«, fragt sie.
    Bunny steht auf, drückt das Telefon ans Ohr und schwankt wie ein Standboxsack. Er sieht auf seinen schlafenden Sohn runter und wird für einen Moment so sentimental, dass er kaum noch die Geistesgegenwart hat, die Autoschlüssel vom Nachttisch zu nehmen.
    »Hast du das gestern auch gemerkt?«, fragt Bunny leise.
    »Diese Chemie zwischen uns … die Funken flogen nur so hin und her – zip, zip, zap, zap!«
    »Echt?«, fragt Georgia.
    Bunny schleicht sich wie der Bösewicht im Kino aus dem Hotelzimmer, lässt den Fernseher laufen und zieht die Tür hinter sich zu. Mit ulkigen und zugleich monströsen Bewegungen tappt Bunny durch den Flur, der die Farbe und Beschaffenheit von Walspeck hat, und wühlt mit jedem Schritt den kloakenartigen Strom des senfgelben Teppichbodens auf.
    »Und wie! Elektrisch, Baby! Zap, zap! Zip, zip!«, sagt er ins Telefon.
    »Na ja, du schienst halt ein netter Kerl zu sein«, sagt sie.
    »Thunderbolts and lightning! Very, very frightening!«
    »Ähm,

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