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Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden

Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden

Titel: Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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gekommen bin. Warum sonst sollte ich mitten in der Nacht da unten
herumkramen? Er folgt mir, sieht, daß ich die Kartons suche, die er bereits
entfernt hat. Jetzt weiß er mit Sicherheit, daß ich von ihrer Existenz weiß. Er
schleicht sich an mich heran und schlägt mich bewußtlos.
    Und dann? Er bugsiert mich in meinen
Wagen, fährt nach Norden, und dann geht ihm plötzlich das Benzin aus. Aus
unerfindlichem Grund zerrt er mich aus dem Wagen und deponiert mich im
Zwiebelfeld. Dann kehrt er per Anhalter zur Stadt zurück.
    Warum hatte er mich hierhergebracht?
Weil er vermeiden wollte, daß ein weiteres Verbrechen die Aufmerksamkeit der
Polizei von neuem auf das Museum lenkte? Oder hatte er geglaubt, er hätte mich
getötet? Hatte er einfach die vermeintliche Leiche loswerden wollen? Aber warum
hatte er mich dann hier deponiert, direkt an der Straße, wo er damit rechnen mußte,
daß man mich sehr schnell finden würde? Mir fiel nur eine Erklärung ein: Er war
auf dem Weg zu einem besseren Ort gewesen, hatte vielleicht einen Unfall
fingieren wollen und hatte den Kopf verloren, als das Benzin ausgegangen war.
    Nach ungefähr einer Viertelstunde
begann ich müde zu werden. Mein Kopf schmerzte wieder heftiger. Ich hielt an
und sah mich nach einem Fleckchen um, wo ich mich niedersetzen konnte.
Plötzlich hörte ich das ferne Donnern eines näher kommenden Fernlastzugs. Er
kam aus Norden, und es dauerte ewig, wie mir schien, ehe er sichtbar wurde.
Dann überflutete das Licht seiner Scheinwerfer die Straße, als er um eine Kurve
in mein Blickfeld kam. Ich winkte mit beiden Armen.
    Erst dachte ich, er würde nicht
anhalten. Aber dann hörte ich das Zischen der Druckluftbremsen, und der Lastzug
rollte auf dem Bankett vor mir langsam aus. Ich vergaß alle meine Wehwehchen
und rannte hin.
    Die Tür auf meiner Seite wurde
aufgestoßen.
    »Hallo, junge Frau«, sagte ein Mann
freundlich. »So spät sollten Sie aber lieber nicht auf der Landstraße
herumspazieren. Steigen Sie ein.«
    Lieber Gott, dachte ich, hoffentlich
ist er nicht einer von den Typen, die erwarten, daß man zum Dank mit ihnen
schläft.
    Im Licht der Fahrerkabine konnte ich
ein helles Gesicht mit Vollbart sehen. Der Fahrer lächelte, als ich nach der
Tür griff. Aber plötzlich veränderte sich seine Miene. Sein Mund wurde schmal,
und er kniff ärgerlich die Augen zusammen.
    »War wohl ‘ne turbulente Nacht, was?«
Damit riß er mir die Tür aus der Hand.
    »Bitte, Sie müssen mir helfen!«
    »Ich muß gar nichts.« Er knallte die
Tür zu. »Mit Ihnen krieg ich höchstens Schwierigkeiten, Lady, und die brauch
ich nicht.«
    Er fuhr los, und ich mußte
zurückspringen, sonst hätte er mich angefahren. Kies spritzte mir ins Gesicht,
ich vertrat mir den Fuß und stürzte. Hart schlug ich mit der Schulter auf der
Straße auf.
    Eine Weile blieb ich einfach liegen und
lauschte dem leiser werdenden Donner des Lastzugs. Meine Kopfschmerzen kamen
jetzt in Wellen, und die Übelkeit kehrte zurück. Als ich mich wieder bewegen
konnte, kroch ich zur Böschung und übergab mich. Nach einer Zeit ließ die
Übelkeit nach, und ich setzte mich keuchend auf.
    Meine Handtasche lag ein Stück
entfernt. Ich zog sie zu mir heran und kramte ein Papiertaschentuch heraus. Ich
wischte mir die Hände ab und betastete dann vorsichtig mein Gesicht. Ich hatte
blutige Schrammen auf der Stirn, wahrscheinlich vom Sturz über die Böschung ins
Zwiebelfeld. Ich wühlte in der Tasche nach einer Creme, und plötzlich überfiel
mich ein schrecklicher Gedanke. Wie eine Wahnsinnige suchte ich im vorderen
Fach der Tasche, wo ich die Schlüssel aufbewahrte.
    Der zweite Bund, der, den ich aus
Franks Büro genommen hatte, war weg. Der Mörder hatte ihn an sich genommen. Nun
brauchte er sich nicht mehr auf seine geheimnisvolle Methode des Kommens und
Gehens zu verlassen. Wahrscheinlich war er ins Museum zurückgekehrt, um die
Kunstwerke endgültig wegzubringen. In diesem Moment konnte er —
    Wieder hörte ich Motorengeräusch aus
Norden — das kränkliche Rattern und Knattern eines alten Volkswagens. Ich
rappelte mich mühsam wieder hoch und winkte halbherzig. Lichter strahlten mich
an, und ein schäbiger schwarzer VW kam tuckernd auf dem Bankett zum Stehen. Ich
ging hin und klammerte mich an den Türgriff, um nicht zu fallen.
    Eine Frau mit rundem Gesicht und
lockigem Haar sah zu mir heraus.
    »Sie hätten sich wirklich eine bessere
Stelle aussuchen sollen! Ich hätte Sie im Dunkeln beinahe überfahren.«

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