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Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden

Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden

Titel: Der Tod des Chefs/Mord mit doppeltem Boden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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war auf der linken Seite und
schon von festlich gekleideten Menschen umgeben, die nach quesadillas und taquitos griffen, nach jicama und guacamole. Vic kam
mit einer Platte Tortillas aus der Küche. Isabel folgte und zeigte ihm, wo er
es abstellen sollte. Sie sah schlecht aus, und auf ihrer gerüschten
Folklorebluse leuchtete ein orangefarbener Limonadenfleck.
    An der Bar war ein noch dichteres
Gedränge als am Buffet. Hinter der Theke standen Tony und die ständig kichernde
Susana und schenkten Margaritas aus, Bier und Limonade. Tony, im Smoking, sagte
gerade grinsend zu einem Gast: »Die Margaritas haben es in sich. Da lassen sich
die Kunstschätze leichter bewundern.«
    Ich blieb stehen, und die Frau hinter
mir stieß mit mir zusammen. Ich entschuldigte mich freundlich, obwohl ich Tony
am liebsten den Hals umgedreht hätte. Wie kam ausgerechnet er dazu, sich so
abfällig über die »Kunstschätze« zu äußern? Der Kerl hatte keine Ahnung.
    Ich hielt ihm mein Glas hin, und als er
mich ansah, erlosch das spöttische Grinsen. Seine Hand zitterte ein wenig, als
er mir einschenkte. Etwas Flüssigkeit rann über meine Finger.
    Tony hatte mich stets als quantité
négligeable betrachtet. Und das war ich unter Frank auch gewesen. Er hatte
sich nie träumen lassen, daß ich zur geschäftsführenden Direktorin ernannt
werden und noch weniger, daß ich die Unterschlagungen entdecken würde. Nach
Franks Tod hatte er erwartet, daß man ihn zum Direktor berufen, er ein dickes
Gehalt einstecken würde und sich die verhaßten Reisen nach Südamerika sparen
konnte. Ganz zu schweigen davon, daß nun keiner sich mehr über ihn lustig
machen würde.
    Ich wischte mir die Finger an einer
Serviette ab und warf Susana, die gerade wieder einmal besonders schrill
kicherte, einen verächtlichen Blick zu, ehe ich zu meinem vorigen Platz am
Torbogen zurückkehrte.
    Männer in Smoking und Frauen in langen
fließenden Kleidern, manche auch in mexikanischen Folklorekostümen, gingen auf
dem Rasen umher oder standen plaudernd in Gruppen beieinander. Sie aßen und
tranken und lachten, während die Band auf dem Podium in einer Ecke des Hofs
lateinamerikanische Rhythmen spielte. Nach einer Weile entdeckte ich meine
Mutter und Nick am Buffet. Sie trug ein leuchtendrotes bäuerliches Kleid, er
ein charro -Kostüm mit dem dazugehörigen breitkrempigen Hut. Als sie mich
sahen, winkten sie mir fröhlich zu.
    Alle Welt war hier und alle Welt
amüsierte sich. Außer mir. Ich war nervös, meine Hände waren klamm. Die Zeit
verging, und noch immer hatte ich den einen nicht gesehen, nach dem ich
Ausschau hielt.
    Wieder ließ ich den Blick über das
Gewühl schweifen, und da sah ich ihn plötzlich. Dave Kirk stand, wie immer in
seinem braunen Anzug, bei der Band. Unsere Blicke trafen sich, und er hob
grüßend seine Limonadendose. Auf seinem Gesicht lag ein spöttisch fragender
Ausdruck. Er hatte also die Nachricht, die ich ihm hinterlassen hatte,
bekommen. Ich war erleichtert und erwiderte den Gruß, indem auch ich mein Glas
hob.
    Als ein Helfer mit einem Tablett leerer
Gläser vorüberkam, stellte ich meines dazu. Noch einmal ging ich meinen Plan
durch und überlegte, wie ich ihn Kirk präsentieren wollte. Was ich sagte, mußte
durchdacht klingen, sonst würde er mir gar nicht erst zuhören. Er hatte sich ja
von Anfang an über meine Informationsfreudigkeit mokiert. Seine Vermutung, daß
sich der Mörder nicht über Nacht im Museum versteckt hatte, war richtig. Aber
sonst hatte er, soviel ich wußte, von den Fakten, die ich ihm geliefert hatte,
keinen Gebrauch gemacht. Er hatte meines Wissens nicht einmal versucht, den
Todesbaum, die Mordwaffe, aufzuspüren. Aber jetzt mußte er doch einsehen, daß
mein Plan Hand und Fuß hatte, und mir seine Unterstützung geben.
    Ich setzte mich in Bewegung. Doch ehe
ich Kirk erreichte, verschwand er in einem der Ausstellungsräume. Ich drängte
mich zwischen den Leuten durch, um ihm zu folgen. Drinnen war es nicht halb so
voll wie im Garten. Die Gäste interessierten sich offensichtlich mehr für die
leiblichen als die geistigen Genüsse. Im Saal für Kolonialkunst war Kirk nicht.
Dafür stand auf einer der neuen Vitrinen ein zur Hälfte gefülltes Glas.
Verärgert nahm ich es an mich und ging weiter in den nächsten Raum. Dort
unterhielten sich ein paar jüngere Frauen über die Landschaft von Velasco.
»Also, das Mexiko, das ich kenne, sieht anders aus.«
    »Was kennst du denn von Mexiko außer
der Bar in eurem Hotel

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