Der Tod ist mein Beruf
war gerade so, als ob man die Nadel auf eine Grammophonplatte aufsetzte. Ich horchte, ich wollte die Stimme nicht überhören. "
Wieviel kostet so eine Betonmaschine ? "
Hugo spuckte aus. "Ich kaufe keine."
"Zweitausend Mark", rief Siebert, während er einen Sack Zement aufriß.
Der Zementstaub flog umher, hüllte uns ein, und ich mußte husten. "Und was kosten wir denn?"
sagte ,Zitronenschale'. "Das Stück?"
"Ja."
Ein Schweigen entstand. Aber war es wirklich ein Schweigen? Sprachen sie wirklich nicht? "Zwanzig Pfennig."
"Und das ist noch gut bezahlt", sagte Edmund. "Zitronenschale"
schaufelte wütend drauflos. "Das kann man wohl sagen."
"
Was kann man sagen?"
"Daß der Mensch sehr billig ist."
Ich wiederholte leise: "Daß der Mensch sehr billig ist", dann hörte ich mit einemmal nichts mehr. Ich setzte die Schaufel ein, sie stieß an, der Stiel rutschte mir aus der Hand, ich schlug der Länge nach hin, mein Kopf fiel nach hinten, und die Sonne erlosch. Jemand sagte: "Steh auf, Herrgott noch mal!"
Ich schlug die Augen auf, alles um mich herum war undeutlich, das gelbe, verwitterte Gesicht von "Zitronenschale"
tanzte vor meinen Augen. "Der Meister ist da. Steh auf!"
Eine Stimme sagte: "Er wird dich entlassen."
Sie schaufelten alle wie die Verrückten. Ich sah ihnen zu, aber ich konnte mich nicht bewegen. "Machen wir!"
sagte Siebert und hob die linke Hand. Der Motor hörte auf zu brummen, und "Zitronenschale"
setzte sich still neben mich. Der Kies knirschte hinter ihm, und ich sah, wie im Nebel, vor meinem Gesicht die glänzenden schwarzen Stiefel des Meisters. "Was ist los?"
"Eine Störung", sagte Sieberts Stimme. Edmund setzte sich und sagte ganz leise: "Dreh ihm den Rücken zu! Du siehst ganz weiß aus."
"Immer noch?"
"Ein schlechter Kontakt."
"Schnell, Mensch, schnell!"
"Noch zwei Minuten."
Ein Schweigen entstand, der Kies knirschte, und Hugo sagte halblaut: "Auf Wiedersehen, Schweinehund."
"Da", sagte Sieberts Stimme, "trink mal!"
Der Schnaps floß in meine Kehle. "Siebert", sagte Hugo, "ich fühle mich auch ganz schwach."
"Friß Sand."
Es gelang mir aufzustehen. "Geht es wieder?"
sagte "Zitronenschale".
Ich nickte und sagte: "Es war wirklich ein Glück, daß es eine Störung gab."
Sie fingen laut an zu lachen, und ich sah sie alle nacheinander verwirrt an. "Junge, Junge", rief "Zitronenschale", "du bist noch dümmer als der Meister."
Ich blickte Siebert an. "Du hast das gemacht?"
"Zitronenschale"
drehte sich zu Siebert um und sagte mit komischem Erstaunen: "Du hast das gemacht?"
Das Gelächter verdoppelte sich. Siebert lächelte mit seinen dünnen Lippen und schüttelte den Kopf. Ich sagte schroff: "Das war unrecht von dir."
Das Lachen verstummte. Hugo, Edmund und "Zitronenschale"
sahen mich an. "Zitronenschale"
sagte mit verhaltener Wut: "Und wenn ich dir jetzt die Schaufel in die Fresse schlage, hätte ich da unrecht?"
"Schweinehund", sagte Edmund. Es entstand ein Schweigen, dann sagte Siebert: "Genug. Er hat recht. Wenn wir das richtige Regierungssystem hätten, brauchte man das nicht zu machen."
"Mit deinem System", sagte "Zitronenschale", "du weißt, was ich davon halte."
Siebert lachte und sah mich an. "Störung beseitigt?"
"Vorwärts!"
sagte "Zitronenschale"
wütend, "vorwärts! Keine Minute verloren! Man könnte dem Chef unrecht tun."
"Na, geht's?"
sagte Siebert und blickte mich an. Ich nickte, er senkte den linken Arm, der Motor brummte, und die Schraube zu unsern Füßen fing wieder an, sich mit unerbittlicher Langsamkeit zu drehen.
An den folgenden Tagen vermehrten sich meine Krisenzustände. Aber es zeigte sich darin eine beachtenswerte Veränderung. Die Dinge blieben, was sie waren. Es gab keine Leere mehr, sondern nur eine Erwartung. Wenn man ein Orchester hört und die Trommel sich vernehmen läßt, liegt für uns in dem scharfen, dumpfen Schlag etwas Geheimnisvolles, Drohendes, Feierliches. Genauso empfand ich. Der ganze Tag war für mich mit Trommelwirbeln ausgefüllt. Etwas Furchtbares kündigte sich an, in meiner Kehle steckte ein Kloß, und ich wartete, wartete in wilder Angst auf etwas, das nicht kam. Die Trommelschläge hörten auf, ich hatte den Eindruck, von einem Alpdruck zu erwachen, und plötzlich war es mir, als wäre die Welt nicht mehr wirklich. Man hatte hinter meinem Rücken die Dinge verändert, sie trugen alle eine Maske. Ich blickte mich voller
Mißtrauen und Angst um. Die Sonne, die meine Schaufel glänzen ließ, log. Der Sand
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