Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod ist mein Nachbar

Der Tod ist mein Nachbar

Titel: Der Tod ist mein Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
Vom Netzwerk:
lächelnd.
    »Danke«, flüsterte er. »Danke, Mrs. Arabella Adams!«
    Mit ihren schwachen Augen und aus einiger Entfernung hatte sie sicher nicht genau erkennen können, ob die Person, die sie gesehen hatte, ein Mann oder eine Frau gewesen war. Zumindest nicht am Gesicht. Gesichter sind bekanntermaßen schwer zu unterscheiden und wirken immer wieder anders, je nachdem ob man sie im Profil oder im Schatten sieht oder ob der oder die Betreffende vielleicht eine Brille aufgesetzt hat. Nun wußte aber die alte Mrs. Adams natürlich ganz genau, wie Männer und wie Frauen aussehen, weil Männer üblicherweise Hosen und Frauen Röcke tragen. Nur beweist die Tatsache, daß jemand eine Hose trägt, heutzutage nicht mehr, daß es sich um einen Mann handelt, nicht wahr, Morse? Sondern nur noch eins: daß die bewußte Person Hosen anhat …
     
    Zehn Minuten später sah Morse, der sich redlich, aber mit ermattenden Kräften bemühte, die überaus großzügig bemessene Portion Räucherlachs-Canapés zu dezimieren, Sergeant Lewis hereinkommen, der fast so selbstgefällig wie der ölige Lord Ellmore blickte und den rechten Daumen hochreckte. Der Chief Inspector machte ihn mit Sara Hickman bekannt.
    »Möchten Sie etwas trinken, Sergeant?«
    »Ja, danke. Orangensaft.«
    »Etwas essen?«
    »Was haben Sie denn zu bieten?«
    Sie strahlte ihn an. »Was Sie möchten. Unser Küchenchef steht Gewehr bei Fuß.«
    »Wenn er mir Setzeier mit Pommes frites machen könnte …«
    »Hm … das … ja, das müßte gehen, ich werde gleich mal fragen.« Sie stand auf.
    »Wie konnten Sie, Lewis! Das Restaurant im Royal Cre s cent gilt als Gourmet-Tempel.«
    »So? Na, dann müßte es ja schmecken.«
    In bester Laune reichte er Morse einen Zettel und griff sich gleichzeitig (und sehr zu Morses Erleichterung) zwei Lachscanapés.
    »Sie haben doch nichts dagegen, Sir? Ich bin halb verhungert.«
     
    Um halb drei wurde Marilyn Hudson, eine kleine hellhäutige Frau, in Saras Büro gerufen. Marilyn war seit fast drei Jahren Zimmermädchen und Küchenhilfe im Royal Crescent und, wie sich sehr bald herausstellte, über das tägliche (und nächtliche) Geschehen im Hotel bestens im Bilde.
    Morse befragte sie eingehend über den Vormittag des 3. März, also des vergangenen Sonntags.
    »Sie haben ihnen das Frühstück gebracht?«
    »Ja, Sir. Gegen Viertel vor acht.«
    »Sie haben geklopft?«
    »Ja, das mach ich immer. Jemand hat ›Herein!‹ gerufen, und da …«
    »Sie hatten einen Schlüssel?«
    »Einen Generalschlüssel. Ich bin also mit dem Tablett rein und hab es auf den Ankleidetisch gestellt.«
    »Lagen sie zusammen im Bett?«
    »Nein, das Zimmer hat getrennte Betten. Sie war auf der anderen Seite, aber nicht zu übersehen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Sie hatte einen Schlafanzug mit gelben, schwarzen und grünen Streifen an – rauf und runter.«
    »Vertikale Streifen, meinen Sie?«
    »Sagt man das so? Rauf und runter eben. Diesmal hatte sie ihn wieder dabei. Heut früh hab ich ihnen auch das Frühstück gebracht. Zimmer sechsunddreißig, dasselbe wie letzte Woche.« Marilyn kicherte ein bißchen nervös. »Vielleicht sollte sie ihn mal wechseln.«
    »Kann sein, daß sie zwei von der Sorte hat«, warf Lewis ein, was bei Morse offenbar nicht sonderlich gut ankam, denn er runzelte die Stirn.
    »Könnte es Ihrer Meinung nach jemand anders gewesen sein? Nicht Mrs. Storrs, meine ich?«
    »Nein, Sir. Sie war, wie gesagt, im Bett, aber …«
    »Aber?«
    » Sie hab ich genau gesehen, aber ihn nicht so richtig. Er war im Badezimmer und hat sich rasiert, mit einem Elektrorasierer, die Tür stand ein Stück offen, und ich hab gesehen, daß er noch im Schlafanzug war, und er hat sich bedankt, aber …«
    »Hätten Sie ihn erkannt, wenn er den Kopf gedreht hätte?«
    Zum erstenmal schien Marilyn Hudson ihrer Sache nicht ganz sicher zu sein.
    »Ich hatte sie schon vorher im Hotel gesehen, aber auf ihn hab ich nicht so geachtet wie auf sie. Sie war sehr schick angezogen und überhaupt unheimlich elegant, sie hatte eine dunkle Sonnenbrille auf und trug einen weißen Hosenanzug. Genau wie heute.«
    Morse wandte sich an Lewis. »Glauben Sie, daß sie zwei weiße Hosenanzüge hat, Sergeant?«
    »Möglich ist alles.«
    Wenn Morse etwas enttäuscht war, ließ er es sich nicht anmerken. »Sie sind sich also bei ihr ziemlich, aber bei ihm nicht so ganz sicher …«
    Marilyn überlegte einen Augenblick.
    »Ich bin mir bei beiden ziemlich sicher, Sir.«
     
    »Marilyn ist eine

Weitere Kostenlose Bücher