Der Tod kommt in schwarz-lila
unsere polizeiliche Beratungsstelle aufsuchen«, sagte der jüngere Kollege und klappte sein Notizbuch zu. »Es gibt Sicherheitsfenster, die lassen sich nicht so einfach öffnen.«
Grevenstedt nickte beflissen. Gleich morgen früh würde er einen Glaser bestellen.
Die beiden Polizisten versprachen sich zu melden, sobald sie etwas in Erfahrung gebracht hätten. In der nächsten Zeit wollten sie in dieser Gegend verstärkt Streife fahren. Aber an eine Rückkehr des Täters glaubten sie nicht.
Eine Stunde später gingen die Grevenstedts zu Bett. Zur Sicherheit ließen sie das Licht im Gang brennen. Die Kinder hatten sie zu den Nachbarn gebracht. Horst Grevenstedt putzte sich noch die Zähne. Als er in das Schlafzimmer kam, saß Eva auf der Bettkante und starrte entgeistert an die Wand.
»Was ist …?«
»Unser Hochzeitsbild. Es … es ist weg«, stammelte sie.
*
Dumpfe Schläge hallten durch das Treppenhaus. Ein Gewitter aus Höhen und Tiefen ergoss sich in den Flur. Snare, Tom, tiefes Tom, Bass, dazwischen das helle Krachen der Becken und das gläserne Klirren der Hi-Hat im rhythmischen Wechsel mit den hölzernen Paukenschlägen. Trevisan schwitzte. Milchige Salzperlen rannen über seine Stirn. Triplets veränderten sich in synkopische Rhythmen. Trevisan schlug hart auf die Felle.
»Papa, Telefon!«
Trevisan ließ die Stöcke über das Snare sausen.
»Papa!«
Paulas Stimme verklang ungehört in einem Trommelwirbel. Dann brach einer der Trommelstöcke entzwei. Trevisan fluchte.
Paula nutzte den Augenblick der Stille. »Komm endlich, Telefon für dich!«
Überrascht blickte Trevisan auf und sah seine Tochter im letzten Moment durch die Tür verschwinden. Er erhob sich, griff nach dem Handtuch und fuhr sich über das nasse Haar. Er atmete tief durch. Dann ging er nach oben ans Telefon.
»Trevisan. Was gibt’s?«, sagte er, noch immer außer Atem.
»’Was gibt’s’! Ist das eine Begrüßung?« Angela war am Apparat.
»Entschuldige.«
»Das klingt nicht besonders überzeugend. Kann es sein, dass du schlechte Laune hast?«
»Ich? Ich wüsste nicht, weshalb«, erwiderte er bissig.
»Noch immer Ärger mit Paula?«
»Paula benimmt sich wie ein kleines Kind. Aber das gibt sich wieder.«
»Dann hattest du wohl Ärger im Job. Dabei habe ich in den Nachrichten von eurem Erfolg gehört und wollte dir gratulieren.«
Trevisan seufzte. »Erinnere mich bloß nicht daran. Das war doch nichts weiter als ein billiges Schmierentheater zur Beruhigung der Bevölkerung.«
»Verstehe ich nicht.«
»Wir haben einen Mann verhaftet, aber keinen Mörder«, erklärte Trevisan.
»Aber es hieß doch in den Nachrichten …«
»Das ist alles Blödsinn. Ich habe es meiner Vorgesetzten gesagt, aber sie meinte, es wäre an der Zeit, einen Erfolg zu verkaufen.«
»Das heißt, ihr wisst alle Bescheid und gebt bewusst eine Falschmeldung heraus?«
»Was heißt Falschmeldung’ … Noch ist es ja nicht sicher.«
»Aber dein Gefühl sagt dir, dass ihr den Falschen habt«, beharrte Angela.
»Er war es nicht, davon bin ich überzeugt. Aber was sollte ich tun? Der Termin stand schon fest. Ich kann nichts dafür.«
»Warum spielst du dieses Spiel mit?«
»Was bleibt mir übrig? Ich bin nur ein kleiner Beamter. Ein Rädchen im großen Getriebe. Wenn ich nicht richtig funktioniere, dann werde ich einfach ausgewechselt.«
»Was soll’s, wenn du allzu sehr quer treibst, dann kannst du immer noch eure Akten hüten«, antwortete Angela spöttisch. »Wo ist bloß der Kämpfer in dir geblieben? Du bist Beamter und hast einen sicheren Job.«
Trevisan blickte verlegen auf das Bild an der Wand. Ein Bild von Paula. »Ich weiß es ja selbst. Ich hätte mich nicht darauf einlassen sollen.«
»Und jetzt ärgerst du dich über dich selbst. Das geschieht dir recht.«
»Ich habe alles im Griff. Ich habe nur Schlagzeug gespielt, deshalb war ich etwas außer Atem.«
»Das habe ich gehört. Das war kein Schlagzeugspiel, das war die pure Vergewaltigung eines Instruments.«
»Verdammt, ich geb’s ja zu. Manchmal würde ich am liebsten alles hinschmeißen.«
»Was ist mit Paula, hast du schon mit ihr geredet?«, wechselte Angela das Thema.
Trevisan verzog das Gesicht. »Paula geht mir aus dem Weg. Sie lässt nicht vernünftig mit sich reden. Da draußen spaziert ein Psychopath durch die Gegend und ermordet wahllos Leute, und sie hat nichts Besseres im Kopf als eine Bootstour mitten hinein in die Höhle des Löwen.«
»Ist es wirklich die Angst
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