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Der Tod macht Schule: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)

Der Tod macht Schule: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)

Titel: Der Tod macht Schule: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Faber
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Alibi hat, auch wenn er sich so verhält, wie er sich verhält. Das ist so ein guter Junge, der war das nicht.»
    «Das glaube ich ja auch», sage ich. «Aber seine Wutausbrüche, die Attacke gegen meinen Kollegen und seine überflüssige Flucht machen es uns nicht leicht, ihn jetzt einfach laufenzulassen.»
    Pfarrer Assmann blickt mir tief in die Augen. So sehr, dass ich dem nicht standhalten kann und meinen Blick abwende.
    «Wie geht es Lasse?», schieße ich schnell hinterher und bemerke, wie ich nervös an meinen Fingern herumnestle.
    «Schwer zu sagen. Sie haben ihm erst einmal starke Medikamente gegeben, damit er zur Ruhe kommt. Er schläft viel. Wir lassen ihn auch in Ruhe, und vor allem stellen wir ihm zurzeit keine Fragen, die diese Geschichte betreffen. Die Ärzte sagen, er leide unter einer Art Angstneurose. Das ist ein Zustand, in dem er seine Gefühle komplett von sich abkapselt, um diese Ängste nicht spüren zu müssen.»
    Assmann atmet tief durch die Nase aus.
    «Ich kann hier als Pfarrer nicht mehr arbeiten», sagt er dann und sieht in mein überraschtes Gesicht. «Richtig geheuer war ich den Leuten hier ja noch nie. Kommunisten-Pfarrer wurde ich genannt, als ich hier anfing und Demos gegen den Golfkrieg initiierte. Wissen Sie, ich habe wirklich pausenlos versucht, die Menschen zu erreichen. Ich habe mir den Arsch aufgerissen, Angebote für alle zu machen. Ich wollte auch Menschen für die Kirche gewinnen, die mit Gott nichts am Hut haben. Ich habe versucht, gegen die Kirchenklischees zu kämpfen, dass dort alles so steif und langweilig sei und nur alte Leute hingingen. Ich habe mir eine offene Diskussion gewünscht. Es ist meine Aufgabe, für die Menschen da zu sein, als Seelsorger … Jetzt kann ich nicht mehr. Ich spüre die Blicke der Leute hier. Wie sie tuscheln, wenn ich durch die Stadt gehe. Keiner, ich wiederhole, keiner ist direkt auf mich zugekommen und hat nach Lasse gefragt … Ich hab die Schnauze voll, verstehen Sie?»
    «Ja», antworte ich, überrascht von seiner Offenheit.
    Stumm sitzen wir eine knappe Minute so da, dann sage ich: «Vielleicht wäre es gut, wenn Sie noch einmal ganz genau darüber nachdenken, wer alles mit Ihnen ein großes Problem hat oder hatte. Wenn wir davon ausgehen, dass Lasse bedroht und zu Gewalttaten gezwungen wurde und dass nun auch Faton Thaqi in diese Sache reingezogen wird, dann will vielleicht jemand Ihnen schaden. Vielleicht ging es von Anfang an weniger um Frau Dr. Murnau, sondern mehr um Sie. Ellen Murnau wäre nur das Mittel zum Zweck.»
    Gregor Assmann schließt die Augen, denkt eine Weile nach.
    «Glauben Sie, dass Lasse auch die Mordtat begangen hat? Seien Sie ehrlich.»
    «Ich kann mir das nicht vorstellen», antworte ich.
    «Genau, das ist das Problem», erwidert Assmann. «Meine Vorstellungskraft ist auch zum Erliegen gekommen. Wenn ich aber nun an die Worte des Marburger Psychiaters denke, wie dieser erklärt, dass Lasse völlig neben sich stand und seine Gefühle nicht mehr wahrnehmen konnte, dann macht mir das Angst. Das sage ich Ihnen ganz ehrlich. Wer weiß denn, wozu er in diesem Dauerangstschockzustand fähig war? Nennen wir die Dinge doch beim Namen. Eiern wir doch nicht ständig rum. Sprechen wir’s doch aus. Also, was läuft da zwischen Ihnen und Stefanie?»
    In diesem Moment verschlucke ich mich an meinem letzten Schluck Kaffee und spucke hustend ein paar Reste auf meine Hose.
    «Wie … was?», stammele ich hilflos.
    «Wissen Sie, ich bin nicht blöd, und vor allem kenne ich meine Frau sehr gut. Ich verstehe ihre Blicke. Ich kann sie in gewisser Weise deuten. Sie, Herr Bröhmann, kenne ich nicht so gut, doch Ihr Gesichtsausdruck und der Schweiß auf Ihrer Stirn geben mir auch eine Antwort. Also, Bröhmann, ich höre?»
    «Darf’s noch was sein?», unterbricht die Bedienung uns und erntet darauf nur ein stummes Kopfschütteln beider an diesem Tisch sitzenden Herren.
    Ich fasse meinen Mut, den ich nicht habe, zusammen und versuche Pfarrer Assmann durch seine kleine runde Brille in die Augen zu sehen.
    «Ja, äh, also, da war was, also nicht so wirklich, und das ist auch längst schon vorbei, und … das war alles noch, bevor das mit Lasse und so … es tut mir leid, das hätte nicht passieren sollen dürfen, und eigentlich ist ja auch gar nichts passiert, oder kaum was … ich bin ja auch schließlich, also ich hab ja auch eine … sozusagen eine Frau … ich weiß nicht, was ich sagen soll, aber wie gesagt, das war nix,

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