Der Tod soll auf euch kommen
ihrer Reise nach Cnoc Loinge ein.
Capa war ganz offensichtlich nicht begeistert.
»Du meinst also, daß dieser Zwerg Forindain meine Schwägerin aus der Burg gelockt hat? Ein Aussätziger? Und wir reiten jetzt nach Cnoc Loinge wegen der Spielleute, unter denen sich möglicherweise Forindain versteckt hält? Das ist doch pure Zeitverschwendung.«
»Dennoch reiten wir aus diesem Grund dorthin«, verkündete Fidelma mit entschlossener Stimme.
Capa blickte zu Eadulf, der bisher geschwiegen hatte. Ihm war sofort aufgefallen, daß zwischen Eadulf und Fidelma etwas nicht stimmte. Er schaute beide besorgt an, schwieg aber lieber.
Der Berg mit der unverwechselbaren Silhouette eines Schiffs war kaum fünf Kilometer von der Abtei von Imleach entfernt. Vor ihnen lag ein angenehmer und leichter Ritt durch eine waldreiche Landschaft. Endlich näherten sie sich der Siedlung, die am Fuße des langen, schmalen Berges lag. Kurz vor dem Ort bemerkte Eadulf, daß sich die Straße immer mehr füllte. Bald war sie voller Leute, die zu Fuß, zu Pferde oder mit Eselfuhrwerken zum Jahrmarkt strömten. Als sie dort eintrafen, war das Fest schon im Gange.
Neben den Holzbauten des Dorfes waren auf einer großen Wiesenfläche, der
faithche,
Stände und Zelte errichtet. Die
faithche
war für solche Jahrmärkte und Feste vorgesehen. Die kleinen Jahrmärkte des Landes unterstanden den jeweiligenStammesfürsten, die bestimmte Leute vorher anwiesen, das Gelände von Unrat und Gestrüpp zu befreien und es mit Zäunen und Dämmen einzugrenzen. Außerdem gab es eine Extrafläche für sportliche Wettkämpfe wie Springen und Laufen, aber auch für Waffenspiele und Ringen. Auf einer Seite hatte man ein
cluichi mag
hergerichtet – eine Grasfläche, auf der das alte Spiel
camán,
ein Schlagballspiel mit Stöcken, gespielt werden sollte. Ein überschaubarer Jahrmarkt wie dieser wurde
oirecht
genannt. Die größeren nannte man
Feís
.
Trotz seiner geringen Bedeutung zog der Jahrmarkt in Cnoc Loinge erstaunlich viele Leute an. Jung und alt aus der Umgebung wollte den Wettkämpfen beiwohnen oder gar selbst daran teilnehmen oder von den Komödianten unterhalten werden.
An den Ständen wurden verschiedenste Waren feilgeboten. Bauern verkauften Ziegen und Schweine, außerdem gab es Obsthändler und Bäcker mit frischen Pasteten. Das ganze Treiben wurde von Musik begleitet. Hier und dort ging ein
airfidig,
ein einzelner Sänger, herum, der Balladen vortrug oder Gedichte rezitierte. In einer anderen Ecke wurde die Menge von einer Schar Musikanten mit einer Harfe, Kastagnetten, einer Trommel, Flöten und anderen Blasinstrumenten unterhalten.
Fidelmas scharfe Augen entdeckten bald eine kleine Bühne, die leer war, aber offensichtlich für eine Aufführung vorbereitet worden war. An einem Pfosten war die Mitteilung angebracht, daß hier »Die Liebe von Bebo und Faylinn« gespielt werden würde. Also waren die Zwerge noch hier, dachte Fidelma mit Genugtuung. Natürlich bedeutete das nicht zwangsläufig, daß der Aussätzige dabei war. Doch sie hatte ganz intuitiv das Gefühl, daß sie auf ihn stoßen würde.
Sie ließ ihr Pferd anhalten und sprach einen Mann an, der ein Ortsansässiger sein mußte. Er stand an einem kleinen Bach, der am Rande des Festplatzes floß und auch als Pferdetränke diente. Dieser Mann führte einen großen Wolfshund an einer Leine, der gierig Wasser schleckte.
»Sei gegrüßt, mein Freund. Wo ist der
suide-dála,
der Versammlungsplatz. Finden wir deinen Fürsten dort?«
Der Mann hatte rötliches Haar und war wohl eher ein Schmied als ein Bauer. Er blickte sie mit seinen hellblauen Augen an, betrachtete ihre Kleider und schließlich auch den goldenen Halsschmuck ihrer Begleiter. Voller Ehrerbietung verneigte er sich.
»Sei willkommen in Cnoc Loinge, Lady.« Offenbar hatte er geschlußfolgert, daß es sich bei Fidelma nicht um eine einfache Nonne handelte, sondern um eine ranghohe Persönlichkeit. »Wenn du am Bach entlangreitest, kommst du zum Versammlungsplatz am
camán
-Feld. Bis zum Beginn der Spiele hat sich unser Fürst Fiachrae in das große blaue Zelt dort zurückgezogen.«
»Vielen Dank.« Fidelma ritt auf das Zelt zu, auf das der Mann gezeigt hatte. Da rief Capa ihr nach: »Lady Fidelma, möchtest du, daß wir nach den Zwergen suchen und herausfinden, ob sie den aussätzigen Mönch kennen?«
Fidelma hielt an.
»Ich werde mit dem Fürsten sprechen. Fiachrae ist ein entfernter Cousin von mir – er gehört zu den
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