Der Tod soll auf euch kommen
Ergebnissen er gekommen ist.« Betroffen schaute der König zu seinem Tanist. »Ich habe mit Finguine darüber gesprochen. Wir billigen Dathals Verhalten in jüngster Zeit durchaus nicht und denken über seine Pensionierung nach. Zu häufig zieht er voreilige Schlüsse. Ich glaube, daß das mit dem Alter zu tun hat. Außerdem springen er und Bischof Ségdae einander ständig an die Gurgel. Derartige Konflikte sollte man bei der Landesführung vermeiden.«
»Er darf nicht in den Ruhestand treten, bevor Eadulf von jeglichem Schuldvorwurf freigesprochen ist«, sagte Fidelma sofort. »Du kannst dir die Gerüchte vorstellen, die kursieren würden, wenn du Dathal aus dem Dienst entläßt und die Sache noch nicht aufgeklärt ist.«
»Für das Königreich wäre es aber durchaus von Vorteil, Cousine«, sagte Finguine.
»Aber nicht für Eadulf«, entgegnete Fidelma.
»Wir hatten gehofft, du würdest uns als
dálaigh
darin beraten, wie wir Dathal bewegen können, in den Ruhestand zu gehen«, erklärte Colgú.
»Da kann ich euch keinen Rat geben, Bruder, denn meine persönlichen Interessen stünden im Vordergrund. Natürlich bin ich der Ansicht, daß Brehon Dathal im Fall von Petráns Tod vorschnelle Schlüsse gezogen hat, doch gleichzeitig müßte ich mich fragen, ob ich das nicht auch getan hätte. Ihr könnt euch sicher vorstellen, welche Absichten ein Richter hinter meinen Ratschlägen vermuten würde, oder?«
Bekümmert betrachtete Colgú seine Schwester.
»Du hast recht. Wir hätten das lieber gar nicht ansprechen sollen«, sagte er. »Dennoch liegt es mir am Herzen und sollte alsbald erledigt werden. Dathal war – ist – ein gerechter Mann, und er war bisher ein guter Berater dieses Königreiches. Aber in letzter Zeit wird mir des öfteren berichtet, daß er unbillige Urteile fällt.«
»Jetzt hängt alles von Bruder Conchobar ab. Wann werden wir seinen Bericht hören?«
»Wenn er aus Lios Mhór wieder zurück ist. Doch was gibt es Neues von Eadulf?«
»Nichts, außer der Mitteilung, die er mir hinterlassen hat.«
»Was könnte ihn veranlaßt haben, zur Abtei von Colmán zu reiten?« fragte König Colgú. »Noch dazu allein? Er muß durch das Gebiet der Uí Fidgente, und wenn es wahr ist, daß wir es hier mit einer Verschwörung von ihnen zu tun haben, könnte er sich in großer Gefahr befinden.«
Fidelma begann zu zittern. Doch sie wollte nicht zugeben, welche Ängste sie um Eadulf ausstand.
»Er ist schon früher in Gefahr gewesen. Erinnere dich daran, wie er die Uí Fidgente überlebt hat, als mich das Schicksal zur Abtei Der Lachs aus den Drei Quellen führte.«
Colgú lächelte. »Das scheint eine Ewigkeit her zu sein, Fidelma.«
»Das Gefühl habe ich auch.«
»Du solltest etwas essen und dann zu Bett gehen. Eadulf ist sehr wohl in der Lage, auf sich aufzupassen, auch wenn ich zugeben muß, daß ich wünschte, er hätte Cashel nicht verlassen.«
Fidelma verabschiedete sich. Sie konnte nichts zu sich nehmen, als man ihr das Abendessen brachte. Nachdem sie sich hingelegt hatte, fiel sie erst nach vielen Stunden verzweifelten Grübelns in einen unruhigen Schlaf.
Früh am nächsten Morgen trat eine Dienerin ein, um sie zu wecken.
»Lady Fidelma, der König schickt mich. Bitte suche ihn in seinen Gemächern auf, sobald du fertig bist.«
Fidelma richtete sich auf und blinzelte die Dienerin mit schweren Lidern an.
»Was gibt es?« fragte sie und rieb sich die Augen.
»Man hat mir gesagt, daß Gormán in die Burg gekommen ist und etwas Wichtiges bei sich führt, das mit Alchú zu tun hat«, antwortete die Dienerin.
»Teile meinem Bruder mit, daß ich sofort da bin«, sagte sie, und ihr Herz schlug schneller.
Als die Dienerin gegangen war, stand Fidelma auf, bewegte den Kopf mehrmals von einer Seite zur anderen, als wolle sie ihn frei machen von lästigen Gedanken. Sie fühlte sich immer noch erschöpft. Kam Gormán, um weiteres Unheil zu verkünden? Er hatte Neuigkeiten von Alchú – aber wie würden die aussehen?
Als Fidelma die Räume ihres Bruders betrat, waren dort schon Finguine und Gormán, die sich mit dem König unterhielten. Vor ihnen auf dem Tisch lag ein Stück Birkenrinde und ein einzelner
cuarán,
ein winziger Babyschuh, dessenOberseite aus
lee-find,
aus ungefärbter Wolle, gearbeitet war und der eine kleine Sohle aus weichem, halb gegerbtem Leder hatte. Fidelma stockte der Atem.
Sie erkannte den Schuh, er gehörte Alchú.
Sie nahm ihn in die Hand und hielt ihn sich dicht vor die
Weitere Kostenlose Bücher