Der Tod soll auf euch kommen
behelligen, nach dem Essen brauche ich nur noch ein Bett«, antwortete Eadulf ernst.
Das Warten machte Fidelma ganz ungeduldig. Sie konnte die Stimme ihres alten Mentors Brehon Morann hören: »Wer Geduld hat, wird sich durchsetzen, Fidelma.« Ungeduld war immer schon ihr größter Fehler gewesen, wenn es denn ein Fehler war. »Ungeduld«, hatte sie einmal dem alten Richter erklärt, »ist ein Zeichen dafür, daß wir uns nicht nur der bloßen Hoffnung auf die Lösung eines Problems verschrieben haben, sondern daß wir sie aktiv vorantreiben wollen. Ich finde es nicht tugendhaft, nur abzuwarten und zu sehen, was das Schicksal für uns bereithält. Ich neige eher dazu, selbst einzugreifen.« Brehon Morann hatte betrübt den Kopf geschüttelt. »Lerne, geduldig zu sein, Fidelma, wenn Geduld vonnöten ist. Sei impulsiv und stürmisch, wenn das vonnöten ist. Lerne vor allem aber, zwischen beidem zu unterscheiden, denn es heißt, jene, die nicht begreifen, wann Geduld eine Tugend ist, sind nicht weise.«
Am Vormittag nach Eadulfs Verschwinden waren Fidelma tausend Gedanken durch den Kopf geschossen. Nach der Freilassung der Fürsten der Uí Fidgente war sie ruhelos und nervös durch die Burg gelaufen und hatte sich auf keine Tätigkeit konzentrieren können. Nichts konnte sie von den quälenden Sorgen ablenken, die sie bedrückten. Selbst Conchobar, der Apotheker, war noch nicht zurück, und Brehon Dathal wurde zunehmend unerträglicher. Gereizt schlich sie von einem Raum in den anderen, von einem Ort zum anderen. Als sie am nächsten Morgen aufwachte, wurde ihr klar, daß sie nicht einen Tag länger in untätiger Verzweiflung verbringen wollte.
Sie lief zur Kapelle und war erleichtert, daß sie dort niemanden antraf. Sie kauerte sich in eine dunkle Ecke, schloß die Augen und spürte die Stille geradezu, die sie umgab.
Sie versuchte sich zu konzentrieren, ihren Verstand von allen Gedanken zu befreien, indem sie in der Kunst der
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Zuflucht suchte, einer Meditationsform, durch die unzählige Generationen von Asketen den Zustand des
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erreicht hatten, den inneren Frieden, indem sie unwesentliche Gedanken verdrängten und alle Ablenkungen von sich wiesen. Sie versuchte sich zu entspannen und das Durcheinander in ihrem Kopf zu glätten. In Zeiten besonderer Belastung bemühte Fidelma oft die alte Kunst der
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. Doch sie wurde inzwischen von vielen führenden Vertretern der Kirche in den fünf Königreichen abgelehnt. Selbst der heilige Patrick, ein Britannier, der einst eine führende Rolle bei der Einführung des neuen Glaubens spielte, hatte einige Formen der meditativen Selbsterleuchtung verboten. Doch obwohl man über die
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die Stirn runzeln mochte, bisher war diese Art der Meditation nicht grundsätzlich geächtet worden.
Es war zwecklos. Immer, wenn sie Geduld benötigte, fruchteten die alten Techniken nicht. Das überraschte sie, denn sie hatte geglaubt, sie gut zu beherrschen.
Sie stand auf und verließ die Kapelle.
Unwillkürlich steuerte sie auf die Ställe zu. Niemand war da, dafür sprach sie ein Dankgebet. Sie wollte allein sein, um sich über ihre Ängste klarer zu werden. Sie entdeckte ihre schwarze Lieblingsstute und führte sie kurz darauf durch das Tor der Burganlage.
Die Wachleute standen verlegen da.
»Lady Fidelma«, wurde sie von einem begrüßt, »wir sind angewiesen, dich zu warnen, nicht allein auszureiten. Die Uí Fidgente könnten da draußen lauern.«
»Du hast deine Pflicht erfüllt«, erwiderte Fidelma kurz. »Sei unbesorgt, ich will nur mal raus.«
Ehe der Krieger etwas darauf erwidern konnte, hatte sie sich aufs Pferd geschwungen und preschte den Hang hinunter. Die Stadt, die um die Burg der Eóghanacht gewachsen war, die Hauptstadt des großen Königreiches Muman, lag südlich des felsigen Kalksteinbergs, auf dem sich die Burg fast siebzig Meter über das umgebende flache Land erhob. Doch Fidelma ritt nicht auf die Stadt zu, sondern schlug den Weg ein, der um den Hügel und dann nördlich durch die Ebene führte. Als sie erst einmal außer Sichtweite der Burg war, gab sie dem Pferd die Sporen und ließ es einfach laufen.
Fidelma hatte reiten gelernt, als sie noch nicht richtig laufen konnte. Sie liebte das Gefühl, sich mit einem Pferd eins zu fühlen und mit ihm dahinzujagen. Sie lehnte sich nach vorn, ganz nah an den Hals der Stute, rief ihr ermunternde Worte zu, während sie vorwärtspreschte. Sie spürte die Freude der Stute, daß sie so frei und
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