Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod soll auf euch kommen

Der Tod soll auf euch kommen

Titel: Der Tod soll auf euch kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
ungestüm wie der Wind vorwärtsfliegen konnte.
    Erst als sie den Schweiß auf dem Hals des Pferdes bemerkte und sein leicht rasselndes Geräusch beim Atmen vernahm, griff sie nach den Zügeln, um das Tempo zu drosseln und in einen Trab zu fallen, ganz vorsichtig und langsam, denn wenn sie plötzlich anhielt, würde das dem Pferd schaden. An der Stelle, wo sich die Flüsse Suir und Clodaigh vereinten – letzterer rauschte von der entfernten Bergspitze des Cnoc an Loig herunter –, blieb sie schließlich stehen. Sie schaute zur Sonne hoch und ihr fiel auf, daß es schon Nachmittag war und ihr Ausritt sie viele Kilometer nach Norden geführt hatte. Erstaunt stellte sie fest, daß sie sogar so weit entfernt war, daß sie vor Einbruch der Dunkelheit nicht wieder in der Burg sein würde. Ihr Pferd war von dem anstrengenden Galopp recht erschöpft.
    Unentschlossen saß sie im Sattel. Ihr Bruder besaß ein paar Kilometer südöstlich von hier eine Jagdhütte. Sie befand sich in einem Tal, das Quell vom Eichenwald hieß, und stand neben einem kleinen Bach. Dort konnte sie sich vor ihrem Rückritt nach Cashel zumindest stärken. Die Hütte diente auch als Unterkunft für die Gäste des Königs. Es gab keinen Grund, ein so gutes Pferd wie ihre Stute zu ruinieren und weiterzureiten. Ihr Entschluß stimmte sie froh.
    Sie beugte sich vor und klopfte dem Pferd aufmunternd den Hals. Dann wandte sie es in die Richtung zur Jagdhütte.
    Der Ritt war angenehm. Die große Ebene nördlich von Cashel erstreckte sich, so weit das Auge von dem großen Burgfelsen aus blicken konnte. Vorsichtig nahm sie den Weg leicht östlich durch den Wald. Ihres Wissens nach mußte er sie direkt zu ihrem Ziel bringen.
    Da sie nun langsamer ritt und sich nicht mehr auf den Galopp konzentrieren mußte, kam ihr sofort wieder Eadulf in den Sinn. Sie fühlte sich schuldig wegen ihres Verhaltens und war höchst beunruhigt, was Bischof Petráns Tod betraf. Und warum war Gormán nach Westen unterwegs? Sie war sicher, daß er hinter Eadulf her war – doch warum? Glaubte Gormán etwa, daß Eadulf schuldig war? Oder hatte er Gormán befohlen, ihm zu folgen? Und dann war da noch Gormáns Beziehung zu Della. Er behauptete, Sárait geliebt zu haben, aber er schien einen sehr vertrauten Umgang mit Della zu haben, dabei war sie bestimmt doppelt so alt wie er. Verwirrt schüttelte Fidelma den Kopf.
    Am Ende lief alles auf ihre Haltung zu Eadulf hinaus. Warum hatte sie sich ihm nicht ganz anvertraut und nicht wie früher alles mit ihm besprochen? Woher rührte der ständigeHader mit ihm? Tief in ihrem Inneren wußte sie, daß sie viele Schwächen hatte – sie wollte nichts mit anderen teilen, schon gar nicht vertrauliche Dinge. Sie wollte alles allein bewältigen, ohne sich mit anderen darüber zu beraten. Es war nicht nur Eadulf, den sie nicht ins Vertrauen zog. Ihr Leben verlief einfach mehr selbstbestimmt.
    Sie mochte es auch nicht, Gefühle zu zeigen. Damals, als sie studiert und ihre Leidenschaft offenbart hatte, war sie sehr verletzt worden. Deshalb hielt sie sich bei Eadulf so zurück, zumindest sagte sie sich das. Es gab Momente, in denen sie sich zärtlich zu ihm hingezogen fühlte. Aber dann gab ein Wort das andere, und auf einmal brach ihre ganze Verbitterung aus ihr hervor. Seine Reaktion darauf erzürnte sie oft so, daß sie sich kaum mehr beherrschen konnte. Stimmte etwas nicht mit ihr? Oder verstanden sie sich nur nicht? Oder lag es einfach daran, daß Eadulf Ausländer war? Er wollte in seine Heimat zurückkehren, wo er ein gewisses Ansehen genoß, und sie wollte in ihrem Land bleiben, wo sie eine hohe Stellung innehatte und ihrer liebsten Beschäftigung nachgehen konnte – der Durchsetzung von Recht und Ordnung. Wenn es einen Kompromiß geben könnte, sie könnte ihn nicht eingehen. Eine Reise nach Rom, eine Reise in die sächsischen Königreiche, das war genug für sie gewesen. Sie würde nie woanders als in Muman leben können. Das war ihre Heimat. Sie könnte keine Zugeständnisse machen, würde Eadulf jemals welche machen? Er würde sicher meinen, das käme seiner Unterwerfung gleich.
    Hätten sie jemals eine Zukunft als Mann und Frau?
    In diesem Augenblick hatte sie das Gefühl, daß die Asketen recht hatten. Mönche und Nonnen sollten nicht heiraten, sondern ihr Leben im Zölibat verbringen. Wieder mußte siedaran denken, daß sich das Ende ihrer Probeehe näherte. Wenn sie vor dem Gesetz ihr Gelübde nicht erneuerten, könnten sie und Eadulf

Weitere Kostenlose Bücher