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Der Tod traegt Turnschuhe

Der Tod traegt Turnschuhe

Titel: Der Tod traegt Turnschuhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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funktionieren«, entgegnete ich, aber auch ich hatte ziemlichen Bammel. Ich musste dafür sorgen, dass mein Herz nicht anfing zu klopfen, und das tat es eigentlich immer, wenn ich unter Stress stand. Und ich musste aufpassen, dass ich nicht anfing zu grinsen und alles versaute. Wenn sie mich erst mal in die Schublade gesteckt hatten, würde ich da drin festsitzen, bis Shoe mich fand. Aber wir hatten keine große Wahl. Wenn der Patch nicht bis morgen früh sechs Uhr hochgeladen war, würden Menschen sterben. Und ich wäre schuld. Nervös ließ ich mich in meinem Sitz gegen die Tür sacken und konzentrierte mich auf mein leeres, herzschlagloses Inneres. Langsam stoppte mein Puls. Identität verborgen - erledigt. Herzschlag gestoppt - erledigt. Mein Amulett, dachte ich, als mir einfiel, dass jemand versuchen könnte, es mir abzunehmen.
    »Warte!«, sagte ich laut und der Pick-up kam abrupt zum Stehen. »Ich muss mein Amulett verstecken«, sagte ich dümmlich.
    Shoes Augenbrauen rutschten fragend hoch. Ich setzte mich gerade hin und versuchte, mich zu konzentrieren. Zum Glück hatte ich das ja schon geübt. Ich nahm das Amulett in die Hand und dachte daran, wie es sich anfühlte - glatt und warm -, und an das Lila, das so dunkel war, dass es wie Schwarz aussah. Ich sah es vor meinem inneren Auge und beobachtete, wie es das Göttliche berührte und es so filterte, dass ich mich nicht einfach auflöste, wenn die Zeit in meinen Gedanken widerhallte. Der Klang meiner Seele und des ganzen Universums schwang in seiner Resonanz mit. Es fühlte sich lebendig an. Und wenn ich sein Gewicht nur ein kleines Stück verlagerte … würde sich das Licht herumwickeln. Ein warmes Gefühl durchströmte mich. Ich wusste, dass es funktioniert hatte, öffnete die Augen und ließ das Amulett los. Es fiel zurück auf meine Brust, aber es war verschwunden. Verdammt, war das irre, wenn ich mal irgendwas auf die Reihe bekam.
    »Wahnsinn, es ist unsichtbar geworden«, sagte Shoe, der blass geworden war. »Du bist also wirklich tot!?«
    Ich schenkte ihm ein hoffentlich beruhigendes Lächeln. »Mensch, du siehst ja aus, als hättest du 'nen Geist gesehen. Los, lass uns gehen.«
    Er holte tief Luft und steuerte auf den Krankenhauseingang zu. »Mann, das gibt solchen Ärger«, flüsterte er und seine Hände zitterten auf dem Lenkrad.
    Ich schloss die Augen und zwang mich, meine Gliedmaßen erschlaffen zu lassen. Ich hatte mein Amulett schon früher mal unsichtbar gemacht, aber da war es nie so wichtig gewesen wie jetzt. Mann, ich würde mich da auf tausend Sachen gleichzeitig konzentrieren müssen und hatte keine Ahnung, ob ich mich nicht total übernahm. Mein Herz durfte nicht klopfen. Ich durfte nicht zucken, wenn sie versuchten, mich wiederzubeleben. Und ich musste mein Amulett versteckt halten. Ich hatte keine Ahnung, ob ich das schaffen würde.
    Aber ich musste.

12
    Die Flügeltür fiel mit einem Quietschen zu, als der Pfleger, der mich hinunter in die Leichenhalle geschoben hatte, sich etwas zu trinken holen ging. Ich setzte mich kerzengerade auf und riss das Laken von mir, als wäre es eine giftige Schlange. Wütend sah ich auf mein T-Shirt hinunter und versuchte, mich mit den Fetzen, die davon übrig geblieben waren, notdürftig zu bedecken.
    Das war mein Lieblings-T-Shirt gewesen, das ich mir für den ersten Schultag gekauft hatte, und sie hatten es einfach zerrissen, als wäre es ein Billigteil vom Grabbeltisch. Auch meine Strumpfhose hatte ziemlich gelitten, aber das meiste hatte doch mein Oberteil abbekommen, als sie an mir herumdrückten und -kneteten und mir Stromstöße durch den Körper jagten.
    »Heiliger Frankenstein«, murmelte ich, als ich die Beine über den Rand meiner Bahre schwang und sie baumeln ließ. Sie hatten mir lauter Löcher in die Arme gestochen. Ich zog die Nadeln heraus, die sie darin stecken gelassen hatten, und warf sie neben mich. Nicht weniger als vier Labortechniker hatten versucht, Blut aus mir herauszubekommen, was natürlich nicht funktioniert hatte, denn es gab ja keins. Nie wieder würde ich mich tot stellen. Nie wieder!
    Ich hielt die Enden meines zerrissenen T-Shirts zusammen und rutschte von der Bahre. Meine nackten Füße landeten auf den kalten Fliesen. Ich sah hinunter und fluchte abermals. War das denn die Möglichkeit? Da hing doch tatsächlich ein Schildchen an meinem Zeh. Wann hatten sie mir das denn verpasst? Wahrscheinlich war deswegen auch meine Strumpfhose so zerrissen.
    »Wo sind meine

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