Der Todschlaeger
wie
Lappen, die dort oben trockneten, vom
jahrelang angesammelten Dreck schwer
geworden. Rings um die Mauern, auf
Gestellen, an Nägel gehängt oder in die
finsteren Winkel geworfen, war ein Wirrwarr
von altem Eisenzeug, von verbeulten
Gerätschaften, riesigen Werkzeugen verstreut,
brachte gebrochene, glanzlose und harte
Umrisse hinein. Und die weiße Flamme stieg
immer noch empor, strahlend, den gestampften
Erdboden mit sengender Sonne erhellend, auf
dem der blanke Stahl von vier in ihre Klötze
eingerammten Ambossen einen silbernen, mit
goldenen Flimmern durchsetzten Widerschein
annahm.
Da erkannte Gervaise Goujet vor der
Schmiede an seinem schönen gelben Bart.
Etienne zog den Blasebalg. Es standen noch
zwei Arbeiter dort. Sie sah nur Goujet, trat
vor, stellte sich vor ihn hin.
»Sieh an, Madame Gervaise!« rief er mit
strahlendem Gesicht. »Was für eine nette
Überraschung!« Aber da die Kumpels
komische Gesichter machten, fuhr er fort,
während er Etienne auf seine Mutter zuschob:
»Sie kommen den Kleinen besuchen ... Er ist
brav, er fängt an, kräftig zuzupacken.«
»O je«, sagte sie, »bequem ist's nicht,
hierherzugelangen ... Ich glaubte schon, ich
bin am Ende der Welt ...« Und sie erzählte von
ihrer Wanderung. Darauf fragte sie, warum
man Etiennes Namen in der Werkstatt nicht
kenne.
Goujet lachte; er erklärte ihr, daß jedermann
den Kleinen Zouzou nenne, weil er
kurzgeschorenes Haar habe wie ein Zuave.
Während sie sich miteinander unterhielten, zog
Etienne nicht mehr den Blasebalg, die Flamme
der Schmiede sank zusammen, eine rosige
Helligkeit erstarb inmitten des wieder schwarz
gewordenen Schuppens.
Gerührt betrachtete der Schmied die lächelnde
junge Frau, die in diesem Lichtschein ganz
frisch aussah. Dann, als beide, von der
Finsternis ertränkt, nichts mehr zueinander
sagten, schien er sich zu besinnen, er brach das
Schweigen:
»Sie erlauben, Madame Gervaise, ich habe
noch etwas fertigzumachen. Sie bleiben hier,
nicht wahr? Sie stören niemand.«
Sie blieb. Etienne hatte sich von neuem an den
Blasebalg gehängt. Die Schmiede flammte
funkensprühend auf, zumal der Kleine, um
seiner Mutter zu zeigen, wie kräftig er
zupackte, einen gewaltigen Sturmesatem
entfesselte. Goujet, der stehend auf eine heiß
werdende Eisenstange aufpaßte, wartete mit
der Zange in der Hand. Die starke Helligkeit
beleuchtete ihn grell, ohne jeden Schatten.
Sein Hemd, dessen Ärmel hochgekrempelt
waren und das am Hals offenstand, entblößte
seine nackten Arme, seine nackte Brust, eine
rosige Mädchenhaut, auf der sich blonde
Haare kräuselten. Und mit dem etwas niedrig
zwischen den starken, vor Muskeln beuligen
Schultern sitzenden Kopf und dem
aufmerksamen Gesicht mit den ohne jedes
Blinzeln starr auf die Flamme gerichteten
blassen Augen glich er einem ruhenden, in
seiner Kraft unangefochtenen Koloß. Als die
Stange weißglühend war, faßte er sie mit der
Zange und durchtrennte sie auf einem Amboß
mit dem Hammer in gleichmäßige Stücke, als
bräche er mit leichten Schlägen Glasstückchen
ab. Dann legte er die Stücke wieder ins Feuer,
aus dem er sie eines nach dem anderen wieder
herausnahm, um sie zu formen. Er schmiedete
Sechskantniete. Er steckte die Enden in ein
Gesenk, quetschte das Eisen breit, das den
Kopf bildete, plattete die sechs Kanten ab,
warf die fertigen, noch rotglühenden Niete hin,
deren greller Fleck auf dem schwarzen
Erdboden erlosch; und das alles mit
ununterbrochenem Hämmern, in der rechten
Hand einen fünf pfundigen Hammer
schwingend, mit jedem Schlag ein Einzelteil
vollendend, sein Eisen mit einer solchen
Geschicklichkeit drehend und bearbeitend, daß
er sich dabei unterhalten und die anderen
ansehen konnte. Der Amboß hatte einen
silbernen Glockenklang. Ohne einen
Schweißtropfen, ganz gemächlich schlug
Goujet mit biederer Miene drauflos, ohne sich
anscheinend mehr anzustrengen als an den
Abenden, an denen er zu Hause Bilder
ausschnitt.
»Oh, das sind kleine Niete, zwanzig
Millimeter«, sagte er, um Gervaises Fragen zu
beantworten. »Davon kann man seine
dreihundert am Tage schaffen ... Aber man
braucht Übung, weil der Arm schnell
einrostet ...«
Und als sie ihn fragte, ob das Handgelenk am
Ende des Arbeitstages nicht gefühllos sei,
lachte er gutmütig. Halte sie ihn denn für ein
Fräulein? Sein Handgelenk habe seit fünfzehn
Jahren tolle Sachen mitgemacht; es sei eisern
geworden, so
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