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Der Todschlaeger

Der Todschlaeger

Titel: Der Todschlaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlo von der Birke
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sehr habe es sich mit den
    Werkzeugen rumgekloppt. Im übrigen habe sie
    recht: ein feiner Herr, der nie einen Niet oder
    einen Bolzen geschmiedet habe und der mit
    seinem fünfpfundigen Hammer hätte spielen
    wollen, hätte sich nach zwei Stunden einen
    anständigen Muskelkater geholt. Das sehe
    nach nichts aus, aber das mache einem oft
    handfeste Kerle in ein paar Jahren fertig.
    Unterdessen schlugen auch die anderen
    Arbeiter alle zugleich drauflos. Ihre großen
    Schatten tanzten in der Helligkeit, die roten
    Blitze des aus der Kohlenglut kommenden
    Eisens durchzuckten den schwarzen
    Hintergrund, Funkenspritzer drangen unter den
    Hämmern hervor, strahlten wie Sonnen in
    Höhe der Ambosse. Und Gervaise fühlte, wie
    sie vom Schwung der Schmiede erfaßt wurde,
    sie war froh und ging nicht fort. Sie machte
    einen weiten Umweg, um an Etienne
    heranzukommen, ohne Gefahr zu laufen, sich
    die Hände zu verbrennen, als sie den
    schmutzigen und bärtigen Arbeiter eintreten
    sah, den sie auf dem Hof angesprochen hatte.
    »Na, haben Sie gefunden, Madame?« sagte er
    mit der Miene eines versoffenen Spaßvogels.
    »Weißt du, Goldmaul, ich war es nämlich, der
    Madame auf dich verwiesen hat ...«
    Er hieß Salzschnabel, genannt Trinkohndurst,
    ein prima Bursche, ein Bolzenschmied, der
    den Bogen raus hatte und der sein Eisen
    täglich mit einem Liter Darmreißer begoß. Er
    war ein Schnäpschen trinken gegangen, weil er
    fühlte, daß er nicht mehr genügend geschmiert
    war, um bis sechs Uhr zu warten. Als er
    erfuhr, daß Zouzou Etienne heiße, fand er das
    zu komisch; und er lachte, wobei er seine
    schwarzen Zähne zeigte. Dann erkannte er
    Gervaise. Erst am Tage vorher habe er mit
    Coupeau noch einen Schoppen Wein
    getrunken. Man könne mit Coupeau von
    Salzschnabel, genannt Trinkohndurst,
    sprechen, er würde sofort sagen: »Das ist ein
    dufter Kerl!« Ach, dieser Schafskopf, der
    Coupeau! Er sei sehr anständig, er gebe Lagen
    öfter aus, als er dran sei.
    »Es freut mich, zu erfahren, daß Sie seine Frau
    sind«, sagte er immer wieder. »Er verdient es,
    eine schöne Frau zu haben ... Nicht wahr,
    Goldmaul, Madame ist doch eine schöne
    Frau?« Er zeigte sich als Schwerenöter,
    drängte sich an die Wäscherin heran, die ihren
    Korb wieder aufnahm und ihn vor sich hin
    hielt, um sich den Mann vom Leibe zu halten.
    Als Goujet begriff, daß der Kumpel sich über
    seine gute Freundschaft zu Gervaise lustig
    machte, rief er ihm verärgert zu:
    »Hör mal, du Faulpelz! Zu wann sollen die
    vierzig Millimeter sein? – Gehst du jetzt ran,
    wo du bis obenhin voll bist, du verdammter
    Saufsack?«
    Der Schmied wollte von einem Auftrag für
    große Bolzen sprechen, die zwei Zuschläger
    am Amboß erforderten.
    »Sofort, wenn du willst, du großes Baby!«
    antwortete

    Salzschnabel,

    genannt
    Trinkohndurst. »So was lutscht noch am
    Daumen und spielt den Mann! Und wenn du
    noch so stark bist, da habe ich schon andere
    fertiggemacht!«
    »Ja, ganz recht, sofort. Komm her, und wir
    beide allein!«
    »Machen wir, du Schlauberger!«
    Sie forderten einander heraus, durch Gervaises
    Gegenwart entflammt. Goujet legte die
    vorgeschnittenen Eisenstücke ins Feuer; dann
    befestigte er auf einem Amboß ein
    großkalibriges Gesenk. Sein Kumpel hatte
    zwei an der Wand stehende zwanzigpfündige
    Zuschlaghämmer ergriffen, die beiden großen
    Schwestern der Werkstatt, die die Arbeiter
    Fifine und Dédèle nannten. Und er prahlte
    weiter, er sprach von einem halben Gros Niete,
    die er für den Leuchtturm von Dünkirchen
    geschmiedet schmiedet habe, Schmuckstücke,
    Sächelchen, die man in einem Museum hätte
    aufstellen können, so prima seien sie
    gearbeitet gewesen. Nein, zum Teufel! Er
    fürchte keine Konkurrenz; ehe man so einen
    tollen Kerl wie ihn finde, könne man alle
    Buden in der Hauptstadt durchkrempeln.
    Gleich werde man lachen, gleich werde man
    sehen, was es dann zu sehen gäbe.
    »Madame wird den Schiedsrichter machen«,
    sagte er, sich zu der jungen Frau umdrehend.
    »Genug geredet!« rief Goujet. »Feste, Zouzou!
    Es wird ja nicht heiß, mein Junge.«
    Aber Salzschnabel, genannt Trinkohndurst,
    fragte noch:
    »Also, wir schlagen zusammen?«
    »Keineswegs! Jeder seinen Bolzen, mein
    Bester!«
    Der Vorschlag war wie eine kalte Dusche, und
    auf einmal blieb dem Kumpel trotz seiner
    Schandschnauze die Spucke weg. Vierzig
    Millimeter starke Bolzen von einem einzigen
    Mann hergestellt – das war noch nie
    dagewesen; zumal es

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