Der Todschlaeger
kurzes Haar, das
sich auf der niedrigen Stirn kräuselte, und sein
schöner gelber Bart mit den herabhängenden
Locken entbrannten und erhellten ihm das
ganze Gesicht mit ihren Goldfäden, ein wahres
Goldgesicht, ungelogen. Dazu ein Hals gleich
einer Säule, weiß wie ein Kinderhals; eine
gewaltige Brust, breit genug, um eine Frau
quer darauf zu betten; gemeißelte Schultern
und Arme, die denen eines Riesen in einem
Museum nachgebildet zu sein schienen. Wenn
er ausholte, sah man seine Muskeln schwellen,
unter der Haut rollende und hart werdende
Fleischgebirge; seine Schultern, Brust und
Hals blähten sich; es ward Licht rings um ihn,
er wurde schön, allmächtig wie ein Herrgott.
Zwanzigmal hatte er Fifine bereits
niedersausen lassen, die Augen auf das Eisen
gerichtet, bei jedem Schlag Atem holend, und
hatte nur an seinen Schläfen zwei große
Schweißtropfen, die herabrannen. Er zählte:
einundzwanzig,
zweiundzwanzig,
dreiundzwanzig. Fifine fuhr gelassen fort, sich
wie eine große Dame zu verneigen.
»So ein Angeber!« murmelte Salzschnabel,
genannt Trinkohndurst.
Und Gervaise, die Goldmaul gegenüberstand,
schaute mit gerührtem Lächeln zu. Mein Gott,
was waren die Männer doch dumm! Schlugen
denn diese beiden da nicht bloß deswegen auf
ihre Bolzen ein, um ihr den Hof zu machen?
Oh, sie begriff sehr wohl, sie stritten sich mit
Hammerschlägen um sie; sie waren wie zwei
große, rote Hähne, die vor einer kleinen
weißen Henne den starken Kerl spielen. Auf
was für Einfälle man kommen kann, nicht
wahr! Das Herz wählt doch manchmal eine
kuriose Art und Weise, sich kundzutun. Ja, ihr
galt dieses Donnern Dédèles und Fifines auf
den Amboß, ihr galt dieses ganze breit
gequetschte Eisen; ihr galt diese in Betrieb
befindliche, von einer Feuersbrunst
flammende, von einem Sprühen greller Funken
erfüllte Schmiede. Dort schmiedeten sie ihr
eine Liebe, sie stritten sich um sie, wer am
besten schmiede. Und wirklich, im Grunde
bereitete ihr das Vergnügen, denn schließlich
lieben Frauen Komplimente. Besonders
Goldmauls Hammerschläge hallten in ihrem
Herzen wider; sie erklangen dort wie auf dem
Amboß, eine helle Musik, die das heftige
Pulsen ihres Blutes begleitete. Das mutet wie
eine Torheit an, aber sie fühlte, daß das etwas
da in sie einrammte, etwas Festes, ein wenig
vom Eisen des Bolzens. Ehe sie
hereingekommen war, hatte sie in der
Dämmerung auf den feuchten Bürgersteigen
ein unbestimmtes Verlangen verspürt, ein
Bedürfnis, einen guten Bissen zu essen; jetzt
war sie befriedigt, als hätten Goldmauls
Hammerschläge sie gespeist. Oh, sie zweifelte
nicht an seinem Sieg. Ihm würde sie gehören.
Salzschnabel, genannt Trinkohndurst, war zu
häßlich in seiner dreckigen blauen Leinenhose
und seiner dreckigen Arbeitsjacke, sah beim
Herumhüpfen aus wie ein entsprungener Affe.
Und sie wartete, hochrot und doch glücklich
über die starke Hitze, und empfand Genuß
dabei, von Kopf bis Fuß vom letzten Wuchten
Fifines durchgerüttelt zu werden. Goujet zählte
immer noch.
»Und achtundzwanzig!« rief er schließlich und
stellte den Hammer auf die Erde. »Fertig, ihr
könnt nachsehen.«
Der Kopf des Bolzens war blank, glatt, ohne
jeden Abgrat, eine wahre Schmuckarbeit, rund
wie eine in der Gußform hergestellte Kugel.
Mit dem Kinn wackelnd, betrachteten ihn die
Arbeiter; es war nichts daran auszusetzen, es
war geradezu, um davor niederzuknien.
Salzschnabel, genannt Trinkohndurst,
versuchte zwar Witze zu machen, aber er
faselte, er kehrte schließlich mit kraus
gezogener Nase an seinen Amboß zurück.
Inzwischen hatte sich Gervaise dicht an Goujet
herangedrängt, wie um besser zu sehen.
Etienne hatte den Blasebalg losgelassen, die
Schmiede füllte sich abermals mit Dunkel, mit
dem Untergang eines roten Gestirns, das auf
einen Schlag in tiefe Nacht versank. Und der
Schmied und die Wäscherin empfanden eine
Süße, als sie fühlten, wie diese Nacht sie
einhüllte in diesem vor Ruß und Feilspänen
schwarzen Schuppen, in dem Gerüche alten
Eisens aufstiegen; sie hätten sich im Bois de
Vincennes51 nicht einsamer geglaubt, wenn
sie sich auf dem Grunde einer Grasmulde ein
Stelldichein gegeben hätten.
Er nahm sie bei der Hand, als habe er sie
erobert.
Draußen wechselten sie dann kein Wort. Es
fiel ihm nichts ein; er sagte lediglich, daß sie
Etienne hätte mitnehmen können, wenn nicht
noch eine halbe Stunde zu arbeiten
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