Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Törichte Engel

Der Törichte Engel

Titel: Der Törichte Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
Vom Netzwerk:
er Molly durch den Wald zur Straße hin. Sie tänzelte rückwärts, parierte ein paar Schläge, wich anderen aus, trat hinter Bäume, wirbelte nasse Kiefernnadeln auf. Sie konnte ihren leuchtenden Angreifer gut sehen, dessen Schwert inzwischen glühte, aber um sie herum war es so finster, dass sie sich nur nach Gefühl und Erinnerung bewegen konnte. Als sie einen seiner Hiebe abwehrte, blieb sie mit der Ferse an einer Wurzel hängen und verlor das Gleichgewicht. Schon drohte sie rückwärts zu fallen und kreiselte herum, als wollte sie sich fangen. Raziel kam mit Schwung nach vorn, schwang sein Schwert nach einem Ziel, das eben noch einen halben Meter höher gewesen war, und lief schnurstracks in Mollys Klinge. Vornübergebeugt kauerte sie da, hatte ihr Schwert am Brustkorb vorbeigeschoben, so dass es nun durch Raziel hindurchging und gut einen halben Meter aus seinem Rücken ragte. Einen Moment waren sie wie erstarrt – er über ihren Rücken gebeugt, durch ihr Schwert vereint –, wie zwei Hunde, die man mit einem Eimer Wasser trennen sollte.
    Noch in der Hocke riss Molly die Klinge heraus, drehte sich um, bereit für den Gnadenstoß, der ihren Feind vom Schlüsselbein his zur Hüfte spalten würde.
    »Autsch«, sagte Raziel mit einem Blick auf das Loch in seinem Solarplexus. Er warf sein Schwert zu Boden und drückte mit den Fingern an der Wunde herum. »Autsch«, sagte er noch einmal und sah zu Molly auf. »Mit so einem Schwert sticht man nicht zu. Man darf mit so einem Schwert nicht zustechen. Das ist unfair.«
    »Du müsstest jetzt eigentlich sterben«, sagte Molly.
    »Mh-mh«, machte Raziel.
    »Du kannst zum Tod nicht mh-mh sagen. Das ist ein ganz laues Argument.«
    »Du hast mich mit deinem Schwert durchbohrt und meinen Mantel kaputtgemacht.« Er hielt den lädierten Ärmel hoch.
    »Na ja, du bist hier mitten in der Nacht rumgeschlichen und hast in mein Fenster geguckt. Und dann hast du dein Schwert gezückt.«
    »Ich wollte es dir zeigen. Es gefällt mir nicht mal. Für meine nächste Mission will ich ein Netz wie Spiderman.«
    »Mission? Was für eine Mission? Hat Nigoth dich geschickt? Er ist übrigens nicht mehr meine höhere Macht. Auf solche Hilfe kann ich verzichten.«
    »Fürchte dich nicht«, sagte Raziel. »Denn ich bin ein Bote Gottes, gekommen, um euch zu Christi Geburt ein Wunder zu bringen.«
    »Du bist was? «
    »Fürchte dich nicht.«
    »Ich fürchte mich nicht, du Penner. Hab ich dir nicht gerade in den Arsch getreten? Willst du mir erzählen, du bist ein Engel?«
    »Gekommen, um dem Kind die Freude der Weihnacht zu bringen.«
    »Du bist ein Weihnachtsengel?«
    »Siehe, ich verkündige euch große Freude, wie sie allen Menschen widerfahren soll. Tja, also, eigentlich nicht. Diesmal soll sie nur einem kleinen Jungen zuteil werden, aber ich hab die Ansprache auswendig gelernt.«
    Molly ließ die Klinge sinken, bis die Spitze ihres Schwertes auf den Boden deutete. »Und das leuchtende Zeug, das an dir klebt?«
    »Die Pracht und Herrlichkeit Gottes«, erwiderte der Engel.
    »Ach du Scheiße«, sagte Molly. Sie schlug sich an die Stirn. »Und ich hab dich getötet.«
    »Mh-mh.«
    »Fang nicht wieder mit deinem mh-mh an. Soll ich einen Krankenwagen oder einen Priester oder so was rufen?«
    »Es heilt schon.« Er hielt seinen Unterarm hoch, und Molly sah, wie sich schwach leuchtende Haut über die Wunde zog.
    »Was zum Teufel machst du hier?«
    »Ich habe eine Mission zu erfüllen …«
    »Doch nicht hier auf der Erde … bei mir zu Hause.«
    »Irre ziehen uns magisch an.«
    Mollys erster Impuls war es, ihn zu köpfen, aber wenn man es recht bedachte, stand sie tatsächlich mitten in einem Kiefernwald, in Sturm und eisigem Regen, nackt, mit einem Schwert in der Hand, und unterhielt sich mit einem Engel, der gerade die Ankunft Christi auf Erden verkündete. Sie war irre.
    »Willst du mit reinkommen?«, fragte sie.
    »Hast du heiße Schokolade?«
    »Mit Minimarshmallows«, sagte das Warrior Babe.
    »Gesegnet seien Minimarshmallows«, erwiderte der Engel und schwankte, als müsste er gleich in Ohnmacht fallen.
    »Dann komm«, sagte Molly und ging, wobei sie murmelte: »Ich fass es nicht! Ich habe einen Weihnachtsengel gekillt.«
    » Jep, das Ding hast du echt vermasselt « , sagte der Erzähler.
    »Mh-mh«, sagte der Engel.
     
    »Schiebt das Klavier vor die Tür!«, schrie Theo.
    Die Riegel am Eingang waren komplett weggesplittert, und der Buffettisch bog sich unter den Schlägen dessen, was die

Weitere Kostenlose Bücher