Der tolle Nick
daß eine weitere Prüfung zufriedenstellend bestanden worden war.
Bald darauf bat der Chevalier, etwas Bewegung machen zu dürfen. Don Cristobal mußte zugeben, daß dieser Wunsch verständlich war, und traf Vorkehrungen, seinem Gefangenen die Bitte zu erfüllen. Von nun an durfte Beauvallet jeden Tag eine Stunde lang im Hof Spazierengehen, allerdings in Begleitung zweier Wachen.
Sir Nicholas wollte damit natürlich mehr erzielen, als nur Bewegung zu machen. Er war in finsterer Nacht in die Kaserne gebracht worden und hatte bisher keine Möglichkeit gehabt, sich mit seiner Umgebung vertraut zu machen. Bei seinen Spaziergängen im Hof konnte er die Anlage des Gebäudes kennenlernen; das war für einen Mann, der unermüdlich darüber nachdachte, wie er entfliehen konnte, von größter Bedeutung.
Ein Blick aus dem Fenster hatte ihm gezeigt, daß sich der Raum, in dem er festgehalten wurde, im ersten Stock des Gebäudes befand. Sein Fenster blickte auf eine ruhige Gasse und eine fensterlose Mauer. Hier war nichts zu gewinnen. Auch wenn die Eisenstäbe vor seinem Fenster schwach genug gewesen wären, um sie herausziehen zu können, lag der Raum doch zu hoch über dem Boden, um einen Sprung zu wagen. Auf diesem Weg war an eine Flucht nicht zu denken.
Als die Wachen kamen, um ihn in den Hof zu begleiten, sah er, daß man von seinem Zimmer auf einen Steingang oder eine Art Arkadenhof mit hohen, offenen Bögen gelangte, von dem man in den gepflasterten Hof hinuntersah. Die Kaserne war offenbar im Viereck angeordnet, und soweit Beauvallet erkennen konnte, verlief dieser Gang rund um den Hof. Von ihm aus führten Türen zu verschiedenen Räumen. Sobald er sein Zimmer verlassen hatte, stellte er mit raschen Blicken fest, daß linker Hand in der Ecke des Ganges eine steinerne Wendeltreppe begann, dort, wo der Gang die Südseite der Kaserne entlang verlief.
Die Wachen geleiteten Beauvallet von dieser Treppe weg und führten ihn den langen Gang entlang bis an das andere Ende und um die Ecke auf die Nordseite. Sir Nicholas schätzte die Länge des Ganges auf etwa fünfundzwanzig bis dreißig Meter. An der Nordseite führten breite Stufen, offenbar die Haupttreppe des Gebäudes, von der Einfahrt zu den Unterkünften der Soldaten.
Sie gingen diese Treppe hinunter, und Sir Nicholas befand sich nun in einem offenen Hof, auf den die Sonne herniederbrannte. Im Norden führte ein von Wachen flankiertes Tor auf die Straße. Auf der einen Seite dieses Tores befand sich die Treppe, die sie soeben heruntergekommen waren, auf der anderen Seite sah er eine verschlossene Tür.
Sie gingen langsam im Hof umher. Auch im unteren Geschoß befand sich ein Bogengang. Das Gebäude hatte noch ein weiteres Stockwerk, aber in diesem waren die Arkaden nicht offen, sondern hatten Fenster, und zwar auf allen vier Seiten, im Abstand von etwa zwei Metern, und vor jedem Fenster befand sich ein kleiner, halbkreisförmiger Balkon, der typisch für die spanischen Häuser ist. Darüber sah man das flache Dach mit vielen Schornsteinen.
Sir Nicholas setzte seinen Spaziergang zwischen seinen Bewachern fort und plauderte angeregt mit ihnen, wie er es immer tat. Anfänglich hatten sie ihn mit großen, runden Augen überrascht angeblickt, da sie hinter seinem gewinnenden Äußeren einen schrecklichen Piraten zu sehen glaubten, doch hatte dieses Gefühl nicht lange angehalten. Die Wachen waren nun überzeugt, daß der umgängliche Edelmann zu Unrecht eingesperrt worden war. Er machte niemals auch nur die geringsten Anstalten zu einem Fluchtversuch, plauderte fröhlich mit ihnen und war in ihren Augen viel zu sehr ein Adeliger, als daß man ihn für einen englischen Seeräuber gehalten hätte.
Sie waren gern bereit, mit ihm zu sprechen, und beantworteten seine Fragen ohne Argwohn. Er zeigte ein gewisses Interesse an der kastilischen Garde und war überrascht zu hören, wie viele Soldaten in diesem Gebäude untergebracht waren. »Allerdings«, sagte er und blickte sich um, »in diesem Haus könnte man erforderlichenfalls nochmals hundert Mann unterbringen.«
»Auch mehr, Señor, wenn es unbedingt notwendig ist«, erzählte einer der Soldaten. »Da oben«, er deutete auf den zweiten Stock, »gibt es noch zahlreiche Räume, die leerstehen.«
Der andere Soldat war nicht dieser Meinung. »Nicht viel mehr«, sagte er. »Da sind ja schließlich auch noch die Stallungen, und einige Räume dienen als Vorratskammern. Das Gebäude ist in Wirklichkeit gar nicht so groß, wie
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