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Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt

Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt

Titel: Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Stromiedel
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machst gar nichts! Bleib hier im Dorf!«
    »Und was ist mit meinem Großvater? Hast du ihn vergessen?«
    Ira schwieg und setzte sich auf das Bett. Sie sah nachdenklich aus.
    Simon setzte sich neben sie. Seit er wusste, dass sein Großvater in dem Wagen der Dorfbewohner gewesen war, machte er sich große Sorgen um ihn.
    »Und du glaubst wirklich, sie haben ihn in die Stadt gebracht?« Ira blickte auf.
    »Wohin sonst? Hier draußen an der Küste lebt doch sonst niemand.«
    »Aber hast du keine Angst vor Drhan?«
    Simon zuckte mit den Schultern. Natürlich hatte er Angst, aber das würde er vor Ira nicht zugeben.
    Sie schaute ihn stumm an. Simon war das unangenehm, doch er hielt ihren Blick aus und wartete gespannt, was sie sagen würde.
    Endlich nickte sie. »Okay. Ich helfe dir. Aber nicht alleine. Ich sag den anderen Bescheid.« Ohne seine Antwort abzuwarten, nahm sie die Holzschachtel vom Regal und öffnete sie. Simon konnte einen kurzen Blick hineinwerfen: Er sah ein paar verblasste Farbfotos, einen Schlüssel und ein grau angelaufenes Schmuckstück. Obenauf lag ihre Taschenlampe. Sie war klein, mit Leuchtdioden an der Spitze. An der Seite befand sich eine Kurbel, mit der man einen Akku im Inneren aufladen konnte. Ira nahm die Lampe, legte die Sicherungsschlaufe um ihr Handgelenk und schloss die Schachtel wieder.
    »Komm.«
    Sie stopfte die Akkuleuchte in ihre Hosentasche und griff sich die Zwille, dann kletterte sie die Wand unter der Luke hinauf. Sekunden später war sie durch die Öffnung in der Decke des Gewölbes verschwunden.
    Simon folgte ihr. Die ersten Tritte waren noch unsicher, doch als er merkte, dass die Löcher in der Mauer tatsächlich so einfach wie eine Leiter zu benutzen waren, kletterte er fast so schnell hinauf wie Ira. Die Luke war schmal, er brauchte etwas, um seinen Körper hindurchzuzwängen. Endlich stand er im ehemaligen Erdgeschoss des Hauses.
    Der Raum über dem Kellergewölbe wirkte eigenartig intakt, obwohl die Decke fehlte und die Mauern rissig waren. Es gab Fenster und sogar eine Tür. Steinfliesen lagen auf dem Boden, sie glänzten im Licht des Mondes. An der Längswand des Raumes befand sich ein großer offener Kamin. Simon wusste, wo er war: Das hier musste das ehemalige Wohnzimmer des Hauses gewesen sein.
    Nur Ira war nirgendwo zu sehen. Wohin war sie verschwunden?
    Er rüttelte an der Tür, vergeblich, sie bewegte sich nicht. Kurz vermutete Simon, dass Ira den Ausgang benutzt und hinter sich abgeschlossen hatte. Dann sah er die verrosteten Scharniere. Diese Tür hatte seit vielen Jahren niemand mehr geöffnet. Auch durch die Fenster konnte sie nicht geklettert sein, sie waren von innen verriegelt. Er suchte die Wand ab. Es gab keine Trittlöcher, so wie sie Ira in die Wand ihrer Kammer geschlagen hatte.
    Plötzlich hörte er sie leise hinter sich kichern. Simon fuhr herum. Wo war sie? Erneut lachte sie, und diesmal folgte er ihrem Lachen bis zum Kamin, eine große Feuerstelle mit einer wuchtigen Umrandung aus Sandstein. Simon bückte sich unter dem Kaminsims hindurch und sah hinauf in den Schacht. Tatsächlich, Ira war dort oben, sie lugte über den Rand des Schornsteins zu ihm herab und lächelte ihn an. »Brauchst du eine Extraeinladung?«
    Wortlos griff Simon nach der untersten Sprosse der Eisenleiter, die in die Wand des Kaminschachts eingelassen worden war. Die Leiter war alt und rostig, doch die Sprossen waren glatt gerieben, offenbar nutzte Ira diesen Geheimweg öfter. Er kletterte zu ihr hinauf, erreichte das Ende des Schachts und schwang ein Bein über die Kante, sodass er so wie sie rittlings auf dem Rand des Schornsteins saß.
    Beeindruckt sah er sich um.
    Die Ruine, in der Ira mit ihrer Großmutter lebte, war größer und auch höher als die anderen Ruinen des Dorfes, genau wie Iras Haus in seiner Welt. Fast alle Außenmauern des einst prachtvollen Gebäudes standen noch, auch der Schornstein, auf dem sie saßen, war bei dem großen Feuer nicht zerstört worden. Simon konnte über das ganze Dorf blicken, sogar das Meer und die Stadt am anderen Ende der Bucht waren von hier oben zu sehen.
    Der Mond, der hinter einer Wolke verborgen gewesen war, leuchtete auf, und mit ihm erstrahlten die Mauerreste entlang der Gassen des Dorfes. Simon kam es vor, als blicke er auf ein riesiges Labyrinth. Er musste an die Sage vom Minotaurus denken, jenem fürchterlichen Monster, das in einem Irrgarten gefangen gehalten wurde, bis sich Theseus in das Innere des Labyrinths wagte und das

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