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Der Tote am Lido

Der Tote am Lido

Titel: Der Tote am Lido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
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getan, was ich getan habe?«, fragte Lunau.
    »Inwiefern?«
    »Es war ein Kinderspiel, dir zu folgen und so an Joy heranzukommen. Wenn Michael ein Zuhälter ist, dann kennt er Ex und eure Arbeit auf der Straße. Dann weiß er, dass ihr die Mädchen da wegholt. Wieso entführt er Sara? Wieso geht er so ein Risiko ein? Wieso hat er dich nicht einfach beschattet und gewartet, dass du ihn zu Joy führst?«
    »Weil er nicht wartet. Er schlägt einfach los.«
    »Und warum hat er sich dann nicht dich gegriffen? Warum hat er nicht die Informationen aus dir herausgeprügelt?«
    Amanda schwieg. Sie starrte auf das Nadelstreifenmuster des Vordersitzes, mit hängendem Kopf.
    »Bitte«, sagte sie. Sie wandte sich Lunau zu, sah ihm in die Augen und nahm wieder seinen Kopf in ihre Hände. »Bitte, glaub mir, ich wollte das nicht.«
    »Warum hat Michael sich nicht an dir vergriffen? Gib mir eine Erklärung.«
    »Ich hab keine Erklärung.«
    Sie fasste wieder nach seinem Kopf, und er schlug wieder ihre Hände weg.
    »Hör auf damit. Du bringst mich auf der Stelle mit Joy zusammen.«
    »Das geht nicht.«
    »Wieso nicht?«
    »Sie darf dieses Haus nicht verlassen, und du darfst nicht rein.«
    »Dann gehst du jetzt hoch zu ihr und fragst sie, wo Michael sich versteckt haben könnte. Und was Meseret für krumme Dinger gedreht hat.«
    »Was für krumme Dinger?«
    »Weiß ich nicht. Er hatte mehr Geld als alle anderen aus seiner Brigade, obwohl er am wenigsten gearbeitet hat. Ich will eine Erklärung.«
38
    Lunau fuhr zu Michaels Wohnung, hörte im Schnelldurchlauf die Aufnahme ab, er hörte Stimmen auf dem Flur, Türen, die schlugen, Tüten und Koffer, die auf die Fliesen krachten, aber alles fern vom Mikro. Durch Michaels Tür war niemand gegangen, Michael Duhula war nicht dagewesen. Er war auch nicht an der Boxhalle, sein Handysignal war noch immer tot. Joy wusste angeblich auch nicht, wo Michael stecken konnte. Die einzige Hoffnung war Balboni, der versprochen hatte, die Gegend um den Bahnhof abzusuchen, wo Michaels Kumpane wohnen sollten, aber Lunau bezweifelte, dass er besonders intensiv suchen ließ. Vermutlich hatte er eine Fahndung herausgegeben und wartete auf einen Zufallstreffer.
    Lunau dachte wieder an das Grundstück, das Meseretgepachtet und dessen Konzession er zurückgegeben hatte, wenige Tage vor seinem Tod. Warum? Hatte man ihn unter Druck gesetzt? War dieses Grundstück der Grund für seine Ermordung? Aber wenn er auf die Konzession verzichtet hatte, musste das Motiv doch hinfällig geworden sein.
    Lunau gab die Katasternummer aus dem Brief in verschiedene Suchmaschinen im Internet ein, aber zu »X 23/233 b« kamen nur ein Gesetzestext zur Versteuerung von Exportgeschäften in Nicht-EU-Staaten und ein Buchungsservice für das San-Siro-Stadion in Mailand, der meldete, für welche Ligaspiele im entsprechenden Zuschauerblock noch Karten frei waren.
    Lunau machte sich auf den Weg nach Bologna. Eine halbe Stunde lang fuhr er auf der Autobahn Richtung Süden, eine weitere halbe Stunde brauchte er, bis er die unansehnlichen Randbezirke durchquert hatte, eine Stunde, um das Auto loszuwerden und die letzten dreihundert Meter zu gehen.
    Die Verwaltung der Region Emilia-Romagna war in einem Gebäudekomplex im Stadtkern untergebracht. Es gab Umweltbehörden, Ämter, die sich mit Baugenehmigungen, der Gesundheitsversorgung, Wasserwirtschaft, Fördermitteln, Bildungs- und Kulturfragen, mit Straßenbau, Luftsicherheit, Tourismusförderung, Müllentsorgung, Infrastruktur usw. befassten. Ein Labyrinth aus Haupt- und Nebengebäuden, die durch Betonwege, durch verglaste Schleusen und Brücken miteinander verbunden waren. Die Behörde, die den Brief an Meseret geschickt hatte, residierte im drittenStock einer Dependance. Lunau kam an eine Empfangstheke und sagte dem auffällig geschminkten Mädchen, das ihn gelangweilt und provokant ansah, er sei Journalist und recherchiere zur EU-weiten Umsetzung der Bolkestein-Richtlinie. Er müsse Frau Bacilieri wegen einer Pachtkonzession sprechen. Das Mädchen telefonierte drei Mal, wobei es gleichzeitig mit seinem pinkfarbenen Smartphone eine SMS schrieb, eine empfing und die empfangene wieder beantwortete. Nach dem letzten Telefonat legte sie auf und schüttelte den Kopf.
    »Frau Bacilieri ist für den Publikumsverkehr nicht zuständig. Sie können Ihr Anliegen schriftlich formulieren.«
    »Es geht nur um eine schnelle Auskunft. Es ist dringend.«
    »Dann schicken Sie ein Fax oder eine

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