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Der Tote im Eiskeller

Der Tote im Eiskeller

Titel: Der Tote im Eiskeller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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satt kriegen, das muss ich auch und schaff das ohne   …»
    Weiter kam er nicht. Jakobsen, besorgt um das Wohlbefinden der ‹Herrschaften›, hatte mit einer für seine Statur erstaunlichen Behändigkeit die beiden Streithähne erreicht. Er drückte den Dünnen auf die Bank zurück, hielt Vandenfelde mit der Rechten den Mund zu, quetschte sich zu ihm auf die Bank und legte den linken Arm um seine Schultern. Vandenfelde sackte zusammen wie ein Korsett ohne Fischbein, er schloss die Augen, und als Jakobsenseinen Mund freigab, ließ er den Kopf müde an die breite Brust des Wirts fallen. Der Anblick verblüffte nur neue Gäste, Stammkunden war er längst vertraut.
    «Armer Kerl», murmelte Titus, der den Schlachter schon so lange kannte wie Jakobsen. «Er hat heute Kälber geschlachtet. So junges Vieh bringt er nicht gerne um, da ist er abends immer schlecht gelaunt. Vandenfelde hat einfach den falschen Beruf.»
    «Hat er eben Müllerjohann gesagt?», fragte Helena. «Ist das nicht einer der überfallenen Männer?»
    Titus zuckte die Achseln und Rosina nickte. «Ja», sagte sie, «der letzte, es hat ihn in der vergangenen Nacht erwischt. Weißt du, wer der andere Mann ist, Titus? Der, der für Müllerjohann den Büttel macht.»
    «Den habe ich hier noch nie gesehen. Frag Jakobsen, der kennt seine Gäste.»
    Rosina wischte mit dem letzten Stück Brot den letzen Rest Suppe aus dem Teller und lehnte sich behaglich zurück. Endlich war sie satt. Sie begann sich schläfrig zu fühlen, und ob sie wollte oder nicht, ihre Gedanken wanderten weit fort von Müllerjohann und seinem Büttel zu dem Brief in ihrer Tasche. Sie hätte ihn gerne gleich noch einmal gelesen, doch das würde sie erst tun, wenn sie alleine war. Sie strich verstohlen über ihren Rock, fühlte das steife Papier und das erbrochene Siegel. Klang er wirklich so vertraulich, so liebevoll, wie sie ihn beim ersten raschen Lesen empfunden hatte? Es waren doch nur wenige Zeilen, ebenso rasch geschrieben wie die, die sie bei ihrer Ankunft bekommen hatte. Sie schloss die Augen, sah Magnus’ Gesicht, wie sie es zuletzt vor einem Dreivierteljahr gesehen hatte, und spürte, wie sich der harte Knoten in ihrem Herzen löste. Was zornig und gekränkt gewesen war, wurde weich. Die Angst vor dem Verlust, vor einem törichtenIrrtum, wich der Freude auf das Wiedersehen. Es war ein köstliches Gefühl. Wären da nicht die Stimmen der Männer am Nachbartisch gewesen, wäre ihr der sehnsüchtige kleine Vers von taubenetzten Rosen und schimmerndem Mondlicht, den er ihr mit einem Brief im Mai gesandt hatte, gewiss bis zur letzten Zeile wieder eingefallen.
    Sie hatte die Männer schon gesehen, als sie, kurz bevor Jakobsen endlich mit der Suppe kam, das Gasthaus betraten. Sie waren zu fünft, hatten sich über den Tisch einander zugebeugt, als sei, was sie sprachen, nicht für alle Ohren bestimmt. Aber das war nichts Besonderes, der Lärmpegel stieg mit der Zeit und der Zahl der geleerten Bier- und Branntweinkrüge, wer nüchtern geblieben war, rückte näher, wenn er sein Gegenüber verstehen wollte.
    Bis dahin waren die Laute vom Nebentisch nur eine murmelnde Facette im allgemeinen auf- und abschwellenden Stimmengewirr gewesen, nun wurden sie deutlicher.
    «Was willst du bloß an Land?», sagte einer von ihnen, der nach einem Holländer klang, eindringlich. «Versauern? In der Erde buddeln wie die Maulwürfe? Und wenn wieder das Wasser kommt? Wie schnell das passieren kann, hast du gerade erlebt. Ich sag’s dir nochmal: Ich hab jetzt ein gutes Schiff, nicht so ein altes Ding wie die elende
Fortuna
. Einer wie du ist genau, was wir noch brauchen. Und die Gewinnanteile sind auch besser.»
    Rosina öffnete die Augen. Der Sprecher war ein kräftiger Mann mit wettergegerbtem Gesicht, sein Haar war so rot wie sein üppiger Bart, eine Narbe teilte seine linke Braue wie ein Scheitel. Die muskulösen Schultern steckten in einem reinen weißen Hemd aus festem Leinen.
    Der Mann, der kein Maulwurf sein sollte, wandte ihr den Rücken zu, seine Antwort konnte sie nicht verstehen.
    «Erzähl mir nicht solchen Unsinn, Mann», erwiderte derandere ungeduldig, «wer einmal zur See gefahren ist, muss immer wieder raus.»
    Sie hörte leises Lachen, der zweite Mann lehnte sich zurück und wandte ihr halb sein Profil zu, auch er trug einen Bart, allerdings war er sehr kurz geschoren, und seine Schwärze wirkte gegen das von Wind und Wetter strähnig gebleichte brünette Haar noch härter. Sie kannte

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