Der tote Raumfahrer
Erhitzungsmuster aufweisen, die nicht mit denen von neueren Meteoriteneinschlägen in Einklang zu bringen sind ... Später werde ich Ihnen noch zeigen, was ich damit meine.«
In Gedanken betrachtete Hunt diese neue Information von allen Seiten, während er sich eine Zigarette anzündete und einen Schluck Kaffee trank. Er schmeckte tatsächlich wie Kaffee.
»Und das ist die letzte rätselhafte Sache?«
»Ja, im großen und ganzen. Halt, einen Augenblick – die letzte rätselhafte Sache bis auf eine. Warum hat kein Meteorit aus diesem Schwarm die Erde getroffen? Eine Menge erodierter Überbleibsel irdischer Meteoritenkrater sind identifiziert und datiert worden. Die Computersimulationen der betreffenden Mondkrater zeigen, daß vor fünfzigtausend Jahren der Höhepunkt einer ungewöhnlichen Meteoritenaktivität erreicht war, was aus einer Hochrechnung der Masse abgeleitet worden ist, die damals den Mond getroffen hat. Auf der Erde aber findet sich nicht ein einziger Hinweis auf einen Einschlag, der aus dieser Zeit stammt, selbst wenn man den Verwitterungseffekt der Atmosphäre mit berücksichtigt.«
Hunt und Steinfield verbrachten den Rest dieses Tages und den ganzen nächsten damit, Berechnungen und Forschungsberichte zu sichten, die vor vielen Jahren erarbeitet worden waren. Während der folgenden Nacht schlief Hunt nicht eine Minute, sondern rauchte statt dessen eine Packung Zigaretten und konsumierte etliche Liter Kaffee, während er auf die Wände seines Hotelzimmers starrte und die neuen Informationen zu all jenen Mustern zusammensetzte, die sein Hirn zu ersinnen in der Lage war.
Vor fünfzigtausend Jahren waren die Lunarier auf dem Mond gewesen. Woher sie gekommen waren, spielte im Augenblick keine Rolle – das war ein ganz anderes Problem. Ungefähr zur gleichen Zeit verwüstete ein gewaltiger Meteoritensturm die Oberfläche der erdabgewandten Seite. Hatte dieser Sturm auch die Lunarier auf dem Mond ausgetilgt? Möglich, aber das konnte nicht die geringste Auswirkung auf jene gehabt haben, die auf ihrer Heimatwelt zurückgeblieben waren – welcher Planet das auch immer war. Wenn alle UNWO-Leute auf dem Mond umkamen, dann hatte das dennoch keine bleibende Auswirkung auf die Erde. Was also war mit dem Rest der Lunarier geschehen? Warum waren sie nicht wieder aufgetaucht? War ihnen etwas anderes zugestoßen, etwas mit noch umfassenderen Auswirkungen als das unbekannte Geschehen auf dem Mond? Konnte dieser Faktor den Meteoritensturm verursacht haben? Konnte ein weiterer Faktor das Mondbombardement sowie auch die Auslöschung der Lunarier an anderen Orten verursacht haben? Gab es vielleicht gar keinen Zusammenhang? Unwahrscheinlich.
Dann waren da die Widersprüche, von denen Steinfield gesprochen hatte ... Aus dem Nichts entstand eine absurde Idee, die von Hunt ungeduldig verworfen wurde. Aber als sich die Nacht in die Länge zog, kehrte sie mit zunehmender Eindringlichkeit zurück. Während des Frühstücks entschied er, daß er wissen mußte, was diese Milliarden Tonnen Schutt unter sich verbargen. Es mußte eine Möglichkeit geben, genügend Informationen zu gewinnen, mittels derer man rekonstruieren konnte, wie die Oberfläche unmittelbar vor dem Beginn des Bombardements beschaffen gewesen war. Später am Morgen, wieder in den Labors, fragte er Steinfield danach.
Der schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Wir haben über ein Jahr lang versucht, ein solches Modell zu entwickeln. Zwölf Programmierer haben daran gearbeitet. Es war vergebens. Das Durcheinander dort oben ist einfach zu groß – alles ist umgepflügt. Nur Schutt und immer wieder Schutt.«
»Wie wäre es mit einem Teilmodell?« beharrte Hunt. Gab es irgendeine Möglichkeit, eine Profilkarte zu entwickeln, die die Verteilung von Radioaktivitätsquellen unmittelbar vor dem Bombardement zeigte?
»Wir haben auch das versucht. Bis zu einem gewissen Grad ist eine statistische Erhebung möglich, ja. Aber es gibt keine Möglichkeit zu bestimmen, wo sich jeder einzelne Stein befand, als er bestrahlt wurde. Die Einschläge haben sie kilometerweit davongeschleudert. Viele von ihnen sind durch wiederholte Einschläge immer wieder fortgewirbelt worden. Niemand hat jemals einen Computer konstruiert, der die Bestandteile eines solchen Puzzlespiels zusammensetzen könnte. Sie haben den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik gegen sich. Wenn Sie jemals ein solches Gerät bauen würden, dann wäre es bestimmt kein Computer – sondern ein
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