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Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition)

Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition)

Titel: Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Krohn
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nach, trank sein Glas leer. »Meinst du diesen Pseudoarchitekten? Da war ein Salvatore, der ihn und Fiorilla beraten hat, bevor sie das Haus umgebaut haben. Ich habe ihn bei einer Weinprobe kennengelernt, ein sympathischer Kerl mit einem Hang zu ausgeflippten Ideen wie Umberto. Schon verrückt, das Haus von diesem Dichter, wie heißt er noch«, er schnippte mit dem Finger, »mein Namensvetter, Malimpert…«
    »… Malaparte«, sagte Livia.
    »… richtig, Malaparte, nachbauen zu wollen. Jedenfalls war Umberto davon fasziniert. Das war das Faszinierende an Umberto: daß er sich rückhaltlos begeistern konnte für eine Idee und dann auch alles drangesetzt hat, sie zu verwirklichen. Umberto hat sich nicht abhalten lassen. Von nichts und niemandem. So war es mit dem Weinhandel und mit dem Malaparte-Haus. Und vorher offenbar mit dem Mittelamerika-Handel. Solche Typen gibt’s«, schloß er und zuckte halb bedauernd, halb neidisch die Achseln.
    »Vielleicht ist genau das ihm zum Verhängnis geworden«, überlegte Livia.
    »Denkbar ist es.«
    »Daß er jemandem in die Quere gekommen ist.«
    »Möglich. Aber wobei?«
    »Erinnerst du dich an den Nachnamen dieses Architekten?«
    Er lachte. »So einen ausgefallenen Namen kann man nicht vergessen: Salvatore delle Donne. Der Retter der Frauen, ein herrlicher Name, nicht wahr?«
    »Dann wundert es mich aber, daß Fiorilla uns gegenüber so getan hat, als würde sie ihn nicht kennen«, hatte Livia hinzugefügt, und es wunderte sie jetzt, am Morgen nach einer wunderbaren Nacht, auf der Terrasse mit dem weiten Blick, noch immer. Warum sollte Fiorilla abstreiten, daß sie einen Freund von Umberto gekannt hat? Den Mann, der die Entwürfe für das Haus gemacht hatte, in dem sie jetzt lebte? Hatte sie vielleicht ein Verhältnis mit ihm? Aber weshalb zum Teufel sollte das ein Geheimnis bleiben, wenn alle Welt wußte, daß ihr Mann sie nach Strich und Faden betrogen hatte? War Salvatore doch enger in den Mordfall verwickelt, als Livia und Marlen es gern gesehen hätten? Irgend etwas war faul. Livia war fest entschlossen, der Sache nachzugehen.

27
    Livia war zwar von Natur aus neugierig, wäre jedoch nie auf die Idee gekommen, ohne Erlaubnis fremde Briefe, Schubladen oder Türen zu öffnen. Anders sah es aus, wenn Türen bereits offen standen und noch dazu zum Wohn- und Arbeitszimmer führten, wo Jean am Abend zuvor die Flasche Rotwein aus Umbertos Laden entkorkt hatte – einen 1990er Clos Vongeot Grand Cru. Draußen war es dunkel und drinnen schummerig gewesen. Jetzt hatte Livia Jeans Stimme im Ohr, die ihr etwas von sich-zu-Hause-fühlen zurief, bevor die Tür hinter ihm ins Schloß fiel. Also los, was gab es an Musik, Büchern, Bildern? Standen Blumen auf dem Tisch? Aus welchem Material war das Sofa? Welche Farben bevorzugte er? Lagen zentimeterdick Staubflocken – sicherlich bezahlte Jean eine Putzfrau – oder getragene Socken in der Ecke?
    In den Regalen, die zwei ganze Wände einnahmen, fand Livia vorwiegend französische Titel, ein paar Kunstbände und Ausstellungskataloge, einige Bücher über Neapel, eine Menge französischer Werke und in der untersten Reihe die wichtigsten italienischen Dichter von Dante bis Calvino. Vor und zwischen den Büchern standen Figuren aus verschiedenen Materialien, winzige Buddhas aus Porzellan, geschnitzte afrikanische Trommler, ein Bronzepärchen beim stilisierten Tanz, feine, unspektakuläre Skulpturen, von denen jede eine ganz eigene Ausstrahlung hatte. Livia sah sie sich an, nahm die eine oder andere in die Hand. Jean war offenbar viel gereist – es sei denn, er hatte die Figuren auf Auktionen erstanden. Livia war bei der Musikabteilung angelangt, viel Klassik, der ganze Jacques Brei. Sie zögerte zwischen Tina Turner, Miles Davis und einer ihr unbekannten Gruppe aus Afrika, Youssouf N’Dour, für die sie sich entschied. In dem Schrank in der Ecke befand sich die Hausbar. Auf dem niedrigen Tisch aus Plexiglas – das einzige Stück, das Livia nicht gefiel – lagen diverse Zeitschriften, ein aufgeschlagenes Buch von einem Schriftsteller namens Albert Cossery, der Name sagte Livia nichts. Und an den Wänden? Irgendwelche Bilder? Sie war enttäuscht. Nichts als Schwarzweißfotos. Ein riesiges Doisneau-Poster, ansonsten Abbildungen von Skulpturen. Sie erkannte Auguste Rodin, Camille Claudel, ein Foto, das die Heiligenfiguren auf der Front der Peterskirche von hinten zeigte. Dann sah sie die Statue – und stieß einen Schrei aus.
    Die Statue

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