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Der Tote vom Strand - Roman

Der Tote vom Strand - Roman

Titel: Der Tote vom Strand - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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seiner Tochter eine passende Geschichte zurechtzulegen.
Sechzehn Jahre allein mit seinen Gedanken und, vermutlich, seiner Reue.
    Aber sechzehnhundert wären auch nicht genug, dachte Moreno. Die Zeit heilt viele Wunden, aber nicht die, die das schlechte Gewissen schlägt. Sie dachte an eine Gedichtzeile:
     
    Denn die Rosen der Schande glühen in alle Ewigkeit.
     
    Sie stellte die Ordner zurück in den Schrank. Schaute vorsichtig durch die Tür in Polizeianwärter Vegesacks Zimmer und konnte feststellen, dass der noch immer in seinem Drehsessel saß und schlief. Mit zurückgelegtem Kopf und offenem Mund.
    Sie hatte ein paar Worte mit ihm über sein Gespräch mit Maager im Sidonisheim wechseln wollen, aber sie beschloss, es zu lassen.
    Das war ein absolut menschenfreundlicher Entschluss. Falls er und seine Verlobte auch in der kommenden Nacht nicht schlafen wollten.
    Sie verließ die Wache von Lejnice und ging quer über den Marktplatz zur Konditorei Vlammerick, um für ihren Freund (Verlobten? Typen? Liebhaber?) ein Versöhnungsgeschenk zu erstehen.
    Und zum Teil auch, um ihren prämenstruellen Blutzuckerpegel zu heben.

21
    19. Juli 1999
     
    Der Anruf kam, als sie gerade im Schatten einer Ulme geparkt hatte, und sie meldete sich erst nach kurzem Überlegen.
    »Ich dachte, du wolltest es vielleicht wissen«, sagte Münster.
    Einen Moment lang wusste sie einfach nicht, wovon er redete.
    »Wissen?«
    »Meister Lampe. Die Pädophilenfrage.«
    »Ach?«, sagte Moreno.
    »Ich habe den Journalisten gefunden.«
    Wie ist das möglich?, fragte Ewa Moreno sich. Dass ich diesen Schleimscheißer in den letzten Tagen fast habe verdrängen können?
    »Es gibt also wirklich einen Journalisten?«
    »Sieht so aus«, sagte Münster und klang düsterer, als sie es je gehört zu haben glaubte.
    »Weiter«, bat sie.
    Münster räusperte sich.
    »Ich sitze in der Tinte«, erklärte er. »Diese Geschichte ist leicht verkorkst ... um das mal so zu sagen.«
    »Wieso sitzt du in der Tinte?«
    »Vielleicht nicht gerade in der Tinte, aber lustig ist das nun wirklich nicht. Das mit Lampe-Leermann an sich war kein Problem. Er hat den Namen gegen eine Garantie für einen Platz im Saalsbachgefängnis ausgespuckt. Ich glaube, er hat in zwei anderen Knästen Feinde und fühlt sich bedroht. Auf jeden Fall
hat er mir ohne viel Hin und Her den Namen dieses Reporters genannt.«
    »Warum sagst du nicht, wie er heißt?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Münster.
    »Weißt du nicht, wie er heißt, oder weißt du nicht, warum du seinen Namen nicht verraten willst?«
    »Ich weiß, wie er heißt«, sagte Münster.
    »Hast du mit ihm gesprochen?«
    »Ja.«
    »Und?«
    Plötzlich spürte sie wieder diese Hand, die sich um ihre Kehle legte. Pädophil? Einer von ihren Kollegen? In Gedanken ging sie ihre Namen durch ... Rooth, Jung, de Bries  ... wie eine Art beschwörendes Mantra machte sie weiter ... Krause, Bollmert ...
    »Er gibt zu, dass er Lampe-Leermann gegenüber geplaudert hat«, sagte Münster. »Im Suff, natürlich. Er hat einen Namen für uns, sagt er. Er hat Fotos als Beweis, und er hat zehntausend kassiert, um den Mund zu halten ... mit anderen Worten, genau wie Meister Lampe behauptet hat.«
    »O verdammt«, sagte Moreno.
    »Ganz recht«, sagte Münster. »Und dann gibt es noch eine nette Gemeinheit.«
    »Was denn?«
    »Er will den Namen nur gegen zehntausend ausspucken.«
    »Was? Was zum ...«
    »Hab ich auch gedacht«, sagte Münster. »Anfangs. Aber die Sache hat doch auch eine Art schwarzer Logik. Wenn er zehntausend für sein Schweigen genommen hat, dann wäre es doch unmoralisch, so ganz gratis zu reden, unethisch, wie er das nennt.«
    »Aber für weitere zehntausend ...«
    »... sieht die Sache anders aus. Hast du verstanden, wie die Lage ist?«
    Moreno dachte eine Weile nach.

    »Ja«, sagte sie. »Ich glaube schon. Was für ein Arsch.«
    »Zweifellos«, sagte Münster. »Aber was soll ich jetzt machen? Zu Hiller gehen und ihn um zehntausend Gulden bar auf die Hand bitten?«
    Moreno gab keine Antwort.
    »Wie ist denn das Wetter an der Küste?«, fragte Münster.
    »Wechselhaft. Heute scheint die Sonne. Hast du einen Plan?«
    »Noch nicht«, sagte Münster. »Aber ich muss mir wohl einen ausdenken. Ich wollte dir nur schon mal Bescheid sagen.«
    »Danke«, sagte Moreno.
    Im Hörer wurde es für einige Sekunden still.
    »Es kann nicht ... du glaubst nicht, dass er blufft?«, fragte sie dann. »Dieser verdammte

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