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Der Totenerwecker (German Edition)

Der Totenerwecker (German Edition)

Titel: Der Totenerwecker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wrath James White
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eher wie ein Apartmentkomplex wirkte. Die Ferienwohnungen wurden wochen- und monatsweise vermietet, und hier lebten weitaus mehr Familien und Paare als erwartet. Die meisten von ihnen, vermutete Sarah, mussten ihre Häuser durch Zwangsversteigerungen verloren haben. Als sie die alleinerziehenden Mütter und Väter sah, die Ehepaare mit zwei, drei, vier oder fünf Kindern, zusammengepfercht in diesen kleinen Wohnungen, schwor Sarah sich, ihr Haus niemals aufzugeben.
    Doch nicht nur Familien wohnten hier, sondern auch die unvermeidlichen Prostituierten, Drogendealer, Zocker und Kleinkriminellen, alleinstehende Männer und Frauen auf der Durchreise – stille und verschwiegene Existenzen, denen das Leben in einem Motel besser lag als den Dauergästen. Die Nachbarn machten Sarah nervös, aber auch auf eine voyeuristische Weise neugierig. Sie würde viele Tage damit verbringen, sie durch die Vorhänge zu beobachten. Nie wäre ihr in den Sinn gekommen, dass sie jemals zu dieser Sorte Leute gehören könnte. Sie hatte seit dem College nicht mehr in einem Apartment gewohnt.
    Die Anlage bestand aus zwölf Gebäuden, die durch einen Parkplatz und begrünte Höfe voneinander getrennt waren. Es gab einen eingezäunten Swimmingpool nur ein paar Häuser weiter und ein Sportlerheim mit einem bescheidenen Fitnessstudio, das aus zwei Laufbändern, einem Heimtrainer, einem Crosstrainer und einigen Hanteln bestand.
    Die Gebäude waren lediglich zwei Stockwerke hoch, verputzt und hellbraun mit orangefarbenen Akzenten angestrichen. Wäre nicht das riesige Neonschild am Moteleingang gewesen, hätte es wie ein normaler Apartment- oder Wohnkomplex gewirkt. Sarah saß auf dem Bett und starrte ihre Koffer an. Was in den letzten Tagen passiert war, konnte sie noch immer kaum glauben. Es kam ihr wie gestern vor, dass sie zum Geruch von verbrannten Pfannkuchen und gebratenem Speck aufgewacht war und sich beeilte, ihr Frühstück hinunterzuschlingen, weil sie unbedingt mit ihrem Mann ins Bett wollte. Jetzt war Sex das Letzte, woran sie denken wollte, und sie versteckte sich in einem Motel vor einem sadistischen Psychopathen, der die Macht besaß, Tote wiederzuerwecken. Es war schwer zu glauben und noch schwerer zu akzeptieren. Sie sah Josh an, der neben ihr saß und mit leeren Augen den Fernseher anstarrte. Sie fragte sich, ob er wohl jemals über das hinwegkam, was er auf dem Video gesehen hatte. Oder ob sie selbst darüber hinwegkam.
    Sarah stand auf und zog sich aus. Sie brauchte jetzt eine Dusche. Ihre Muskeln waren müde und verkrampft, ihre Sehnen fühlten sich an wie straff gespannte Sprungfedern. Sarah kam sich schmutzig vor. Noch immer glaubte sie Dales Schweiß und Sperma auf ihrem Körper zu spüren, das Blut im Haar und auf der Haut. Sie wusste, dass sie es sich nur einbildete, aber das änderte nichts daran, dass sie sich besudelt fühlte.
    Als sie nackt vor Josh stand, fragte sie sich, ob sie beide je ihren Sexualtrieb wiederentdeckten. Josh würdigte sie nicht eines Blickes, sondern starrte weiter ins Leere. Noch vor einer Woche wäre Sarah beleidigt gewesen und hätte ihm möglicherweise einen geblasen, um sich zu vergewissern, dass er sie noch sexuell attraktiv fand. Heute war sie erleichtert, dass er kein Interesse zeigte.
    Sarah ging ins Bad und drehte die Dusche auf. Fast sofort kam heißes Wasser. Sie trat unter den Strahl und zog den Vorhang zu, doch dann fielen ihr all die Horrorfilme ein, die sie als Kind gesehen hatte, dazu der ausgesprochen reale Umstand, dass ihr eigener, ganz persönlicher Psychopath hinter ihr her war. Schnell riss sie den Vorhang wieder auf. Wasser spritzte auf die Badezimmerfliesen, als Sarah sich die Erinnerung an das, was man ihr angetan hatte, von der Haut schrubbte. Auch das Duschen mit geschlossenem Vorhang fiel ihr vermutlich noch eine ganze Weile schwer.
    Als sie in Handtücher gehüllt das Bad verließ, saß Josh auf der Bettkante und hielt seine Pistole in der Hand. Die Waffe war gespannt und vermutlich auch geladen. An der Art und Weise, wie er die Pistole ansah, erkannte Sarah, dass sie keine Sekunde zu früh aus der Dusche gekommen war.
    »Josh? Was machst du mit der Pistole? Was hattest du vor, Josh? Wolltest du mich alleinlassen?«
    »Ich halte das nicht aus. Es tut mir leid.« Josh hob die Pistole an den Kopf, und Tränen liefen ihm übers Gesicht.
    »Dass du es ja nicht wagst! Dass du es bloß nicht wagst, Josh! Tu es nicht!«
    Sie streckte die Hände nach der Smith & Wesson aus. Ihr

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