Der Totenerwecker (German Edition)
Sie?«
»Die Wache bekam einen Anruf, dass aus Ihrem Haus Schüsse zu hören sind. Ich will nur nach dem Rechten sehen.«
»Wir sind okay.«
»Ich fürchte, ich muss mich persönlich davon überzeugen. Machen Sie bitte die Tür auf.«
Josh stand neben ihr. Sarah schloss die Tür auf, ließ aber Josh vortreten, um mit dem Polizisten zu sprechen.
»Darf ich reinkommen?«
»Zeigen Sie mir Ihre Marke«, verlangte Josh.
Der Detective reichte sie ihm zusammen mit seinem Dienstausweis. Josh studierte den Ausweis und dann das Gesicht des Mannes. Er nickte und gab ihm beides zurück.
»Harold Malcovich. Sie können mich Harry nennen«, sagte der Detective und streckte die Hand aus.
Josh schüttelte sie. »Ich heiße Josh, und das ist meine Frau Sarah.«
»Darf ich jetzt reinkommen? Es dauert nur einen Moment.«
Josh ging zur Seite, und Sarah trat einen Schritt zurück, damit der Mann eintreten konnte.
»Was können wir für Sie tun?«
»Zunächst einmal: Was waren das für Schüsse?«
»Schuss. Es war nur einer. Ich habe Sarah erschreckt, als sie die Waffe in der Hand hielt.«
»Haben Sie eine Lizenz dafür?«
»Sie ist auf meinen Namen registriert, und ich besitze einen Waffenschein. Warum schickt man einen Detective, um nach dem Rechten zu sehen? Es sollte doch eine Streife in der Nähe sein.«
»Ich war gerade auf dem Weg zu Ihnen, als der Anruf kam. Da ich sowieso schon unterwegs war, habe ich der Zentrale gesagt, dass ich übernehme.«
Joshs Augen verengten sich misstrauisch.
»Sie allein? Und was, wenn es hier wirklich ein Problem gegeben hätte?«
Der Detective hob eine Augenbraue und steckte beide Hände in die Taschen, um seine Hose hochzuziehen.
»Nun, ich mag ja wie Willie Nelson aussehen, aber mit der Kanone macht mir so schnell keiner was vor. Ich komm ganz gut alleine klar.«
Harry zwinkerte Sarah zu und kratzte sein zotteliges Haar. Dann nickte er und deutete auf das Sofa im Wohnzimmer.
»Wollen wir uns nicht setzen? Ich glaube, wir haben eine Menge zu bereden.«
Sarah sah zu Josh und dann zurück zu Harry. Josh zuckte die Schultern, wie er es immer tat, und ging gefolgt von dem Polizisten ins Wohnzimmer. Malcovich knöpfte das Sakko auf und setzte sich neben ihm aufs Sofa. Durch sein Gewicht wurden die Polster so tief eingedrückt, dass Josh fast in seine Richtung kippte. Er rutschte unbehaglich ein Stück zur Seite. Sarah gesellte sich zu ihnen. Noch vor Kurzem hätte sie dieses Bild – wie ihr Mann mit offensichtlichem Unbehagen neben einem langhaarigen Hippie in zerknittertem Anzug auf dem Sofa saß – zum Schreien komisch gefunden. Jetzt war nicht mehr viel von ihrem Humor übrig geblieben.
»Also, was wollen Sie?«
Der Detective sah Sarah für einen unangenehm langen Moment direkt in die Augen. Er senkte den Kopf und rang die Hände. Schließlich fuhr er mit der Zunge über die spröden Lippen und schob sich eine lange Strähne seines grauen Haars hinter das rechte Ohr.
»Ich habe das Video gesehen.«
»Es ist keine Fälschung«, protestierte Sarah, bevor er noch etwas sagen konnte. Die Adern an ihrem Hals und ihrer Stirn traten hervor, und sie ballte die Fäuste.
Der Detective hielt seine Handflächen in die Höhe, als wollte er einen Schlag abwehren.
»Das habe ich auch nicht gesagt. Und ich glaube es auch nicht. Tatsächlich habe ich das, was Ihnen und Ihrem Mann widerfahren ist, schon einmal gesehen. Oder besser gesagt: gehört. Einmal.«
Sarah legte die Finger an die Stirn und schloss die Augen. Sie zitterte. Sie öffnete die Augen wieder und sah Josh an. Sein Mund stand offen, die Pupillen waren vor Überraschung geweitet.
»Sie-Sie-Sie haben so etwas schon gesehen?« Sarah rang um ihre Fassung.
»Wo?«, fragte Josh.
»Nicht auf Video. Ich habe die Tonbandaufzeichnung von einer Frau namens Dorothy Madigan gehört. Sie war davon überzeugt, dass sie Nacht für Nacht von ihrem Arbeitskollegen vergewaltigt und ermordet wurde. Sie hatte entsetzliche Träume, in denen der Bursche, der in ihrem Großraumbüro eine Zelle weiter arbeitete, nachts in ihr Haus einbrach und sie überfiel. In der Nacht, bevor sie die Aussage machte, hatte sie einen Kassettenrekorder unter dem Bett versteckt und alles aufgenommen. Ich hörte sie schreien und betteln und um ihr Leben flehen. Dann hörte ich den Dreckskerl lachen, und das war das furchtbarste Geräusch, das ich je gehört habe. Das Bett quietschte, als er sie vergewaltigte. Sie weinte und betete, und dann hörte ich sie
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