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Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Titel: Der Totenmeister: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Stone
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Prozession ebenjener Käfer bemerkte, die das Haus verließ und sich sehr viel langsamer bewegte. Bei genauerem Hinsehen erkannte er, dass sie winzige Stückchen einer blässlichen Substanz und lebende Maden in den Mandibeln trugen.
    Joe rüttelte am Briefschlitz. Ein Dutzend Schmeißfliegen flog heraus, zusammen mit einer Duftwolke, die so ekelhaft war, dass er würgen musste.
    Max drehte sich um und sah, wie sein Partner von der Tür zurückwich, die Hand auf Mund und Nase gepresst.
    Dann roch er es auch. »Diesmal ist es nicht nur einer«, rief Joe ihm über die Schulter hinweg zu, als er die Stufen hinuntereilte, um Verstärkung zu rufen.
    Sie fanden sechs Leichen.
    Die meisten lagen auf dem Fußboden im Wohnzimmer, verdrehte, deformierte, aufgeblähte Körper, die Haut grau, fast durchsichtig und zum Zerreißen gespannt, dicke Ballonmenschen, die aus ihren Kleidern platzten – Smokings im Falle der Männer und glitzernde Designerkleider bei den Frauen. Sie sahen aus, als drohten sie abzuheben und aus dem Zimmer zu schweben, hoch über das Haus und in den Himmel über Miami.
    Das Zimmer war für eine Party dekoriert. Von Wand zu Wand eine Girlande in Gold und Rot mit dem Schriftzug: »Félicitations, Preval!« In den vier Ecken des Zimmers Trauben von Luftballons, die in der üblen Hitze und der giftigen Luft geschrumpelt und runzelig geworden waren. Einige Möbel – mehrere Sessel, ein Sofa, ein Couchtisch aus schwarzem Granit – waren in den Flur geschoben worden. Sie hatten tanzen wollen nach dem Essen.
    Sie waren zu den Klängen einer Schallplatte der Swingin’ Steel Band mit dem Titel The Joys of Martinique erschossen worden. Sie lief noch immer sozusagen, weil die Nadel in der letzten Rille festhing und die Platte sich ein klein wenig verzogen hatte, weshalb der nach unten gebogene Rand am Plattenteller schrappte und ein Geräusch von sich gab wie ein feuchtes Papierkügelchen auf einer Kochplatte: TACK! – pffsssttt … TACK! – pffsssttt … TACK! – pffsssttt – ein schiefes Metronom, das die Szene untermalte.
    Max und Joe trugen Plastiküberzieher über den Schuhen, Gummihandschuhe an den Händen, Haarnetze auf dem Kopf und mentholgetränkte Chirurgenmasken über Mund und Nase. Das Fenster war noch nicht geöffnet worden, weil eine Frau von der Spurensicherung es gerade auf Fingerabdrücke untersuchte. Unter dem schwarzen Pulver, mit dem sie die Scheibe einpinselte, waren bereits viele sichtbar geworden.
    Max nahm eine leere Patronenhülse aus ihrem mit Kreide gemalten und mit einem Schildchen nummerierten Kreis auf dem Fußboden und verglich sie mit einer Großaufnahme der Hülsen, die am Martin/Morales-Tatort gefunden worden waren. Die gleichen Schussspuren am Boden.
    »Sechs Leichen. Zwölf Schuss, mindestens«, sagte Max und hielt einen durchsichtigen Beweismittelbeutel mit einem Splitter der Patronenhülse in die Höhe, die aus der Fensterbank gezogen worden war. Genau wie bei seinen vorherigen Morden hatte Preval auch bei seiner Familie Hohlspitzgeschosse verwendet – Projektile mit ausgehöhlter Spitze, die beim Aufprall aufpilzt und so maximalen Schaden anrichtet. Damals auf Streife hatte Max einen Kollegen gekannt, dem mit einem Hohlspitzgeschoss in die Kniescheibe geschossen worden war. Die Kugel hatte den Unterschenkel sauber abgetrennt. »Irgendwer muss doch was gehört haben.«
    »Die Häuser stehen zu weit auseinander.«
    »Er hat seine ganze Familie umgebracht, Joe. Mit einer Achtunddreißiger. Das macht ziemlich viel Lärm.«
    »Aber es war schon spät. Wahrscheinlich haben alle schon geschlafen. Keine Ahnung, wie das bei dir ist, aber wenn ich schlafe, schlafe ich. Ich bin Lazarus. Nur Jesus höchstpersönlich könnte mich aufwecken.« Durch das Fenster verfolgte Joe das Geschehen auf der Auffahrt: Sanitäter mit Bahren, uniformierte Polizisten, die ein Fernsehteam auf Abstand hielten, neugierige Nachbarn.
    »Und der Wachmann? Wofür kriegt der sein Geld?«
    »Damit die Bösewichte draußen bleiben«, sagte Joe.
    Lacour war ebenso systematisch wie kaltblütig vorgegangen. Er hatte seine Familie gegen den Uhrzeigersinn getötet, angefangen bei der alten Dame in dem schwarzgrünen Kleid zu seiner Linken. Sie hatte am Kopfende des Tisches gesessen, der Tür am nächsten. Er hatte ihr zwei Kugeln in die Stirn gejagt, eine aus größerer Entfernung, die zweite von Nahem, der Lauf musste die Haut fast berührt haben. Dann hatte er sich seinen zwei Söhnen im Teenageralter zugewandt,

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