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Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Titel: Der Totenmeister: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Stone
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überzeugend imitieren konnte: Jimmy Carters Georgia-Slang.
    »Striker?«
    »Ja«, antwortete der gähnend. »Wer ist da?«
    »Spielt keine Rolle. Ich hab Neuigkeiten für Sie. Dean Waychek, der Typ, der den kleinen Billy Ray umgebracht hat – wollen Sie wissen, wo der zu finden ist?«
    Max wartete die Antwort nicht ab. Er sagte es ihm.
    Max war Swan nur einmal begegnet, sehr kurz, vor dem Polizeirevier, an dem Tag, an dem Waychek entlassen worden war. Max hatte sich bei ihm entschuldigt. Striker – knapp einen Meter neunzig Proll, Tattoos und Sommersprossen – hatte mit einem winzigen Nicken und einem noch winzigeren Lächeln geantwortet, als wollte er sagen: »Du bist ein Bulle und deshalb ein Schwein, aber du bist in Ordnung.«
    Jetzt am Telefon sagte Striker kein Wort. Er antwortete nicht einmal, als Max fragte, ob er den Namen des Motels verstanden habe.
    Aber Max zweifelte nicht daran.
    Er legte auf und stieg wieder in den Wagen.
    Als er losfuhr, dachte er an Dean Waychek, an seine Selbstgefälligkeit im Verhörraum, wie sicher er gewesen war, dass er davonkommen würde.
    »Adios , Arschloch«, sagte Max.

8
     
    Carmine hätte niemals irgendjemandem davon erzählt, aber er fürchtete sich vor Donner. Es war keine richtige, ausgewachsene Phobie, aber sobald es am Himmel zu grollen begann, beschlich ihn dieses Gefühl echter drohender Gefahr, als wäre irgendetwas in seinem Leben dabei, gehörig schiefzulaufen. Er musste sich dann Schutz suchen, ein Gebäude finden, in dem er unterkommen konnte, bis es vorbei war. Auf gar keinen Fall wollte er, dass die Leute ihn so sahen – vor allem nicht seine Karten, die aktuellen so wenig wie die zukünftigen. Und unter gar keinen Umständen durfte irgendjemand von dem Zucken in seiner linken Wange erfahren, das so heftig war, dass es ihm praktisch das Gesicht bis halb zur Schädeldecke hochriss, wobei das Auge zuging und die Lippe hoch, sodass alle Welt seine Zähne sehen konnte. Es war wieder im Anmarsch, während er durch die Wände des Badezimmers dem Gewitter draußen lauschte, das sogar das Wasser übertönte, das in die Wanne rauschte. Er ohrfeigte sich, damit es aufhörte. Wie immer tat es das nicht.
    Er schaute sich in dem geräumigen Badezimmer um: makellos weiße Fliesen auf dem Boden und an den Wänden, das große Waschbecken, Bidet, Toilette, die tiefe Badewanne und die Duschkabine, alles glänzte und blitzte, alle Armaturen, einschließlich der Rohre, waren vergoldet. Neben der Tür eine weiße Waage und ein Spiegel. Das Highlight jedoch war das türkisfarbene Aquarium, das fast die gesamte Länge und die halbe Höhe der Wand gegenüber der Badewanne einnahm. Es beherbergte zahllose wunderschöne Fische, die über den verschiedenen Ebenen im Becken ruhig oder mit Schlangenbewegungen dahinglitten oder einfach im Wasser schwebten, einige so dicht unter der Oberfläche, dass man sie hätte fangen können, andere okkupierten die Mitte und posierten mit ihren bunten Farben, wieder andere mieden das Rampenlicht und versteckten sich zwischen den Steinen und Pflanzen am Boden. Das, befand Carmine, waren die Intriganten und die Profiteure, die Verschwörer und Strategen, mit denen er sich am besten identifizieren konnte. Manchmal, wenn es im Badezimmer dunkel war und Licht, Schatten und Strömung im Aquarium so zusammenkamen, dass ein Effekt wie ein sanftes Wogen entstand, das von einem Ende des Beckens zum anderen und wieder zurück lief, sah das Aquarium aus wie ein magischer, juwelengeschmückter Wandteppich, der frei in der Luft schwebte.
    Als er noch klein gewesen war, daheim in Haiti, hatte sein Vater ihm erzählt, der Donner sei das Geräusch der Himmelstore, die sich öffneten und die Engel herausließen, damit sie die Sünder auf Erden töten konnten. Die Blitze waren ihre Schwerter, wenn sie den Bösen den Kopf abschlugen, und der Regen, der danach kam, war dazu da, die Leichen ins Meer zu spülen. Wenn er ein braver Junge war, hatte sein Vater gesagt, bräuchte er niemals Angst zu haben vor Donner, niemals.
    Damals hatten sie alle gemeinsam in einem kleinen Haus mit zwei Zimmern und Blick auf den Carrefour-Slum in Port-au-Prince gelebt. Reich waren sie nicht gewesen, aber auch nicht so arm dran wie ihre nächsten Nachbarn, die nie genug zu essen hatten und in Lumpen gingen. Carmines Mutter war eine Mambo , eine Voodoo-Priesterin: Sie konnte Zaubersprüche sprechen, die Zukunft vorhersagen, zu den Geistern der Toten reden und Abtreibungen vornehmen. Sie

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