Der Totenmeister: Thriller (German Edition)
Carmine!«, rief Sam vergnügt. Er küsste seinen Freund auf die Wangen, dann trat er einen Schritt zurück und musterte ihn. Carmines Gesicht sah leicht ramponiert aus. »Was ist passiert?«
»Nicht hier«, sagte er mit einem Blick zu Lulu, die gerade ihr Maniküreset einpackte.
»Geh doch bitte nach unten und mach sauber«, sagte Sam auf Englisch; damit hatte Lulu noch zu kämpfen.
Mit »unten« meinte Sam den unteren Keller, zwei Etagen unter ihnen. Im oberen Keller hielt er seine Tiere. Bis vor kurzem hatte er sogar einen Schimpansen gehabt. Es war einer der Ausreißer vom Primate Park gewesen, der eines Tages vor dem Laden gesessen hatte, offensichtlich halb tot vor Erschöpfung. Er hatte ihn mitgenommen und in den leeren Ziegenkäfig gesperrt, bis ein kongolesischer Medizinmann ihn gekauft hatte.
Fußboden und Wände des unteren Kellers waren weiß gefliest, die Decke weiß gestrichen, unter der Decke eine lange Stange, an der mehrere Haken aus rostfreiem Stahl hingen. Der Keller war blitzsauber und roch nach industriellem Desinfektionsmittel. In der Mitte des Raumes ein Leichentisch aus Marmor, daneben ein Abfluss. Um den Tisch herum vier große weiße Kühltruhen, die tief und leise vor sich hin brummten.
Hier lagerte Sam die Alligatoren, die er einmal im Monat mit Carmine in den Everglades jagte. Sam fuhr das Propellerboot, und Carmine erlegte die Alligatoren mit dem Jagdgewehr, mit einem einzigen Schuss ins Auge. Er war ein fantastischer Schütze, traf jedes Mal genau ins Ziel.
Am Ende des Tages brachten sie die Alligatoren in den Laden, hängten sie auf, nahmen sie aus, säuberten sie und froren sie ein. Irgendwann verschickte Sam sie dann an die Fabrik seiner Eltern in Haiti, wo sie zu Schuhen, Gürteln, Koffern und Souvenirs verarbeitet wurden – besonders die Köpfe und Füße waren bei Touristen und religiösen Spinnern heiß begehrt.
Carmine wusch sich das Gesicht, füllte zwei Müllbeutel mit Eiswürfeln und hielt sie sich an die Wangen.
Als Sam wenige Minuten später nach unten kam, erzählte Carmine ihm, was passiert war. Sam erinnerte sich sehr gut an Risquée: Vom ersten Moment an, als sie in ihr Leben getreten war, hatte sie ihnen nur Ärger gemacht. Sie war ein astreines Karo, wenn auch eines von der rauen Variante. Als Sam die 2000 Dollar auf den Tisch gelegt hatte, hatte sie mehr verlangt, hatte gemeint, seinen arabischen Schwanz werde sie nicht für weniger als 3000 lutschen. Sam hatte draufgelegt. Dann wollte sie noch ein Quaalude, weil sie meinte, dann könne sie sich einbilden, dass er ausgestattet sei wie John Holmes und vögele wie Mandingo. Sie hatte ihm gefallen, aber sie hatte ihn auch eingeschüchtert, sodass er keinen Ständer gekriegt hatte. Sie war eine geborene Nutte, sie kannte keine Skrupel.
»Was hast du jetzt vor, Carmine?«
»Ich kann mich nicht erpressen lassen, Mann«, sagte Carmine. »Wenn ich das mache, saugt die mich aus.«
»Und wer weiß, was sie sonst noch vorhat«, sagte Sam.
»Was meinst du mit ›sonst noch‹? Sie hat doch schon gesagt, dass sie zu meiner Mutter geht. Wenn die Wind davon kriegt, sind wir beide tot. Egal, was du für Solomon machst, wie nützlich du für ihn bist und all das. Wer sich ihm widersetzt, wird zum Alligatorfraß. Der Typ ist skrupellos wie nur was. Nichts bedeutet dem irgendwas.«
»Dann gibt es nur eines zu tun.«
Carmine nickte, ohne Sam in die Augen zu sehen.
»Soll ich mich darum kümmern?«, bot Sam an.
»Nein, Mann«, sagte Carmine. »Ich muss meine Sachen selbst regeln.«
»Du bist kein Killer, Carmine.«
»Noch nicht.«
»Du bist kein Killer«, wiederholte Sam mit fester Stimme. »Und du willst das auch nicht sein. Überlass das mir. Ich werde jemanden beauftragen.«
»Wen?«
»Irgendwen. In Miami gibt es so viele Auftragsmörder, die werden bald eine Gewerkschaft gründen.«
»Nein, Mann. Das ist meine Sache, verstehst du? Das ist mein Business, also ist es auch mein Problem. Wie soll ich denn allein überleben in der Wüste, wenn ich nicht mal mit einer raffgierigen Nutte fertigwerde?«
Carmine betrachtete sich in dem Spiegel über dem Waschbecken. »Mein Gesicht, Mann. Sieh dir das an. Eigentlich müsste ich jetzt von den Nutten die Kohle einsammeln. Diese Lulu, hat die … äh, Make-up oder so was? Frauen haben doch immer Make-up dabei, oder? Frag sie, ob sie was hat, was ich mir ins Gesicht schmieren kann.«
»Make-up? Okay.« Sam drehte sich um und ging zur Treppe. Er musste sich auf die Zunge
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