Der Toyota Weg
einem einwöchigen
kaizen
-Workshop wurde die aktuelle Situation analysiert, die sich dabei als klassischer Fall eines scheinbaren Prozessflusses herausstellte. 2 Die für die Herstellung eines Stahlmastes notwendige (Wert schöpfende) Arbeitszeit betrug 431 Minuten. Aber die Maschinen, die dazu benötigt wurden, waren über die Fertigungsstätte verteilt, so dass die Umlaufbestände von Gabelstaplern in großen Paletten von einer Arbeitsstation zur nächsten transportiert werden mussten. An jeder Station stapelten sich dadurch große Mengen an Ware in Arbeit (WiA). Die gesamte Fertigungszeit vom Ordereingang bis zum Endprodukt betrug damit 37,8 Tage. Die meiste Zeit ging für die Lagerung des Rohmaterials für die Rohre und der fertigen Endprodukte drauf. Eine isolierte Betrachtung der Verarbeitungszeit im Werk ergab immer noch eine Frist von vier Tagen vom Sägen der Stahlteile bis zum abschließenden Schweißen,um 431 Minuten Wert generierender Arbeit auszuführen. Die Transportwege innerhalb des Werks betrugen insgesamt 5,37 Kilometer. Die Lösung bestand darin, die Maschinen näher zusammen zu rücken, jeweils eine Einheit durch alle Prozessschritte laufen zu lassen und so den Einsatz von Gabelstaplern zwischen den einzelnen Arbeitsstationen zu vermeiden (dafür musste ein spezieller Rollwagen entwickelt werden, um diese große Einheit zwischen zwei Prozessschritten, die sich nicht näher zusammenbringen ließen, auf Höhe der Arbeitsstationen zu bewegen) und einen Produktionsauftrag für einen Mast vorzubereiten, statt Stapel an Aufträgen für einen ganzen Satz an Masten. Das Ergebnis dieser Veränderungen waren eine erhebliche Verkürzung der Durchlaufzeit (siehe Abb. 8.5), eine Reduzierung des Lagerbestands sowie eine Reduzierung der benötigten Arbeitsfläche.
Vorher
Nachher
Durchlaufzeit Produktion (von Dock zu Dock)
37,8 Tage
29,2 Tage
Durchlaufzeit Produktion (Sägen bis Schweißen)
3,75 Tage
0,8 Tage
Zahl der Gabelstaplerbewegungen
11
2
Zurückgelegte Wegstrecke (Dock zu Dock pro Mast)
5,37 Kilometer
3,09 Kilometer
Erstellen und Vorbereiten von Produktionsaufträgen (pro Mast)
207 Minuten
13 Minuten
Abbildung 8.5
Ergebnisse einer Verschlankung der Mastenherstellung
Ein positiver Nebeneffekt des Workshops bestand darin, dass dabei auch die Zeit zur Vorbereitung und Erstellung eines Produktionsauftrags untersucht wurde. Die Sammlung und stapelweise Erstellung von Produktionsaufträgen verursachte eine hohe Verschwendung. Mit der Abschaffung dieses Systems reduzierte sich die benötigte Zeit von 207 auf 13 Minuten. Abbildung 8.6 beschreibt den Prozessfluss vor und nach dem einwöchigen
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-Workshop. Es ist offensichtlich, dass die Situation vor der Transformation einen Prozessfluss vortäuschte, den es gar nicht gab. Zwar waren die Maschinen teilweise in sinnvoller Nähe zueinander angeordnet, aber es gab keinen echten One-Piece-Flow. Außerdem fehlte den Werksmitarbeitern das Verständnis für wirklich fließende Prozesse, so dass sie den vermeintlichen Prozessfluss nicht als solchen erkannten. Die Situation nach der Transformation zeigt eine erhebliche Verbesserung, die alle im Unternehmen überraschte und erfreute. Sie waren schockiert darüber, dass sich all das in nur einer Woche bewerkstelligen ließ.
Abbildung 8.6
Mastenproduktion vor und nach der einwöchigen Transformation
Der zweite Fehler, der bei der Umsetzung fließender Prozesse gemacht wird, ist die Rückkehr zum alten System, sobald das Unternehmen erkennt, dass die Schaffung fließender Prozesse durchaus ihren Preis haben kann. Dieser Preis macht sich in einer der folgenden Situationen bemerkbar:
– Eine Maschine fällt aus und verursacht einen Produktionsstopp der gesamten Zelle.
– Die Umrüstung einer Maschine dauert länger als erwartet und führt durch die folgende Produktionsunterbrechung der gesamten Zelle zu Verzögerungen.
– Um fließende Prozesse zu schaffen, muss man in einen Prozess investieren (z.B. Hitzebehandlung), der bisher von einem externen Zulieferer ausgeführt wird, wobei die Teile nach der externen Bearbeitung anschließend wieder in das Werk geliefert werden.
In all diesen Fällen habe ich Unternehmen erlebt, die die Schaffung fließender Prozesse wieder aufgegeben haben. Solange es sich um Simulationen mit Testteilen handelt, mit denen die Vorteile einer Reduzierung der Losgröße und der Schaffung fließender Prozesse demonstriert werden, finden sie die Idee gut. Sobald das Ganze aber
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