Der träumende Diamant 1 - Feuermagie
rechtmäßigen Platz im Stamm ein.«
»Eine Woche reicht nicht aus«, unterbrach sie ihn heftig.
»Vierzehn Tage.«
»Das ist nicht viel …«
»Nein«, begann Grady im gleichen Augenblick. »Was soll das? Wir können sie doch nicht …«
»Verzeihen Sie«, sagte Christoff mit seinem unheilvollen, sanften Lächeln. »Ich glaube nicht, dass Sie die Angelegenheit bis zu Ende durchdacht haben. Wir wollen Herte . Wir wollen den Läufer. Ich bin mir sicher, Miss Hawthorne wird bereit sein, die Existenz des Stammes als strenges Geheimnis zu bewahren, sollte sie in ihr früheres Leben zurückkehren.« Er sah mit einer hochgezogenen Augenbraue zu ihr, und Rue nickte rasch. »Aber ebendiese Zusage haben wir von dem anderen Burschen nicht. Er ist eine üble Bedrohung.«
»Aber warum sollten wir sie für diese Zwecke einspannen?«, fragte einer der anderen Männer. »Warum können wir sie nicht hierbehalten und den Läufer selbst jagen?«
»Also schön«, erwiderte Rue. »Versuchen Sie es, wenn Sie sich davon Erfolg versprechen. Durchkämmen Sie die größte Stadt des Königreichs nach einem bemerkenswert gewieften Dieb. Finden Sie ihn in den Gassen, die Sie nicht kennen, in
den Spielhöllen und den Spelunken, von denen Sie noch nie etwas gehört haben. Finden Sie ihn, ehe er Herte verkauft, bevor er den Diamanten in eine Reihe von prächtigen kleinen Edelsteinen zerteilt und damit sein Feuer zerstört. Zweifellos werden im nächsten Jahr diese winzigen, lilafarbenen Diamanten auf Damenhüten und Tabakdosen der letzte Schrei sein.«
»Er würde nicht … Er würde niemals …«
»Natürlich würde er«, unterbrach Rue. » Ich zumindest würde es tun.«
O Himmel, sie wusste, wie viel sie riskierte. Sie befand sich in Darkfrith, und die Drákon folgten ihren eigenen Gesetzen, die weitaus älter und gnadenloser als alles waren, das die englische Gesellschaft hervorgebracht hatte. Wenn sie ihre Furcht spürten, würde sie niemals wieder diese elendige Zelle verlassen. Ihr Körper und ihr Herz wären in einer Ehe gebunden. Selbst wenn sie es ihr nach einigen Tagen oder Jahren gestatteten, nach draußen zu gehen, wäre sie noch immer an einen Mann gefesselt, der sie nicht liebte. Und jedes Mal, wenn sie ihn ansah, war es, als ob sich ein dünner Faden in ihrem Inneren löste; sie sah Christoff und sich selbst in all ihren alten Träumen, die so nichtig und so jugendlich gewesen waren, dass sie hätte weinen mögen.
Aber sie war nicht dieses junge Mädchen. Jetzt nicht mehr.
Rue sah angestrengt zu den Fenstern. Sie stellte sich den Regen vor, sie atmete den Regen ein, der kühl und unablässig und kräftig war.
Ihre Hände begannen zu zittern. Sie verbarg sie in den Falten ihres Rockes.
Der Marquis wandte sich Grady zu, aber sie wusste, dass seine nächsten Worte ihr galten. »Um es ganz deutlich zu sagen:
Du würdest die Freiheit des anderen Läufers gegen deine eigene eintauschen?«
»Ohne zu zögern.«
»Und du bist dir bewusst, welche Konsequenzen es hätte, wenn du uns anlügen würdest, Miss Hawthorne? Falls wir entdeckten, dass es keinen anderen Läufer gibt, dass du Herte entwendest hast, würden die Repressalien weitaus … unangenehmer ausfallen.«
»Ja«, sagte sie mit erstarrten Lippen.
»Nun gut, Gentlemen. Wenn Sie jetzt bitte eine Entscheidung fällen würden.«
Wenn Rue je zuvor an ihm gezweifelt hatte, wenn sie sich je vorgestellt hatte, dass der Marquis von Langford nicht die Macht über den Stamm und alle Männer in diesem Raum hatte, dann wurden diese Überlegungen nun zerstreut. Niemand sonst sagte ein Wort. Sie tauschten höchst skeptische Blicke aus, einige wenige waren noch immer erbost. Aber sie überdachten, was sie vorgetragen hatte. Sie wogen es ab, ihre Grundsätze und ihren Glauben gegen eine Frau, die sich außerhalb des Gesetzes befand, und den hinter ihr stehenden Lord. Und ihren Diamanten; ein Bild, das nur knapp außerhalb ihrer Reichweite funkelte.
Der Schreiber hatte seine Feder zur Hand genommen und nach Papierstapeln gegriffen, auf die er nun blicklos hinabstarrte.
Grady rieb sich das Kinn. »Falls - falls - wir uns darauf einlassen, sollten wir dafür sorgen, dass mehr Männer als nur Sie sie begleiten, Lord Langford.«
»Mehr Männer werden den Dieb verschrecken.«
»Es wird reichen, wenn ungefähr ein Dutzend Sie begleiten.«
»Nein«, beharrte Kit.
»Wenigstens Ihre Wache.«
»Nein.«
»Mylord.«
»Nur wir. Nur sie und ich.«
»Fünf Männer«, sagte Rue. Sie
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