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Der transparente Mann (German Edition)

Der transparente Mann (German Edition)

Titel: Der transparente Mann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Sixt , Barbara Wilde
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Champagner. Während sie den Kastenwagen über den Mittleren Ring steuerte, ahnte sie, dass Julia jetzt ebenfalls im Auto oder Taxi saß, um Konstantin zu beglücken. Sie würde ihn in seinem weißen Haus treffen, noch mehr von dem prickelnden Gesöff trinken und ihn in allen Einzelheiten über das unbefriedigende Gespräch mit Joe informieren. Seine Augen würden spöttisch blitzen, vielleicht würde er bemerken, dass Joe schon immer stur gewesen sei. Möglicherweise würde er Julia sogar erzählen, wie Joe an ihrem gemeinsamen Abend im Hause Grafenberg aus lauter Verzweiflung das rostige Heizungswasser aus dem Cognacglas getrunken hatte. Sie würden lachen, sich darüber amüsieren, um sich danach im Bett zu vergnügen. Seine Hände, Lippen und seine Zunge würden Julias Körper liebkosen, und Konstantins Stimme würde vor Lust ganz rau klingen, wenn er jene Worte flüstern würde, die Joe einmal so gern gehört hatte.
    Der Schmerz schoss wie kleine Blitze durch ihren Körper, und der Gedanke, wie oft sich diese außerehelichen Treffen wohl auch während ihrer Beziehung abgespielt hatten, verursachte Joe eine Gänsehaut. Sie wollte nicht länger zurückblicken, es war einfach zu demütigend, und sie schaltete das Radio an. Passend zum Thema sang die Gruppe Fleetwood Mac Little Lies –, doch in ihrem Fall war es keine kleine, sondern eine riesengroße Lüge gewesen.
    Hinter ihr hupte ein Auto. Die Ampel hatte längst auf Grün geschaltet. Joe gab Gas, fuhr am neuen gläsernen Prunkbau eines Autohauses vorbei, in dem sich auf etlichen Etagen Luxusschlitten wie in einem gigantischen Schaufenster präsentierten. Die Konzentration auf den Verkehr fiel ihr schwer, denn das Gespräch von Frau zu Frau hatte Spuren hinterlassen. Joe fragte sich, ob sie nicht doch die Webpage löschen sollte. Nicht wegen Julia Grafenberg, wegen ihres Mannes und wegen Konstantin. Nein, die waren alt genug, um die Konsequenzen ihres Handelns zu tragen. Aber vielleicht hatte Julia Grafenberg ja Recht? Vielleicht wollte wirklich niemand außer ihr die Wahrheit erfahren?
    Joe parkte vor dem Altbau, in dem sie wohnte, und schickte einen verlorenen Blick ins oberste Stockwerk. Alle Fenster ihrer Wohnung waren dunkel. Erschöpft schloss sie die Haustür auf. Sofort stach ihr der penetrante Apfelgeruch in die Nase. Auch das noch! Es wurde geputzt. Und als sie die knarrenden Stufen zu ihrer Wohnung emporstieg, stieß sie im dritten Stock mit dem mageren Hintern der Hausmeisterfrau zusammen, die die Treppe putzte. Um diese Zeit? Es war zehn Uhr abends.
    »Entschuldigung«, sagte diese erschrocken. »Rutschen Sie nicht aus. Ist alles noch nass.« Sie richtete sich auf und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
    »Geht schon.« Joe wollte weitereilen, da sie an den Sahnepudding dachte und keinesfalls in ein Gespräch verwickelt werden wollte.
    »Mein Mann kommt morgen früh wieder«, erzählte Frau Wimmer, als hätte sie Joes Gedanken erraten. »Da dachte ich, ich putze lieber jetzt noch. Sie wissen ja, wie das ist, wenn man sich über eine Woche nicht gesehen hat.« Die Vorfreude war ihr ins Gesicht gemalt.
    »Sicher.« Joe betete, sie möge ihr endlich entkommen können.
    Frau Wimmer aber erzählte unbekümmert vom Fortbildungsseminar ihres Mannes in Berlin. Dadurch könne er in Zukunft die Haushaltskasse aufbessern. »Wegen all unserer Pläne, des Babys und der neuen Küche«, fügte die Ahnungslose hinzu.
    In ihrer Unwissenheit tat sie Joe so leid, dass ihr fast übel wurde. Wenn die wüsste, in welcher Disziplin ihr Mann sich fortgebildet hatte, würde sie ihm den Putzlappen ins Gesicht schleudern.
    »Grüßen Sie ihn von mir«, beendete Joe die Unterhaltung und nahm zwei Stufen auf einmal. Lediglich der Gedanke, dass diesem Betrüger das Herz in die Hose rutschen würde, falls seine Frau es nicht vergaß, ihm ihre zweifelhaften Grüße auszurichten, konnte Joes Laune heben.
    Der Zettel mit dem gemalten Herzen steckte im Rahmen des Garderobenspiegels. Heute, so befand Joe, als sie ihr Spiegelbild betrachtete, sah sie schon wieder ein wenig besser aus als an dem Tag, als das Kristallglas ihr das persönliche Hormonminus so deprimierend vor Augen geführt hatte. Alf teilte ihr in der Notiz mit, er würde zwar spät, aber dennoch nach Hause kommen. Thomas und er waren im Kino, und danach wollten sie auf einen Sprung ins »Satisfaction«. Sie würden sich freuen, wenn sie auf ein Bier vorbeischauen würde. Joe freute sich über diese Geste,

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