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Der transparente Mann (German Edition)

Der transparente Mann (German Edition)

Titel: Der transparente Mann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Sixt , Barbara Wilde
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als Klempner zu sich bestellte.
    Die Sonne war bereits untergegangen und die Villa hell erleuchtet. Alles war so wie vor ein paar Monaten, die stolzen Zypressen, die perfekt geschnittenen Buchsbäume, nur dass diesmal keine Fackeln den Eingang erleuchteten, dafür brannten Lampen aus orange schimmerndem Milchglas in Form eines Kürbisses, die aus dem englischen Rasen zu wachsen schienen.
    Die kleinen Steinchen knirschten unter ihren Turnschuhen, als Joe mit undurchdringlicher Miene die schwere Werkzeugtasche den gepflegten Weg entlangschleppte. Auf der Hinfahrt hatte sie dreißig Minuten Zeit gehabt, sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten.
    Sie klingelte.
    Nichts rührte sich.
    Sie zählte bis fünf, klingelte nochmals, aber statt Herr Hartmann öffnete Julia Grafenberg mit einem gepflegten Lächeln die Tür. Einen kurzen Moment musterten die beiden Frauen einander. Zu Joes Verwunderung war Julia Grafenberg locker in Jeans gekleidet, dazu trug sie einen hellblauen Kaschmirpullover, der perfekt zu ihrem blonden Haar passte, das sie mit einem blauen Seidenband jugendlich zusammengebunden hatte. Ihre Füße steckten in weichen Mokassins.
    »Johanna! Danke, dass Sie gekommen sind. Ich hatte schon befürchtet …« Statt den Satz zu beenden, zeigte sie ihre gebleichten Zähne, streckte freundschaftlich die Arme aus und trat einen Schritt zur Seite, damit Joe eintreten konnte.
    »Wieso sollte ich nicht kommen? Sie haben Probleme mit der Heizung. Und ich löse sie.« Joe wollte sich auf kein privates Wort einlassen und fügte schnell hinzu: »Wenn ich mich recht erinnere, sagte ich bereits bei unserem gemeinsamen Abendessen, dass alle Heizkörper gescheit entlüftet werden müssen. Die meisten sind ziemlich alt, und vielleicht sollten Sie die komplette Anlage einmal …«
    »Ach, vergessen Sie die Heizung!«, unterbrach Julia Grafenberg sie rasch. »Es war ein Vorwand. Tut mir leid.« Sichtlich nervös bat sie Joe in den Salon.
    Joe wusste, dass sie ihr nicht mehr auskam. Mit weichen Knien schritt sie über den rosa Marmor. Was oder besser wer würde sie hinter der noch geschlossenen Flügeltür zum Salon erwarten? Julia Grafenberg drückte die polierte Klinke herunter.
    Kurz schloss Joe die Augen, holte tief Luft und blickte nach vorne – und jetzt schlug ihr Herz wieder im Takt. Er saß auf jeden Fall nicht in einem der Clubsessel. Auch Hans Grafenberg war nicht anwesend. Sie war offenbar mit Julia Grafenberg allein.
    »Mein Mann ist in Paris«, erklärte Julia, als hätte sie Joes Gedanken erraten.
    Joe nahm auf dem Sofa Platz. Sie trug keine Plastiküberzieher, und auch das Gluckern der Heizung tat nichts zur Sache. Julia Grafenberg nahm die Flasche Champagner, die in einem Eiskübel mit Gläsern bereitstand, und entschuldigte sich nochmals für ihre ungewöhnliche Vorgehensweise. Sie reichte Joe ein Glas mit der perlenden Flüssigkeit und setzte sich fast freundschaftlich neben sie aufs Sofa, den Arm lässig auf ein Kissen gestützt.
    Sie stießen miteinander an und schwiegen ein paar Sekunden, bis Joe die Stille brach: »Also, worum geht es?«
    Julias Antwort war ein damenhafter Seufzer. Sie nippte nochmals am Glas und meinte: »In erster Linie um Sie, um ihn und um mich.«
    »Das dachte ich mir.«
    »Ich weiß, Sie haben ihn geliebt oder lieben ihn noch. Das kann ich sehr gut verstehen, wenn ich Ihnen mit der Bemerkung nicht zu nahe trete.« Sie seufzte wieder. »Glauben Sie mir, vor ein paar Jahren habe ich sogar darüber nachgedacht, meinen Mann seinetwegen zu verlassen.«
    Irrationale Eifersucht stieg in Joe hoch. Sie schluckte, fühlte sich schrecklich, während Julia Grafenberg von geheimen Treffen erzählte, die bis heute immer dann stattfanden, wenn ihr Mann auf Reisen war. Glühend berichtete sie von seiner brillanten Art, Frauen Vergnügen zu bereiten und so auf sie einzugehen, dass sogar der trostloseste Tag zu einem Fest wurde.
    »Und warum haben Sie Ihren Mann dann nicht verlassen?« Joe schwankte zwischen Wut und Unverständnis.
    »Ganz einfach«, sagte Julia Grafenberg und nippte lächelnd am Champagner, »weil er mich genau wie Sie betrogen hätte. So ist es mir egal. Ich bin ja verheiratet. Wissen Sie, Konstantin ist kein Mann für eine einzige Frau. Er weiß das, obwohl er sich sicher auch manchmal wünscht, es zu sein. Bei Ihnen zum Beispiel. Fast hätte ich gedacht, er würde doch noch sein Herz verlieren und sich nur für Sie entscheiden und …«
    »Das interessiert mich alles nicht«,

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