Der Traum des Highlanders
festgesetzt! Die Männer – die drei MacKeage’schen Krieger und der Kerl, der sie zwischen den Bäumen überfallen hatte – rochen nach Kiefern und nach Fichten, nach Männerschweiß und Pferd.
Sie konnte nicht mehr sagen, ob sie auch sonst in Farbe träumte, aber jetzt nahm sie auf jeden Fall die leuchtend roten Haare einiger der Krieger, Robbies glänzende, graue Augen, das warme Violett, Grau und Grün in ihren Plaids und das kalte Blau des Himmels, der sich über dem Gipfel des dunklen Granitberges erstreckte, überdeutlich wahr.
Selbst die Geräusche – das Klappern der Pferdehufe, das auf den Steinen überlaut und auf dem Moos gedämpft an ihre Ohren drang, und die Gutturallaute der Männer, die sich unterhielten, während sie hintereinander den gewundenen Pfad hinunterritten – waren gespenstisch real.
Catherine kam zu dem Ergebnis, dass die gälische Sprache ihr gefiel. Im einen Augenblick klang es, als ob die Männer sängen, doch bereits im nächsten hatte sie den Eindruck, als steckten kleine Haarbällchen in ihren Kehlen fest. Die Sprache wirkte rhythmisch und melodisch, und um dem Gesagten Nachdruck zu verleihen, wechselten deutlich betonte und rau gefüsterte Silben miteinander ab.
Schließlich erreichten sie das Tal, und Catherine reckte sich in ihrem Sattel und blickte auf Ian, der aufgeregt mit der Hand fuchtelte, die nicht den Zügel hielt, und pausenlos mit seinem Jungen sprach. Dann drehte sie sich um und warf einen Blick auf Robbie, der auf dem Pferd eines der anderen Krieger saß. Der Mann, der ihr sein Plaid gegeben hatte, ging offenbar zusammen mit dem Typen, der sie überfallen hatte, zu Fuß zum Dorf zurück.
Sie rückte ihren Stock zurecht und sah Robbie lächelnd an. Er hatte ihr eine Schlinge aus einem Stück Rohleder gebunden, damit sie den Knüppel auf dem Rücken tragen konnte, ohne dass sie sich ständig damit schlug.
Robbie zeigte mit dem ausgestreckten Arm an ihr vorbei, und sie drehte sich wieder um und rang erstickt nach Luft. Die Türme einer großen, dunklen Burg ragten hinter den Bäumen auf. Anders als im Märchen sah sie nicht hell und freundlich, sondern finster und bedrohlich aus.
»Das ist die Burg von unserem Clan«, erklärte Robbie ihr. »Gleich sind wir im Dorf. Wenn du die Ohren spitzt, kannst du es schon hören.«
Die fröhlichen Kinderstimmen, die sie hörte, riefen schmerzliche Sehnsucht nach Nathan und Nora in ihr wach. Robbie hatte ihr erklärt, dass sie wieder zu Hause wäre, bevor die zwei erwachten, aber sie war schon fast vierundzwanzig Stunden unterwegs. Und so interessant der Traum auch war, hielte sie es sicher nicht mehr allzu lange ohne ihre beiden Babys aus.
Am Rand des Dorfs wurde der Weg ein wenig breiter, und Catherine blickte sich mit großen Augen um. Vielleicht hundert Hütten waren auf dem Hügel unterhalb der Burgmauer verteilt.
Überall liefen Erwachsene, Kinder, Hühner, Ziegen und Hunde herum, aus mehreren der Hütten stieg Rauch zum Himmel auf und legte sich wie eine dünne Decke über das Dorf. Ein paar Kinder kamen auf sie zugelaufen, und Robbie schob sich eilig neben sie.
»Bleib dicht an meiner Seite. Und versuch, nicht ganz so überwältigt auszusehen«, bat er sie mit einem leichten Grinsen und fügte hinzu: »Als Erstes reiten wir zu der Hütte von Ians Frau.«
Bereits nach wenigen Minuten folgte ihnen eine Schlange neugieriger Menschen durch das Dorf. Die Frauen waren hübsch mit langem, zu Zöpfen oder losen Pferdeschwänzen gebundenem, braunem Haar. Sie trugen farbenfrohe Blusen, dunkle Röcke aus gewebter Wolle und hatten die MacKeage’schen Plaids wie Schultertücher umgelegt.
Catherine schob ihr Pferd noch dichter an das von Robbie, als sie merkte, dass ein paar der Frauen auf sie zeigten und dass eine Gruppe Männer auf sie zugelaufen kam. Mehrere der durchweg muskulösen Kerle hatten ihre Plaids bis zu den Hüften heruntergerollt und bauten sich mit nackten Oberkörpern neben ihnen auf.
Die spontane Prozession wand sich durch die engen Gassen, und die Tiere und die Menschen stoben erst erschrocken auseinander, schlossen sich dem Tross dann aber eilig an.
Schließlich hielten sie vor einer Hütte im Schatten der Burg, und Niall schwang sich aus dem Sattel, trat vor das Pferd, auf dem sein Vater saß und zog Ian neben sich.
Catherine war den beiden nah genug, um zu sehen, dass Ian zitterte und sich verstohlen ein paar Tränen aus den Augen wischte, bevor er, da er einfach nicht wusste, was er mit seinen
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