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Der Traum des Schattens

Der Traum des Schattens

Titel: Der Traum des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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nahmen.
    Aufseufzend lehnte Mattim sich zurück. » So viel Mut und Besonnenheit hätte ich ihr gar nicht zugetraut. Nicht in ihrem Zustand.«
    Mirontschek kehrte in die Höhle zurück, in seiner Hand ein Glas, an dem er geistesabwesend nippte. » Wie Ihr seht, ist alles gut ausgegangen«, meinte er lässig.
    Zornig schlug Mattim ihm das Glas aus der Hand. » Ihr hättet sie beinahe umkommen lassen! Eine alte Frau!«
    » Besonders alt schien sie mir nicht«, gab Mirontschek zurück. » Sie ist mit der Grazie einer Kriegerin über die Brücke gegangen.« Diesmal rötete der Unmut sein Gesicht. » Überdies lege ich keinen Wert auf noch mehr Schatten in meiner Stadt.«
    » Sie ist kein Schatten, verdammt noch mal!«
    Während eine herbeieilende Dienerin rasch die Scherben aufsammelte, machte der Fürst einen Schritt nach vorne, packte Mattim am Kragen und schüttelte ihn. » Das lasse ich mir nicht bieten. Das nächste Mal überlegt Euch besser, wen Ihr mitnehmt, Prinzessin.«
    » Halt!«, rief Hanna erschrocken, als Mattim drohend die Fäuste hob.
    Zum Glück begnügte er sich damit, Mitschoreks Hände von seiner Jacke zu entfernen, wobei seine Augen drohend funkelten.
    » Hier seid ihr ja.« Elira schritt in die Höhle, als wäre es ihr eigener Palast. Flankiert von zwei Wächtern trat sie ein und sah sich um. Sie wirkte ein wenig wacher als vorhin, wenn auch nicht viel. » Mir träumte, ich spazierte über den Wolken. Ich kann fliegen im Traum, aber ich bin über die Seile geschwebt wie eine Tänzerin.«
    » Wer seid Ihr, verdammt?«, knurrte er.
    » Ich bin nur eine Dienerin«, sagte sie. » Ich wische die Böden in der Burg und träume von der Königin, den Kindern und den Wölfen. Wenn der goldene Prinz über die Brücke geht, bricht der Morgen an. Jeden Tag neu. Er kommt heim aus den Wäldern, ich warte auf ihn, und hier ist er.« Sie lächelte Mattim an.
    » Danke, Mutter«, sagte Mattim wütend. » Vielen Dank auch.« Der Fürst starrte von Elira zu Mattim und wieder zurück.
    » Der goldene Prinz?«, fragte er. » Ihr seid… oh nein! Ihr seid Prinz Mattim? Kununs Bruder? Der König hat mir seinen Bruder geschickt? Nicht das Mädchen soll meine Stadt bekommen, sondern Ihr?«
    » Eure Stadt?« In Mattims Stimme lag ein ungewohnt höhnischer Klang. » Meint Ihr diese Bienenwabe, an der sich die Wölfe bedienen werden?«
    Im nächsten Moment stürzte Mirontschek sich auf ihn. Hanna schrie auf, als sie merkte, dass der Jaschbiner Mattim zum Fenster zerrte.
    » Mit Euch habe ich keinen Vertrag«, keuchte er. » Ihr werdet bereuen, dass Ihr hergekommen seid.«
    Falls er gedacht hatte, er könne den ungebetenen Gast so ohne Weiteres den Felsen hinunterstürzen, täuschte er sich. Mattim wehrte sich heftig, wand sich aus Mirontscheks Griff und ging seinerseits auf den jungen Fürsten los, als habe er nur auf diese Gelegenheit gewartet. Die beiden rangen eine Weile, hinter ihnen das gähnende Loch des offenen Fensters. Der Jaschbiner wirbelte herum und sprang Mattim an, doch mit einer raschen Drehung wandte der Prinz den Schwung seines Feindes gegen diesen, und Mirontschek krachte gegen die Wand. Einen Moment lang blieb er keuchend stehen.
    » Das Duell!«, rief Hanna. » Erinnert Euch an das Duell an der Brücke. Ihr habt es versprochen!«
    Mattim trat einen Schritt zurück, wobei er seinen Gegner sorgsam im Auge behielt. » Morgen ist ein besserer Tag zum Sterben.«
    Mirontschek wischte sich das Blut aus dem Mundwinkel. » Ihr habt es von Anfang an gewollt, nicht wahr? Wie geschickt Ihr das eingefädelt habt. Ihr versprecht mir ein Duell, und statt der Verlobten des Königs tretet Ihr gegen mich an. Gegen das Mädchen hätte ich vielleicht gewinnen können, doch gegen Euch?«
    Schwer atmend schätzten sie einander ab, dann nickte der Fürst. » Warten wir also den Zweikampf ab. Bis dahin gewähre ich Euch einen sicheren Aufenthalt in meiner Stadt.«
    Mattim gab ein verächtliches Lachen von sich. » Ihr könnt sowieso nicht gegen Hanna kämpfen«, sagte er und führte seine Mutter zu den gepolsterten Sitzen, da sie gerade anfangen wollte, der Dienerin beim Aufwischen zu helfen. » Sie hat keinen Rang, auch wenn man sie Prinzessin nennt. Habt Ihr nicht vorhin noch behauptet, Ihr messt euch nur mit Prinzen?«
    » Natürlich«, zischte Mirontschek. » Mein ganzes Leben lang habe ich mich darauf vorbereitet, gegen Kunun zu kämpfen. Ich werde mein Leben und meine Stadt verteidigen, selbst wenn ich gegen einen Schatten

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