Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Traum des Schattens

Der Traum des Schattens

Titel: Der Traum des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
Vom Netzwerk:
Und Solta. Solta, der in diesem merkwürdigen Gefecht kämpfte, ohne irgendetwas zu bewirken. Er schien zu tanzen, wie auch Farank tanzte, mit einstudierten Schritten, schön anzusehen, und dabei schrie er wie von Sinnen.
    Ohne Soltas Hilfe hätte Mattim es nie im Leben geschafft, die drei Krieger in Schach zu halten. Ein rascher Blick überzeugte ihn davon, dass Farank und Kunun sich immer weiter auf das andere Ende der Brücke zubewegten, durch die Nebelschwaden, die vom Fluss hochstiegen. Schließlich sah er seinen Vater davonrennen und in der Dunkelheit des anderen Ufers verschwinden.
    Solta setzte Mattim die Klinge an die Kehle. » Hab dich.«
    Er spürte kaum, wie sie ihn entwaffneten, ihn festhielten, ihn verprügelten. Erst als er auf dem Boden lag, als ihm Blut aus dem Mund rann und den Staub dunkel färbte, als er nicht mehr schreien konnte, ließen sie ihn los. Mattim war sich dumpf der Tatsache bewusst, dass Solta ihn nur schlug, um seine vorige Untätigkeit zu verdecken.
    » Geht. Lasst uns allein«, befahl Kunun, heiser vor Zorn.
    Schritte entfernten sich.
    Obwohl Farank fehlte, waren sie immer noch zu dritt. Nur Kunun, Mattim und der Hass.
    » Ich wundere mich über deinen Mut«, sagte der neue Herr von Akink. » Oder soll ich es Torheit nennen? Dieser Kampf zwischen mir und unserem Vater ging dich nichts an. Was hat dich geritten, dich einzumischen?«
    » Ihr seid gleich stark, schien mir«, meinte Mattim hitzig. » Hättest du wirklich deine Soldaten zur Unterstützung haben wollen? Ich habe bloß dafür gesorgt, dass es gerecht zugegangen ist.«
    » Ich schätze es nicht, wenn du mir in die Quere kommst, Mattim. Ganz und gar nicht.«
    » Farank ist der König von Magyria«, sagte Mattim. » Wer die Krone trägt oder auf dem Thron sitzt, was zählt das? Nie war Farank königlicher als jetzt, und wenn du das nicht sehen kannst, musst du blind sein.« Kaum etwas an dem weißgekleideten Schatten voller Kraft und Energie hatte an den melancholischen Herrscher vergangener Tage erinnert. » Er hat sich den Weg freigekämpft, genau wie Atschorek damals. Gegen dich, den angeblich niemand besiegen kann!«
    » Du freust dich, dass Farank entkommen ist?« Kunun lächelte kühl. » Glaub mir, er ist nicht wichtig. Er war nichts weiter als der Köder für dich, nichts als ein Werkzeug, um vor den Massen an meiner Krönung mitzuwirken. Sein Schicksal kümmert mich nicht. Soll er sich ruhig darüber grämen, dass er seinen Titel und seine Krone verloren hat.«
    » Es ist dir egal?« Mattim kannte ihn besser. » Lüg doch nicht. Fürchtest du denn nicht, dass man sich Geschichten darüber erzählen wird? Fürchtest du nicht die Menschen, die ihn immer noch lieben?«
    » Was ich fürchte, ist irrelevant. Was fürchtest du, Mattim? Das ist hier die entscheidende Frage.«
    » Ich habe keine Angst davor, zu sterben.« In diesem Moment, in dem er noch vor Augen hatte, wie sein Vater in der Dunkelheit verschwunden war, gab es nichts als Freude und Triumph.
    » Habe ich gesagt, dass es um deinen Tod geht? Muss ich ihren Namen aussprechen, damit du dich an sie erinnerst– an Hanna? Muss ich darauf hinweisen, dass Atschorek eindeutige Anweisungen hat, falls du dein Temperament nicht in den Griff bekommst und mir etwas passieren sollte? Jetzt hast du auf einmal doch Angst, nicht wahr?«
    Kunun umrundete ihn, als führten sie einen Tanz auf, nur sie beide auf der Brücke, Brüder und Feinde. Der Fluss unter ihnen verströmte sein goldenes Licht in die Nacht, die es gierig verschluckte. Sein Schein vervielfachte die steinernen Figuren auf der Brüstung und machte sie zu einem lebenden Publikum. Drachen, Fabeltiere, Grimassen schneidende Gesichter.
    » Ich kann es hören. Deinen Atem. Deinen schnellen Puls.«
    » Das kannst du nicht«, widersprach Mattim. » Übertreib nicht. Ich war selbst ein Schatten, ich weiß, was möglich ist.«
    » Tatsächlich, das weißt du?« Kunun lachte leise, was war er vergnügt an diesem Tag, er konnte gar nicht damit aufhören. » Glaub mir, du hast keine Ahnung. Du weißt, was du einmal gekonnt hast oder was andere Schatten tun… aber es ist nicht bei jedem dasselbe, erinnerst du dich? Wie leicht bist du durch Mauern gegangen, leichter als jeder andere. Kannst du dir nicht vorstellen, dass es auch Dinge gibt, die mir leichtfallen? Fähigkeiten, die ich entdeckt, verfeinert, ausgebaut und entwickelt habe, bis zur Vollkommenheit. Ich wette, ich könnte dich überraschen.«
    » Versuch es«,

Weitere Kostenlose Bücher