Der Traum
Arbeiter verschwunden, als sie, über das klare Wasser gebeugt, sich beim Spülen ihrer Wäsche von neuem bespritzte und im strahlenden Glück dieses Tages immer noch lachte.
Am nächsten Tag breitete man schon um sechs Uhr die Wäsche aus, die seit dem Abend davor in einem Packen abtropfte. Es war gerade ein starker Wind aufgekommen, der beim Trocknen half. Man mußte sogar die Wäschestücke, damit sie nicht davongeweht wurden, an den vier Enden mit Steinen beschweren. Die ganze Wäsche war dort ausgebreitet, sehr weiß im grünen Gras, gut nach dem Duft der Pflanzen riechend; und die Wiese schien sich plötzlich mit schneeigen Tüchern aus Gänseblümchen geschmückt zu haben.
Als Angélique nach dem Frühstück wieder nachsehen kam, geriet sie in Verzweiflung: die ganze Wäsche drohte davonzufliegen, so heftig fuhren die Windstöße über den blauen Himmel, der hell und wolkenlos war, gleichsam rein gefegt durch dieses große Wehen; und schon hatte sich ein Bettuch auf und davon gemacht, Handtücher waren an die Zweige einer Weide geklatscht. Sie fing die Handtücher wieder ein. Aber hinter ihr nahmen Taschentücher Reißaus. Und niemand da. Sie verlor den Kopf. Als sie das Bettuch ausbreiten wollte, mußte sie sich damit herumschlagen. Es machte sie ganz benommen, wickelte sich mit Fahnengeknatter um sie.
Im Wind hörte sie jetzt eine Stimme, welche sagte:
»Mademoiselle, soll ich Ihnen helfen?«
Das war er, und sogleich rief sie, ohne an etwas anderes zu denken als an ihre Hausfrauensorge:
»Aber natürlich, helfen Sie mir doch! – Nehmen Sie den Zipfel dahinten! Halten Sie gut fest!«
Das Bettuch, das sie beide mit ihren kräftigen Armen straff zogen, schlug wie ein Segel. Dann legten sie es aufs Gras, wälzten dickere Steine auf die vier Ecken. Und jetzt, da es bezwungen in sich zusammensank, standen sie nicht wieder auf, knieten an den beiden Enden, durch dieses große blendendweiße Wäschestück voneinander getrennt.
Sie lächelte schließlich, doch ohne Schelmerei, ein dankbares Lächeln.
Er faßte sich ein Herz.
»Ich, ich heiße Félicien.«
»Und ich Angélique.«
»Ich bin Glasmaler, ich soll dieses Kirchenfenster ausbessern.«
»Ich wohne dort mit meinen Eltern, und ich bin Stickerin.«
Der starke Wind trug ihre Worte davon, peitschte sie mit seiner lebenskräftigen Reinheit in der warmen Sonne, von der sie gebadet wurden.
Sie sagten einander Dinge, die sie längst wußten, aus purer Freude, sie einander zu sagen.
»Man wird doch das Kirchenfenster nicht durch ein anderes ersetzen?«
»Nein, nein. Die Ausbesserung wird nicht einmal zu sehen sein ... Ich liebe dieses Fenster ebensosehr, wie Sie es lieben.«
»Das stimmt, ich liebe es. Es hat so milde Farben! – Ich habe einen heiligen Georg gestickt, aber er war bei weitem nicht so schön.«
»Oh! Nicht so schön? ... Ich habe ihn gesehen, wenn es der heilige Georg auf dem rotsamtenen Meßgewand ist, das Abbé Cornille am Sonntag trug. Ein Wunderwerk!«
Sie errötete vor Freude und rief ihm unvermittelt zu:
»Legen Sie doch einen Stein auf den Rand des Tuches links von Ihnen. Der Wind weht es uns gleich wieder fort.«
Er beeilte sich, beschwerte das Wäschestück, das heftig aufgeflattert war wie ein gefangener Vogel, der mit den Flügeln schlägt und sich abmüht, noch zu fliegen. Und als es sich nicht mehr rührte, standen sie dieses Mal beide wieder auf.
Jetzt schritt sie auf den schmalen Graspfaden zwischen den Wäschestücken dahin, warf auf jedes einen kurzen Blick, während er ihr sehr geschäftig, mit ungeheuer besorgter Miene ob des möglichen Verlustes einer Schürze oder eines Wischtuches folgte.
Das schien ganz natürlich. Und so plauderte sie weiter, erzählte, was sie so den ganzen Tag machte, berichtete von ihren Neigungen.
»Ich, ich habe es gern, daß alles an seinem Platz ist ... Morgens weckt mich die Kuckucksuhr in der Werkstatt, immer um sechs Uhr; und wenn es auch noch nicht hell wäre, würde ich mich doch anziehen können: meine Strümpfe liegen hier, die Seife liegt dort, das ist eine richtige Sucht bei mir. Oh, ich war nicht so von klein auf, ich war vielleicht unordentlich! Was hat Mutter mit mir schimpfen müssen! – Und in der Werkstatt würde ich nichts Gutes zustande bringen, wenn mein Stuhl nicht immer an derselben Stelle stünde, dem Licht gegenüber. Zum Glück bin ich weder Links noch Rechtshänder und kann mit beiden Händen sticken, was wirklich eine Gnade ist, denn nicht alle können
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