Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)
Der Kuss schmeckte köstlich. Sie würde ihn nie wieder beenden. Er jedoch beendete ihn, drückte sie noch fester an sich und dann fingen sie einen neuen Kuss an. Emilia krallte sich in das dichte schwarze Haar. Hatten ihr Küsse überhaupt schon mal so gut geschmeckt? Oder besaßen nur Ikea-Küsse diese Qualität? Emilia lachte. Erik erzeugte mit seinem Mund auf ihrem Nacken eine Gänsehaut.
Erik schwankte genauso wie Emilia. Sie fielen gegen die Wand. Sie waren beide betrunken.
„Emilia … vom ersten Augenblick … ich kenne dich schon lange …“
Das waren ungeheuer kitschige Worte, die ungeheuer viel Wirkung zeigten. Emilia hatte solche Worte immer verachtet, aber sie hatte einfach nicht gewusst, was sie ausrichten konnten, wenn man sie selbst gesagt bekam. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals. Er hob sie auf und trug sie ein Stück.
Erik schaffte es, ein Taxi anzuhalten. Sie schafften es einzusteigen.
Emilia saß auf dem Schoß von Erik und suchte seinen Blick.
„Wo warst du nur die ganze Zeit?“
Erik strich sich eine verwegene Strähne aus dem Gesicht und blinzelte sie an:
„Ich hab auf dich gewartet, ein Leben lang.“
Nein, das meinte Emilia jetzt nicht, auch wenn es ziemlich echt klang.
„Ich meine, auf der Party.“
„Ach, lauter soziale Spiele, die man eben als Chef spielen muss. Aber du warst es ja, die mich warten ließ, allein, unterm Baum, während dich ein paar Lagerheinis abfüllten.“
Wow, er hatte sie die ganze Zeit beobachtet. Und er hatte die ganze Zeit gewartet. Emilia konnte es kaum fassen. Er wirkte irgendwie geheimnisvoll, verhielt sich so anders. Und das war aufregend.
„Wohin soll‘s denn nun gehen, fragte der Taxifahrer zum zweiten Mal.“
„Sag deine Adresse“, verlangte Erik von Emilia.
„Aber zu mir können wir nicht, da…“
Erik schüttelte verständnisvoll den Kopf und strich ihr übers Haar.
„Ich weiß … Emilia, ich bin froh, dass ich dich gefunden habe, aber du hast noch ein altes Leben. Da breche ich nicht ein. Ungeordnete Verhältnisse sind für mich ein Tabu.“
Emilia spürte einen tiefen Stich in der Herzgegend.
„Lieberm… ich meine, Waldstätterstraße 19…in Pankow“, brachte sie hervor und hoffte, dass Erik den Versprecher unter ihrem alkoholisierten Zustand verbuchte. Alles ging durcheinander in Emilia. Sie war beschämt. Sie kam sich verrucht, verdorben, verlogen vor und neben ihr saß ein schöner Mann wie ein Halbgott und wies sie darauf hin. Sie wollte sich aus seiner Umarmung befreien. Aber er hielt sie fest.
„Versteh mich nicht falsch, Emilia, aber ich will was Richtiges, weißt du?!“
„Ich auch“, sagte Emilia.
„Das ist wunderbar“, sagte Erik und küsste sie auf die Stirn.
Der Taxifahrer hielt vor Emilias Haus. Emilia suchte ihr Portmonee. Erik hielt ihre Hand fest.
„Das geht auf mich. Ich wünsche dir eine schöne Nacht. Ich freu mich auf nächste Woche.“
Er küsste sie noch einmal, hielt ihr Gesicht in beiden Händen und sah sie bedeutungsvoll an. Emilia senkte vor Verlegenheit die Augen. Sie stieg aus, bevor sie rot werden konnte und sah dem Taxi nach, bis es um die Ecke bog. Das Taxi passte einfach nicht. Es hätte ein weißer Schimmel sein müssen.
Emilia schleppte sich auf die Couch und blieb so liegen, wie sie war. Ihr Magen rebellierte, als wollte er raus. Zum Glück war niemand zu Hause. Das letzte Mal war ihr so übel gewesen, als sie mit Hilda die Wahrsagerin im Biergarten getroffen hatte. Miguel… Es kam ihr so vor, als wäre die Geschichte ewig her. Sie fühlte einen Anflug von Traurigkeit. Wahrscheinlich, weil plötzlich alles so schnell ging. Emilia war dabei, eine unerfüllte Sehnsuchtsgeschichte gegen ein Märchen einzutauschen. Aber ob das gelang?
Du hast noch ein altes Leben. Da breche ich nicht ein. Eriks Worte wiederholten sich in Emilias Kopf wie eine Warnung, zu spät dran zu sein, obwohl sich alles zu überschlagen schien. Hilda hatte recht gehabt. Etwas Neues passierte und Emilia steckte im Alten fest. Weil sie zu feige war, sich davon frei zu machen. Das Alte stand im Weg und gefährdete ihre Zukunft. Was, wenn Erik es sich übers Wochenende anders überlegte? Er hatte sie nach Hause fahren lassen. Sie war eine verheiratete Frau und das stieß ihn ab. Wahrscheinlich wäre mit Miguel tatsächlich das Gleiche passiert. Emilia legte sich vorsichtig auf die Seite. Ihr war so schlecht. Sie brauchte ein Aspirin. Oder besser zwei. Sie raffte sich auf und schlurfte ins Bad. Es
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