Der Tribun
kommen, kein Wort.
Zugleich mit dem zweiten Schlag traf ihn der Schock, als das Leder klatschend auf ihn niederfuhr, um dicht neben dem ersten einen neuen langen, dünnen, brennenden Strich zu ziehen. Das hinter dem Gaumen zerplatzende Stöhnen sprengte schier den Schädel. Er presste die Kiefer aufeinander, die sich unter der Wucht des Aufpralls getrennt hatten, gegen seinen Willen, den er mühsam unter den Trümmern der Erschütterung sammelte. Nicht schreien. Er würde nicht schreien. Sich nicht diese Blöße geben vor den Barbaren. Sein Körper zog sich in der Umhüllung des Schmerzes zusammen. Er atmete flach und schnell. Erst nach einer Ewigkeit fuhr der Riemen zum dritten Male auf seinen Rücken nieder.
Der Scherge zögerte die Schläge hinaus, bis Cinna glaubte, ihn darum anflehen zu müssen, um der unerträglichen Angst und Anspannung zu entkommen. Manchmal zuckte er unter einem kurzen, trockenen Knall zusammen, ohne berührt zu werden. Doch unter jedem Treffer ächzte er klagender, verschwanden die stummen Beobachter mehr und mehr hinter blutgesprenkeltem Nebel, bis die Schwaden sich allmählich absetzten und ihnen eine kühlende Nacht folgte.
Sein Kopf wurde am Nackenhaar geschüttelt. Über ihm befand sich, von Licht umrahmt, der hoch gewachsene rothaarige Stammesfürst, dessen Lippen sich zu bewegen schienen, doch seine Worte wurden übertönt vom Tosen des Blutes in Cinnas Ohren. Er war in einen warmen, klebrigen Mantel gehüllt, unter dem der pulsierende Schmerz zu stocken begann. Ein salziges Gemisch aus Tränen, Schleim und Schweiß brannte in seinen Augen und rann über Wangen und Kinn.
Ein frostiger Guss schlug auf seinem Gesicht auf. Im flackernden Blinzeln erkannte er Arminius, der vor ihm stand, und hörte die scharfe Frage nach Anzahl und Stärke der schweren Waffen, nach taktischen Plänen. Cinna war nicht in der Lage zu antworten. Seine Wangen bebten unter dem unwillkürlichen Zucken der Kiefermuskeln. Der zermürbte Verstand versperrte den Zugang zur Erinnerung. Der Schemen verschwand in der Dunkelheit.
Eisig prallte es auf seinem zerschlagenen Rücken auf, dann auf seinen Schenkeln. Die Striemen, deren leises Sirren aufgehört hatte, ihn zu foltern, loderten auf. Ein schriller Ton sauste in seinen Ohren. Während er keuchend nach Luft rang, schwemmte jemand den Schmutz weg, dessen sich der Körper unter den Hieben der Peitsche entledigt hatte. Wieder ergoss sich Wasser über ihn, spülte ihn an eine gleißende Oberfläche, wo ihn außer dem Schmerz die Angst vor neuen Schlägen erwartete und das Bewusstsein der schmachvollen Figur, die er abgab. Arminius wiederholte seine Fragen, ohne einen Anflug von Verärgerung. Die irrenden Augen, von deren Wimpern Tropfen perlten, suchten Hraban unter den Beobachtern, doch der war verschwunden. Inguiotar hielt den Kopf gesenkt.
Die Berührung des Lederriemens, als dieser sacht seinen Rücken hinabglitt wie eine Schlange, die sich aus ihrem Hinterhalt in dichtem Laub auf ihre Beute fallen ließ, schleuderte einen Entsetzensschrei aus seiner Brust. Wieder sprach Arminius, leise und geduldig wie zu einem störrischen Kind. Wieder ringelte sich das Leder an ihm herab, spielte der Scherge mit der Angst und dem Entsetzen, der Schmach und dem zerbrechenden Stolz des Opfers. Der Hieb, der die Oberschenkel traf, knickte die Knie.
Nun vermied der Peiniger die Pausen. In kurzen Abständen wechselten taubes Knallen und die Aufschläge des Riemens, weniger kraftvoll als die ersten Hiebe. Obwohl Cinna sich danach sehnte, das Bewusstsein zu verlieren, weckte ihn jeder zuckende Striemen, jedes Bersten der geschundenen Haut, jeder Biss der Zähne, der die eigene Zunge strafte. Sein Geist klammerte sich an den einst auswendig gelernten Homer, seine Lippen formten die Worte, tonlos, fast lautlos, er ließ Hephaistos den prächtigen Schild schmieden, der Achilleus in der Schlacht schützen sollte, ließ ihn den Himmel darauf erschaffen und die Erde, die Menschenwelt einer Stadt mit Hochzeit, Versammlung und Krieg vor den Toren, immer wieder unterbrochen von den Schnitten, die den ganzen Körper durchjagten. Die ihn an den knirschenden Riemen herumwarfen wie einen Getreidesack. Die ihn Verse vergessen ließen, diesen einzigen Halt, den er hatte, während die Schar der Zeugen unter einen Schleier tauchte, verschmolz mit den Herden und Hirten, den Brachfeldern und Weingärten, umgrenzt vom Okeanos.
Dann spürte er das dünne, zitternde Lachen, das die Brust
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