Der Tribun
Inguiotars Alter, gekleidet in einen weißen, bunt umsäumten Mantel mit Pelzbesatz, und begleitet von zwei jungen Kriegern.
Während der freundlichen Begrüßung brachte Thauris gewolltes Bier und ließ Segensspruch auf Segensspruch folgen, bevor der Fremde die Möglichkeit fand abzusteigen. Doch kaum berührten seine Füße den Boden, wandte er sich Hraban zu, der sich nach ihrem nächtlichen Abenteuer erholt und herausgeputzt hatte, tätschelte ihn grinsend und ging weiter um dessen Vater zu begrüßen. Lachend umarmten sich die Männer, riefen ihre Namen aus – »Inguiotar!« – »Thiudawili!« – und versetzten einander mit den Fäusten freundschaftliche Stöße. Schließlich legte Inguiotar seinen Arm um die Schultern des Gastes und führte ihn ins Haus, wo ein wahres Festmahl auf sie wartete.
Cinna wandte sich stirnrunzelnd den Pferden zu. Für das Gesinde würde Eintopf aus den schlechten Brocken übrig bleiben. Verdrossen erinnerte er sich an Hirschkeulen, mit Honig überzogen und gebraten, an mit wilden Tauben und Eiern gefüllten, gerösteten Hirsch, der in süßem Wein schwamm. Er hatte dieses Tier erlegt – ihm stand das beste Stück zu.
Er überhörte den Ruf, kaute auf der Unterlippe. Erst als Hraban nochmals nach ihm rief, warf er kurz den Kopf zurück, ehe er sich umdrehte. Die Männer standen immer noch vor der Tür; während Hraban mit den Füßen scharrte, winkte Inguiotar den Gefangenen zu sich.
»Ist dieser Mann nun eine Geisel oder ein Knecht?«, fragte Thiudawili. Er musterte Inguiotar scharf, dann wanderte sein Blick zu Inguiomers, der ihm unerschrocken standhielt, und verharrte schließlich lange auf Hrabans Zügen.
»Eine Geisel«, knurrte Inguiotar.
»Nun, dann lass mir die Freude, ihn an diesem Tisch zu sehen. Denn die Chatten führen keinen Krieg gegen die Römer – selbst wenn Segimers’ Sohn uns dafür gewinnen will.«
Ohne Zögern gehorchte Cinna der Kopfbewegung, mit der Inguiotar hineindeutete, und folgte den drei Männern, die sich an der eigens errichteten Tafel in der Mitte einer der beiden Längsseiten niederließen. Fackeln erhellten den Raum, und auf dem Tisch fanden sich sogar einige Öllichter, die an bronzenen Ständern hingen. Cinna atmete den würzigen Duft des Bratens ein, als er neben Inguiomers auf das Ende der Bank glitt. Der Junge rückte ein Stück ab und hieß ihn mit einem stolzen Blick den Kopf senken. Doch Cinna tat nichts dergleichen, sondern sah auf Thiudawili, der sich auf dem Ehrenplatz niedergelassen hatte, gleich neben Inguiotar.
Thiudawilis Begleiter und Männer aus dem Dorf setzten sich an den Tisch, unter ihnen Ahtareths, der mit der Nähe zu seinem Herrn geehrt wurde, und Godareths; letzterer fand einen Platz gegenüber seinem Gehilfen, den er zahnlos angrinste. Swintha und zwei Frauen aus dem Dorf trugen die Speisen in Schüsseln, Körben und auf Brettern auf, und Saldir umrundete den Tisch, um den Männern Bier einzuschenken, wobei ihre Wangen glühten, und sie nagte an der Oberlippe. Als sie Cinna erreichte, erschien auf ihrem Gesicht ein verschmitztes Lächeln, und sie nickte zu der nächst stehenden Schüssel, in der sich geröstete Fleischstücke türmten.
Cinna langte nach einem der Stücke. Noch immer erwartete er eine Warnung, einen Schlag auf den Arm. Doch sein unsteter Blick begegnete nur Hrabans Augen, die beifällig zwinkerten. Der Fleischsaft rann in warmen Tropfen über seine Unterarme, als er das Stück zum Mund hob, den Duft in die Nase zog und endlich seine Zähne hineingrub. Es war das erste Stück gutes, frisches Fleisch, das er seit Monaten schmeckte. Er biss sich durch eine würzige Kruste in das saftige Innere, spürte, wie es warm den Mund füllte, den Zähnen geschmeidig Widerstand bot. Er kaute langsam und schluckte dankbar.
Nachdem er den ersten Brocken verspeist hatte, nahm er ein Brot aus einem der Körbe, helles und weiches Brot aus fein gemahlenem Mehl, und benutzte dieses wie die übrigen Männer, um Hände und Mund vom leckeren Saft zu reinigen, ohne einen Tropfen verkommen zu lassen. Er erfreute sich noch an dem duftenden Fladen, als Thiudawili auf den Tisch pochte. Der Ehrengast hatte das kostbare Horn erhoben und hielt es Inguiotar entgegen.
»Noch immer Freunde, Inguiotar! Verbunden durch den Eid auf den Gott des Krieges, Teiwas, den Herrn der Eide!« In langsamen Zügen trank er Inguiotar zu; dann wischte er den Mund mit dem Handrücken ab und gab einen Laut des Behagens von sich.
Mit leuchtenden
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