Der Triumph des 19. Jahrhunderts
ausdrücklich zusicherte, daß die kommenden Ereignisse der Verproviantirung der »Coquille« in keiner Weise hinderlich sein sollten.
Am 26. Januar trafen zwei Korvetten bei Conception ein; sie hatten einen Franzosen, Oberst Beauchef, an Bord, der zu dem General Freire mit einem von ihm organisirten Regiment stieß, das durch Haltung, Disciplin und Ausbildung entschieden das vorzüglichste in der chilenischen Armee bildete.
Am 2. Februar statteten die Officiere der »Coquille« dem General Freire in Conception einen Besuch ab. Je mehr man sich der Stadt näherte, desto zahlreicher wurden die verwüsteten Felder, die niedergebrannten Häuser, desto seltener die nur noch mit Lumpen bedeckten Einwohner. Am Eingange von Conception war auf einem Mast der Kopf eines berüchtigten Räubers aufgesteckt, eines wahrhaften wilden Thieres, Benavidez mit Namen, der alle nur erdenkbaren Verbrechen begangen hatte und den man in Chile noch lange Zeit nach seinem Tode verwünschte.
Der Anblick der Stadt selbst war womöglich noch trauriger. Conception, das von den siegreichen Parteien abwechselnd eingeäschert wurde, bestand nur noch aus Schutthaufen, zwischen denen da und dort halbnackte Einwohner umherirrten, die Reste einer früheren reichen Bevölkerung. In den Straßen wuchs jetzt Gras, der Palast des Bischofs und die Kathedrale, fast die einzigen noch aufrechtstehenden Gebäude, waren doch der Unbill jeder Witterung preisgegeben und, wenn nicht bald eine Aenderung eintrat, ebenfalls vom Untergange bedroht.
General Freire hatte, bevor er offen gegen O’Higgins auftrat, Frieden geschlossen mit den Araucaniern, kraftvollen Wilden, welche ihre Unabhängigkeit zu bewahren gewußt haben und immer bereit waren, in das spanische Gebiet selbst einzufallen. Einzelne Abtheilungen derselben wurden sogar unter die chilenischen Truppen eingereiht. Duperrey, der sie selbst sah und von dem General Freire oder dem Oberst Beauchef weitere verläßliche Auskunft über dieselben erhielt, entwirft von ihnen ein nicht besonders schmeichelhaftes Bild.
In Besitz schneller Pferde, tragen die Araucanier eine lange Lanze, ein mächtiges, fast säbelartiges Jagdmesser, das bei ihnen »Machete« heißt, und den Lasso, den sie sehr geschickt zu handhaben verstehen.
Von nicht außergewöhnlicher Gestalt und kupferfarbenem Teint, geben ihnen die kleinen, schwarzen, lebhaften Augen, die abgeplattete Nase und die dicken Lippen einen thierischen Ausdruck. Sie zerfallen in verschiedene Einzelstämme, sind sehr raublustig und liegen in Folge dessen fast stets untereinander im Kriege.
»Wenn man sie in ihren »Toldos« zuweilen Besiegte aufnehmen und diese selbst vertheidigen gesehen haben will, heißt es in dem Berichte, so treibt sie zu solchen scheinbar edelmüthigen Handlungen doch nur der Geist der Rache. So z. B. wenn sich unter den Feinden ein Stamm befand, den sie auszurotten wünschten. Bei ihnen beherrscht der Haß alle anderen Leidenschaften, und dieser allein bietet eine gewisse Garantie für ihre Treue. Sie sind Alle von erprobter Tapferkeit, heftig, ja ungestüm und erbarmungslos gegen ihre Feinde, die sie mit entsetzlichem Gleichmuthe niedermetzeln. Bei ihrer Herrschsucht und Rachbegierde mißtrauen sie stets jedem Unbekannten, sind aber gastfreundlich und freigebig gegen Die, welche sie als Freunde betrachten. Heftig in allen Leidenschaften, bewachen sie ihre Freiheit mit glühender Eifersucht und sind jeden Augenblick entschlossen, ihre Rechte mit den Waffen in der Hand zu vertheidigen. Auch die geringste Beleidigung vergessen sie niemals, das Wort Verzeihung kennen sie nicht und es erfüllt sie ein unersättlicher Durst nach dem Blute ihrer Feinde.«
Das ist das Bild, welches Duperrey unter Garantie der Aehnlichkeit von diesen wilden Kindern der Anden entwirft, die wenigstens das Lob verdienen, seit dem 16. Jahrhundert schon allen Anstrengungen fremder Eroberer getrotzt und ihre Unabhängigkeit voll und ganz bewahrt zu haben.
Nach dem Abmarsch des General Freire mit seinen Truppen machte sich Duperrey die günstigeren Umstände zunutze, sein Schiff, so gut es anging, zu verproviantiren. Wasser und Schiffszwieback waren bald an Bord geschafft; dagegen forderte die Zuführung von Steinkohle einige Zeit, obwohl man diese, welche in einem Tagebau einfach gesammelt wurde, fast kostenlos erhielt, da nur die Mauleseltreiber und der Transport derselben bis zum Meere bezahlt werden mußten.
Gestalteten sich die Verhältnisse während des
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