Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Titel: Der Triumph des 19. Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
bastionirten Mauern.
    Weiter, im eigentlichen Persien, trifft man auf Bemm, eine früher bedeutende Stadt, worauf noch die ausgedehnten Ruinen in der Umgegend hindeuten. Von dem Gouverneur daselbst wurde Pottinger sehr herzlich empfangen.
    »Als er in meine Nähe kam, erzählte der Reisende, wandte er sich nach seinen Leuten mit der Frage um, ob ich der Frangui sei. Diese bejahten es; er gab mir darauf mit der Hand ein Zeichen, ihm zu folgen, und sein Blick, der mich von Kopf bis zu den Füßen maß, verrieth das Erstaunen, das ihm meine Erscheinung abnöthigte; mein Aussehen war freilich der Art, daß es seine etwas verächtlichen Blicke wohl entschuldigte. Ich trug ein grobes Beludschihemd und Beinkleider, die ursprünglich weiß gewesen waren. Da ich diese aber sechs Wochen am Leibe hatte, spielte ihre Farbe schon mehr in’s Bräunliche und außerdem hingen sie fast in Fetzen um mich herum; hierzu nehme man noch einen blauen Turban, einen alten Strick, der mir als Gürtel diente, und einen großen Stock in der Hand, der mich beim Wandern unterstützte und mir unterwegs die Hunde abwehren half.«
    Trotz der zerlumpten Erscheinung der Person, die sich ihm vorstellte, nahm der Gouverneur Pottinger zuvorkommender auf, als man von einem Muselman erwarten konnte. und stellte ihm auch einen Führer nach Kerman zur Verfügung.
    Am 3. Mai gelangte der Reisende nach dieser Stadt mit dem Gefühle, den schwersten Theil seines Zuges hinter sich zu haben und jetzt wohl gerettet zu sein.
    Kerman ist die Hauptstadt des alten Karamaniens; unter afghanischer Herrschaft war es eine blühende Stadt, wo man Shawls fabricirte, die mit denen von Kaschmir wetteiferten.
    Hier war Pottinger Zeuge eines, in jenen Ländern, wo man Menschenleben nicht hoch anschlägt, ziemlich häufigen Schauspieles, das ein Europäer aber niemals ohne Schrecken und Abscheu mit ansehen kann.
    »Am 15. Mai, sagt der Reisende, saß der Fürst selbst zu Gericht über einige Leute, welche der Ermordung eines ihrer Diener angeklagt waren. Man kann sich nur schwer eine Vorstellung von der Angst und der Aufregung machen, in der die Bewohner den ganzen Tag über schwebten. Die Thore der Stadt wurden geschlossen, damit Niemand entweichen könne. Ohne vorherige Benachrichtigung wurden Einzelne als Zeugen vorgeladen. Ich sah zwei oder drei solche nach dem Palaste führen, aus deren Zügen die Angst so lebhaft sprach, als seien sie schon selbst zum Tode verurtheilt. Um drei Uhr Nachmittags verkündete der Fürst das Urtheil über die Angeklagten, welche überführt worden waren. Dem Einen stach man die Augen aus, dem Anderen spaltete man die Zunge. Jenen schnitt man zur Strafe die Ohren, die Nase und die Lippen ab; wieder Anderen beide Hände, die Finger oder die Zehen. Ich hörte, daß der Fürst während dieser Verstümmelung der Unglücklichen an demselben Fenster saß, wo ich ihn sah, und ohne das geringste Zeichen von Theilnahme oder Abscheu vor der Scene, die sich vor ihm abspielte, mit aller Ruhe seine Befehle ertheilte.«
    Von Kerman wandte sich Pottinger nach Chere Bebig, eine Stadt, welche gleich weit von Yezd, Chiraz und Kerman liegt; dann nach Ispahan, wo er die Freude hatte, seinen Gefährten Christie wieder anzutreffen, und endlich nach Meragha, wo er den General Malcolm fand. Bombay hatten die beiden Reisenden vor sieben Monaten verlassen. Christie hatte seitdem zweitausendzweihundertfünfzig, Pottinger zweitausendvierhundertzwölf Meilen zurückgelegt.
    Kehren wir jetzt zurück, um zu sehen, wie es Christie auf seiner gefährlichen Fahrt erging. Im Ganzen besser und bequemer, als er selbst zu hoffen wagte.
    Er hatte Noschky am 22. März verlassen und war durch die Bachouty-Berge und ein unangebautes, fast wüstes Land bis zum Ufer des Helmend gezogen, der in den Hamoun-See mündet.
    »Der Helmend, sagt Christie in seinem Berichte an die Compagnie, läuft erst an Kandahar vorüber, ändert seine südwestliche Richtung in eine westliche um und tritt, etwa vier Tagereisen weit von Douchak, nach Sedjistan über; erst beschreibt er hier einen Bogen um das Gebirge und bildet darauf einen See. In Pellalek, wo wir uns befanden, ist er gegen eintausendzweihundert Fuß breit und sehr tief; sein Wasser ist sehr schön. Bis auf eine halbe Meile befruchtet er das Land zu beiden Seiten durch seine Ueberschwemmungen; weiterhin, wo die Steppe beginnt, strömt er zwischen hohen Uferwänden. Die Gelände an seiner Seite sind mit üppigen Tamarinden bedeckt und liefern

Weitere Kostenlose Bücher