Der ungeladene Gast
hochgezogene Augenbrauen – hatte sich für sie als zu beredt erwiesen.
»Komm schon, Em. Farmer John Buchanan ist schließlich ein gut betuchter Mann.«
Sie ritten so dicht nebeneinander, dass sich ihre Knie gelegentlich berührten.
»Und?«
»Und meiner brüderlichen Aufmerksamkeit ist nicht entgangen, dass du – obwohl er sich Sterne Hektar für Hektar einverleibt – einen sehr hohen Platz in seiner Wertschätzung einnimmst.«
Sie schüttelte sich. »Ich bitte dich, Clovis! Hör auf, mich verkuppeln zu wollen. Eher würde ich …« Es gelang ihr nicht, sich ein Schicksal vorzustellen, das schlimmer wäre als eine Ehe mit John Buchanan. »Eher würde ich meine Haare verkaufen. Also halt die Klappe, wie du selbst sagen würdest, du ungehobelter Jüngling. Genauso gut könnte ich dich auffordern, Patience Sutton zu heiraten!«, kam sie zum Schluss.
»Pax! Pax! Kein Grund, so zu reden. Wir werden es nie wieder erwähnen«, versprach Clovis. »Holla, Stanley!«, rief er dann, glitt mit langen Beinen von Ferryman herunter und führte ihn zu seiner Box. »›Ungehobelter Jüngling‹«, rief er über die Schulter zurück. »Sehr schön.«
Emerald stieg ab, schmiegte die Wange an Levis feuchten Hals und küsste ihn. »Komm mit«, sagte sie. »John Buchanan kann warten.« Und sie brachte das Pferd zu seiner Box.
Zehn Minuten später zog Emerald, die Wangen rosig, die Haare völlig zerzaust, wundervoll nach Pferd riechend, am Schirmständer ihre Stiefel aus. Sie überlegte, ob sie sich ein wenig frisch machen sollte, verwarf die Idee dann aber, um niemanden auf falsche Gedanken zu bringen. Sie war gern bereit, sich in ihrer exzentrischen Reitkleidung blicken zu lassen, wenn sie dadurch die Fallstricke der Romantik umgehen konnte.
Auf der Suche nach John Buchanan ging sie durchs Haus und fand ihn im Salon. Höflich auf der Kante einer niedrigen Polsterbank balancierend, saß er Charlotte gegenüber. Die Polsterbank war eigentlich nur für höfliches Balancieren auf der Kante geeignet, da sie völlig morsch und durchgesessen und nur noch das leere Versprechen einer Sitzgelegenheit war. Jeder, der sich auf der gepolsterten Mitte niederlassen wollte, fand sich unversehens auf dem Boden wieder. John hatte sich erst zu spät, als es kein Zurück mehr gab und er praktisch schon vor der Bank stand, daran erinnert, dass er zur Schadenfreude aller Anwesenden schon einmal Opfer dieser speziellen Torrington’schen Menschenfalle geworden war, und so balancierte er jetzt wacker auf dem Rahmen der Bank, die Augen auf Charlotte gerichtet.
Bei Emeralds Erscheinen drehte er den Kopf in ihre Richtung und war überwältigt von ihrer Vitalität und ihrer taufrischen, rosigen Haut, gleichzeitig aber auch bass erstaunt über ihre Clownshose. Er erhob sich.
»Mr Buchanan«, begrüßte sie ihn. »Mutter.«
»Ja …«, hauchte Charlotte mit matter Stimme. »John Buchanan ist hier.« Und sie erhob sich anmutig und verließ das Zimmer, wobei sie sich wie suchend mit vager Dringlichkeit umblickte. In der Tür blieb sie stehen und murmelte: »Ich muss nach den Hühnern sehen.«
John Buchanan und Emerald blieben allein zurück, eine Situation, die alles andere als ideal war. Emerald wippte unter dem schmutzverkrusteten Saum ihrer Reitbekleidung nervös mit dem bestrumpften Fuß auf und ab.
»Ich wusste gar nicht, dass Sie Hühner haben«, sagte John.
Es widerstrebte Emerald, einzugestehen, dass sie keineswegs welche hatten. Sie fühlte sich verpflichtet, ihrer Mutter, die sich angesichts des überfallartigen Besuchs John Buchanans in den Hafen erfundenen Geflügels geflüchtet hatte, nicht in den Rücken zu fallen.
»Möglich, dass Robert welche angeschafft hat. Und ich glaube, Devlin hat früher welche gehalten.«
John Buchanan sah sie ernst an.
»Wie ich sehe, sind Sie mit dem Auto da«, machte Emerald Konversation.
»Ja«, antwortete er und fügte hilfreich hinzu: »Ich bin damit hergekommen.«
In der Stille, die auf diese Enthüllung folgte, waren laufende, gestiefelte Schritte zu hören. Einen Augenblick später kam Clovis, augenscheinlich als eine – nicht sehr überzeugende – Anstandsdame abkommandiert, ins Zimmer gestürmt. In der Tür bremste er ab und hielt John mit einem barschen »John!« die Hand hin.
John erhob sich, um ihn ebenfalls zu begrüßen. »Clovis, wie geht’s?«
»Sehr gut, danke der Nachfrage.«
Clovis sprach im ironischen Ton eines Jungen, der in einer Schulaufführung einen Langweiler spielt, und
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