Der Ungnädige
geheftet. Auf der rechten Seite hing eine Sammlung abgerissener Konzerttickets und Einlassbändchen. Voriges Jahr war sie demnach bei den Musikfestivals Glastonbury und Latitude gewesen. Mit 13. Ich fragte mich, ob sie dort mit ihrer Mutter gewesen war oder auch ohne Aufsicht.
Ansonsten war das Zimmer tipptopp aufgeräumt. Zartrosa Kissen waren sorgfältig auf dem Sofa aufgereiht, und über der Rückenlehne hing ein großer, flauschiger Überwurf, ebenfalls in Rosa. Hauchzarte Vorhänge zierten die Fenster und den Durchgang zu ihrem Schlafzimmer.
» Hat sie das selbst so aufgeräumt? «
» Nein, nein. Sie war ein unordentliches Fräulein. « Lydia blieb eisern im Vorraum und kam nicht weiter herein. Ich konnte gut verstehen, dass sie zwar nicht näher kommen, aber doch ein Auge darauf haben wollte, was wir hier taten. Mein Blick fiel auf mein Spiegelbild, und hinter mir sah ich Rob, der mir sehr groß und deplatziert vorkam. Sein Anzug wirkte besonders dunkel, als würde er sämtliches Licht absorbieren. Mein Gesicht war ernst und verschlossen. Wir wirkten wie zwei düstere Gestalten, was ja auch durchaus zum Anlass passte. Schließlich hatten wir die Nachricht von Cheyennes Tod überbracht– wäre sie noch am Leben gewesen, hätten wir ihr Zimmer nie betreten.
» Stand hier ihr Computer? « Ich deutete auf den Schreibtisch.
» Sie hatte einen Laptop. Einen weißen. Ihre Leute haben ihn mitgenommen. «
Das bedeutete, dass wir ihn im Laufe des Tages bekommen würden, zusammen mit den anderen Beweisstücken, die unsere Kollegen sichergestellt hatten.
» Geht es dort zum Schlafzimmer? «
» Und zum Bad. Und zur Ankleide. «
Beim Anblick der Ankleide verstand ich, weshalb Lydia sie extra erwähnt hatte. Sie war ungefähr so groß wie mein Schlafzimmer und mit Kleiderstangen und Regalen ausgestattet, die vom Boden bis unter die Decke reichten und vollgestopft waren mit Kleidung. Ich warf einen Blick auf die Etiketten.
» Allerweltskram. «
» Sie hatte keinen besonders exklusiven Geschmack, obwohl Gayle ihr alles bezahlt hat. Sie ist gern mit ihren Freundinnen shoppen gegangen, und die haben am liebsten bei Topshop, Jane Norman oder Oasis eingekauft. «
Ich schaute mir die Sachen näher an. » Größe 38, Größe 36. Welche hat sie denn getragen? «
Die Haushälterin verdrehte die Augen. » Wo sie halt reinpasste. Sie mochte ganz eng anliegende Sachen. Obwohl sie da ziemlich rausgequollen ist. Eine 40 wollte sie partout nicht anprobieren, obwohl das eigentlich ihre Größe gewesen wäre. Wenn ich ihr Unterwäsche gekauft habe, musste ich immer die Etiketten herausschneiden, damit sie die Größe nicht erkennen konnte. «
» Wissen Sie, was sie an dem Abend im Nachtclub getragen hat? Es wäre sehr hilfreich für uns, wenn wir das den anderen Gästen beschreiben könnten. «
» Nein. « Lydia sah die Kleiderstange durch. » Vermutlich etwas Neues. Hier fehlt eigentlich nichts. Außer ihrer Jacke. Die war dunkelgrün, so eine Art Blazer. Aus Wolle. «
» Haben Sie in ihrem Papierkorb irgendwelche Etiketten oder Kassenzettel gefunden? «
» Nein. « Da sie nicht ganz überzeugt klang, wartete ich noch. » Da lag etwas neben ihrem Bett. Ein Preisschild von Topshop. Aber ich weiß nicht mehr, wovon es war. «
» Haben Sie es vielleicht aufgehoben? «
Sie runzelte die Stirn. » Ich glaube, ich habe es weggeworfen. «
Sackgasse. » Na gut. « Ganz am Ende der Kleiderstange hing ein Kostüm aus Karorock und Blazer. » Schuluniform? «
» Ja, frisch gewaschen. Ich dachte, wenn sie wieder da ist… «
Dieser Rock war etwa doppelt so lang wie alle anderen. » Ziemlicher Kontrast zu ihrem sonstigen Stil, was? «
» Ja, sie hat es gehasst, obwohl sie ganz entzückend darin aussah. Ganz entzückend. Viel hübscher als in diesen ganzen anderen Fummeln. « Verächtlich deutete sie auf Cheyennes Garderobe.
Natürlich hatte Cheyenne auch in einem Himmelbett geschlafen, über dem der gleiche duftige Stoff hing wie an den Fenstern. Auf dem Fensterbrett hockte eine Armada von Kuscheltieren, und auf dem Kopfkissen saß ein rosa Elefant mit ausgebreiteten Beinen und melancholischen schwarzen Knopfaugen. Auf ihrer Frisierkommode standen unzählige Fläschchen mit Nagellack und Parfüm, Haarkosmetik und Schminkutensilien, die die gerahmten Fotografien ihrer Eltern verdeckten. Rob zog eine Schublade auf, in der mehrere Inhaliersprays umherrollten. Er nahm eins davon in die Hand und sah es sich näher an.
» Ventolin. Hatte
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