Der Ungnädige
Sie hatten sich das ja auch nicht so vorgestellt. « Er warf mir einen Blick zu. » Aber hoffen wir lieber, dass Sie ihm gar nicht aufgefallen sind und das hier nichts mit ihm zu tun hat. «
» Ich habe keine Angst « , log ich. Godleys Antwort war wenig beruhigend. » Seien Sie auf der Hut, auch wenn Sie sich jetzt nicht fürchten. Hören Sie auf Ihren Instinkt, und gehen Sie keine unnötigen Risiken ein. Und wenn Ihnen noch mal jemand ein anonymes Päckchen schickt, lassen Sie es zu, verdammt noch mal. « Er kam zurück an seinen Schreibtisch. » Ich habe noch ein paar Anrufe zu erledigen. «
Das nahm ich als offenkundige Entlassung aus dem Gespräch und huschte aus seinem Büro. Es war sinnlos zu versuchen, mich mit irgendetwas anderem zu befassen, während ich auf die Information wartete, was auf dem USB -Stick war. Auf dem Weg zu meinem Schreibtisch fing ich Livs Blick auf, und sie kam herüber, um mit mir darüber zu tuscheln, wie grausam ihr der Kopf wehtat, wie viel wir eigentlich getrunken hatten und wer unserem Treiben hätte Einhalt gebieten sollen, bevor wir uns in einen solchen Zustand brachten.
Dann unterbrach uns Derwent, um mit grimmigem Blick das Frühstück zu servieren, und kurz darauf erschien Godley wieder.
» Einer von den Kriminaltechnikern schaut sich gerade den USB -Stick an, aber schlechte Nachrichten von den IT -Leuten. Bis morgen ist keiner verfügbar. «
» Wollen Sie so lange warten? «
» Auf gar keinen Fall. « Er stellte seinen Laptop auf meinen Schreibtisch. » Wir können den hier nehmen. Falls es ein Virus ist, infizieren wir damit nichts anderes. Ich hab ihn vom Intranet getrennt. Ah, da kommt Colin. Er ist genau der Richtige, um die Sache in die Hand zu nehmen. «
Ich war froh, dass Godleys Wahl auf den liebenswürdigen, sanftmütigen Colin gefallen war und nicht auf Belcott, den anderen Technikfreak des Teams, der am hinteren Ende des Raumes saß.
» Was ist das? «
Ich berichtete Liv, was ich am Morgen in meinem Briefkasten gefunden hatte, wobei mir klar war, dass diese Geschichte die Aufmerksamkeit der anderen Kollegen auf sich ziehen musste. Colin hatte sich zu uns gesellt, da er gehört hatte, wie der Chef seinen Namen erwähnte. DI Bryce rollte unverblümt neugierig mit seinem Stuhl heran.
» Und von wem kommt das? «
» Keinen Schimmer. War heute früh auf einmal da. «
» Gestern war Samstag. Es kann mit der Post gekommen sein. «
» Nein. Als ich gestern Abend nachgesehen habe, war es noch nicht im Kasten. «
» Bist du sicher? Also, ich meine, falls du sehr müde warst oder so, könntest du es vielleicht übersehen… «
Oder falls ich völlig breit war…Ich schüttelte den Kopf. » Ich hab gestern meine Post mit reingenommen, als ich nach Hause gekommen bin. Den Umschlag kann ich nicht übersehen haben, dafür ist er zu groß. «
» Und er war in deinem Briefkasten im Hausflur. Wer immer ihn da reingesteckt hat, muss Zugang zum Haus gehabt haben. « Unbemerkt war Rob hinzugekommen.
» Nein, nicht unbedingt. Wenn jemand einen Brief durch die Haustür schiebt, wird ihn jeder, der ihn sieht, aufheben und in den richtigen Briefkasten stecken. Chris ist völlig versessen darauf, den Hausflur sauber zu halten. «
» Kann ich mir vorstellen. Wann bist du denn nach Hause gekommen? «
» Das war nach Mitternacht. «
» Und wann hast du heute Morgen nachgesehen? «
» So ungefähr halb acht. Und da war noch keiner auf, hatte ich den Eindruck. Er muss in der Nacht reingesteckt worden sein. «
» Wir suchen also nach einem Nachtschwärmer « , stellte Liv fest.
» Das sind die Hausbewohner alle. Die Tussi von oben zieht bis in die Puppen durch die Clubs. Chris scheint immer zu arbeiten, wenn ich an seinem Fenster vorbeikomme, ganz egal zu welcher Tages- oder Nachtzeit. « Ich konnte nur selten widerstehen, durch die Lücke zwischen seinen Vorhängen zu schauen, und meistens sah ich ihn an seinem Schreibtisch sitzen, mit dem gruselig blau-weißen Schein des Bildschirms im Gesicht. » Bei Brody hab ich keine Ahnung, aber ich nehme an, er kommt und geht, wann es ihm gefällt. Und mein Vermieter ist sowieso mehr oder weniger nachtaktiv. Aber wie schon gesagt, ich bin sicher, jemand hat den Umschlag einfach aufgehoben und in den richtigen Kasten gesteckt. «
» Gut, dann finden Sie raus, wer von denen es war, damit wir fragen können, ob er den Überbringer gesehen hat « , befahl Derwent.
» Haargenau das hatte ich vor « , säuselte ich. » Das scheint der
Weitere Kostenlose Bücher