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Der Unterhändler

Der Unterhändler

Titel: Der Unterhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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heranwachsende Tochter.
    »Dad«, rief sie aus der Küche, »Ihr werdet sie heute schnappen?«
    »Wen schnappen?« fragte ihr Vater, der gerade in der Diele seinen Mantel anzog. Sein Dienstwagen wartete.
    »Die Entführer … du weißt doch.«
    »Das bezweifle ich. Warum fragst du?«
    »Es ist gerade im Radio gekommen.«
    Cramer spürte, daß ihn etwas Hartes in der Magengrube traf. Er drehte sich an der Tür um und kam in die Küche. Seine Tochter bestrich Toastscheiben mit Butter.
    »Was genau haben sie im Radio gesagt?« fragte er mit beklommener Stimme. Sie sagte es ihm. Daß noch im Laufe des Tages der Austausch des Lösegelds gegen Simon Cormack stattfinden werde und daß sich die Behörden sicher seien, dabei der Kidnapper habhaft zu werden. Cramer rannte zu seinem Wagen hinaus und machte, während das Fahrzeug anfuhr, übers Autotelefon den ersten einer Reihe hektischer Anrufe.
    Es war zu spät. Zack hatte zwar die Sendung nicht gehört, dafür aber der Südafrikaner.

9. Kapitel
    Zacks Anruf kam später als sonst, um 10.20   Uhr. Wenn er am Vortag voller Zorn über die Razzia gegen die Farm in Bedfordshire gewesen war, war er nun beinahe hysterisch vor Grimm.
    Nigel Cramer hatte, während sein Wagen in Richtung Scotland Yard raste, Zeit gehabt, Quinn zu benachrichtigen. Sam erlebte ihn zum erstenmal wirklich betroffen, als er den Hörer auflegte. Er ging stumm in der Wohnung umher, während die beiden Jüngeren dasaßen und ihn angstvoll beobachteten. Sie hatten das Wesentliche von Nigels Anruf mitbekommen und das Gefühl, daß die ganze Geschichte irgendwie, irgendwo schiefgehen werde.
    Nur dasitzen zu müssen und darauf zu warten, daß der Apparat der Blitzleitung klingelte, nicht zu wissen, ob die Kidnapper die Sendung überhaupt gehört hatten und wie sie, falls es doch so war, darauf reagieren würden, machte Sam beinahe krank. Als das Telefon schließlich klingelte, nahm Quinn den Anruf gutgelaunt und mit gewohnter Gelassenheit entgegen. Zack kam sofort zur Sache.
    »Diesmal hast du’s endgültig vermasselt, du mieser Yankee. Du hältst mich wohl für einen Idioten, was? Wart ab, Kumpel, der Idiot bist du selber. Weil du wie ein Vollidiot dastehen wirst, wenn ihr Simon Cormack begrabt …«
    Quinns Verblüffung und Betroffenheit war überzeugend gespielt. »Zack, wovon zum Teufel redest du denn da? Was ist schiefgelaufen?«
    »Komm mir nicht damit«, schrie der Kidnapper ins Telefon. »Wenn du’s nicht im Radio gehört hast, dann frag deine Polizeikumpel danach. Und tu nicht so, als wär’s eine Lüge, weil es nämlich aus deiner eigenen beschissenen Botschaft kam …«
    Es gelang Quinn, Zack dazu zu bringen, daß er berichtete, was er gehört hatte. Dabei beruhigte sich Zack etwas, und seine Zeit wurde knapp.
    »Zack, das ist eine Lüge, eine Ente. Wenn es zum Austausch kommt, dann nur zwischen uns beiden, Kumpel. Allein und unbewaffnet. Keine Peilgeräte, keien krummen Touren, keine Polizei, kein Militär. Zu deinen Bedingungen, Zeit und Ort von dir bestimmt. Auf was anderes würde ich mich nicht einlassen.«
    »Yeah, aber jetzt ist’s dafür zu spät. Deine Genossen wollen eine Leiche, und die sollen sie bekommen.«
    Er war drauf und dran einzuhängen. Zum letztenmal. Quinn wußte, wenn es dazu kam, war die Sache zu Ende. Tage, Wochen später würde irgend jemand ein Haus oder eine Wohnung betreten, eine Putzfrau, ein Hausmeister, ein Immobilienmakler, und ihn dort finden. Den einzigen Sohn des Präsidenten, erschossen oder erdrosselt, halb verwest …
    »Zack, bitte bleib nur noch ein paar Sekunden am Apparat …«
    Quinns Gesicht war schweißüberströmt; zum erstenmal seit zwanzig Tagen zeigte sich die enorme innere Belastung. Er war sich im klaren darüber, wie nahe eine Katastrophe herangerückt war.
    In der Fernmeldezentrale Kensington starrte eine Gruppe von Telecom-Technikern und Polizeibeamten auf die Abhörgeräte und lauschte dem Wutausbruch, der durch die Leitung kam; in der Cork Street, unter den Gehsteigen im eleganten Mayfair, saßen vier Männer vom MI 5 wie angewurzelt auf ihren Stühlen und regten sich nicht, während Zacks wutentbrannte Stimme aus dem Lautsprecher drang und die Spule des Tonbandgeräts sich geräuschlos drehte und drehte.
    Unter der amerikanischen Botschaft am Grosvenor Square waren zwei ELINT -Techniker und drei FBI -Männer sowie Lou Collins von der CIA und Patrick Seymour als Vertreter des FBI versammelt. Die Nachricht von der Radiosendung an diesem

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